Freier Geheimdienst-Zugriff auf Daten der Bürger „hochgefährlich“ – Experte

  14 März 2017    Gelesen: 240
Freier Geheimdienst-Zugriff auf Daten der Bürger „hochgefährlich“ – Experte
Die deutschen Geheimdienste sollen vollautomatisch auf die Passbilder der Bürger zugreifen können. Das entsprechende Gesetz, das derzeit im Bundestag behandelt wird, zielt auf die Privatsphäre, betont der ehemalige Datenschutzbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein, Dr. Thilo Weichert, und warnt im Sputnik-Interview vor der „totalen Kontrolle“.
Der Datenschutzexperte findet im Gespräch mit Sputnik-Korrespondent Bolle Selke dieses Gesetz „im Prinzip gar nicht so schlecht“. Denn damit solle es den Bundesbürgern ermöglichen, sich mit ihrem Personalausweis online zu identifizieren, zum Beispiel bei Behörden oder beim Einkauf. „Das ist absolut zu unterstützen“, betont Weichert. Für ihn ist dabei aber ein „großes Problem“ angesichts der aktuellen Terrorismushysterie, dass die Sicherheitsbehörden auf diese Weise zusätzliche Befugnisse bekommen sollen. Bisher bestehende Rechte, bestimmte Identitätsdaten abzurufen, sollten nun erweitert werden, „also dann Gesichtsbilder nicht nur an die Polizei und an die Strafverfolgungsbehörden, sondern auch an Geheimdienste per Online-Abfrage“ gehen. Aus Weicherts Sicht ist das „nicht ansatzweise erforderlich, es ist hochgefährlich und es geht in eine Richtung, dass also die Bürgerinnen und Bürger immer stärker unter die Kontrolle von Geheimdiensten gesetzt werden“. Der Datenschützer sieht darin „eine gefährliche Entwicklung."
Er erläutert: Die Rechtslage sei „relativ klar“. Die Europäische Datengrundschutzverordnung reguliere den Umgang mit biometrischen Identitätsdaten wie dem Gesichtsbild. Danach handelt sich dabei um sensitive Daten, die nur in Ausnahmefällen von Behörden verwendet werden dürfen. „Wir haben dann auf verfassungsrechtlicher Ebene auch eine ganz klare Regelung, dass eine Vorratsdatenspeicherung unzulässig ist.“ Die Daten dürften nur verarbeitet werden, wenn umfassende Sicherheitsmaßnahmen eingebaut würden. „Eine Auswertung hier jetzt ins Blaue hinein von solchen Daten ist also nicht erlaubt“, stellt Weichert klar. Das sei das Problem des Gesetzes, dass es solche Sicherheitsmaßnahmen nicht vorsehe. Stattdessen solle einfach die Online-Abfrage bei Erforderlichkeit erlaubt werden, „wobei nicht ansatzweise klar ist, was jetzt wirklich erforderlich für Geheimdienste ist, die fischen ja sozusagen im Trüben“. Es werde außerdem nicht gewährleistet, dass Unschuldige nicht verdächtigt werden.

„Insofern denke ich, dass diese Regelung auch verfassungsrechtlich angegriffen werden kann“, schlussfolgert der Experte. Würde das Gesetz so beschlossen, könne es vor Gericht angegriffen werden. Weichert befürchtet, dass der Bundestag dem Entwurf zustimmt, „auch weil die öffentliche Aufmerksamkeit gerade nicht so groß ist in Sachen Datenschutz“.

Wer konkret von einer entsprechenden Datenübermittlung betroffen sei, könne sich zumindest dagegen verwaltungsgerichtlich zur Wehr setzen und ebenso dagegen Verfassungsbeschwerde einlegen. „Das würde nach meiner Einschätzung derzeit dazu führen, dass diese gesetzliche Regelung entweder aufgehoben würde, oder zumindest geändert werden müsste", meint Weichert.

Quelle:sputniknews

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