Dabei gilt Deutschland als Hochlohnland, während Länder wie China, Vietnam oder Indonesien jahrelang die Produktionskosten durch niedrige Löhne gering halten konnten und deswegen für deutsche Unternehmen besonders interessant waren. Noch vor zehn Jahren galten deswegen Industrien, die im Ausland herstellten, als verloren.
Doch billige Löhne sind längst nicht mehr das Auswahlkriterium für die Standortwahl. Zumal die sogenannten Billiglohn-Länder längst nicht mehr so billige Löhne haben, wie einst. Im Gegenteil: Die Lohnkosten steigen rasant. Außerdem haben viele Unternehmen die Einsparmöglichkeiten im Ausland überschätzt. Denn die Personalkosten machen im Schnitt nur rund elf Prozent der Gesamtkosten eines Produkts aus. Und wenn die Löhne stark steigen, lohnt die Produktion im Ausland immer weniger.
Die Industrie 4.0 kann anderweitig die Produktionskosten gering halten. So will Adidas künftig mithilfe von sogenannten Speedfactories produzieren. Hier arbeiten die Maschinen rund um die Uhr. Der Mensch wirft nur noch ab und zu einen Blick auf die Strickmaschine, die den Stoff für die Sneaker webt, den Laser, der den Stoff zuschneidet und den 3D-Drucker, der die Sohlen herstellt. Die Produktion eines Laufschuhs dauert hier fünf Stunden.
Kosten in Billiglohn-Ländern steigen
In Billiglohn-Ländern wie China oder auch in osteuropäischen Staaten läuft die Produktion anders: Dort werden die Artikel noch per Hand zusammengenäht. Dann müssen sie per Luftfracht nach Deutschland geflogen werden. Das kostet Transportgebühren, Zölle und vor allem Zeit. Aktuell dauert es etwa drei Monate ab Bestellung, bis ein fertiger Turnschuh aus Fernost in Deutschland eintrifft. Und da sich das nur in großen Mengen rechnet, müssen die Artikel in Deutschland auch noch eingelagert werden. Auch das kostet.
Auch der Zeitaspekt stört immer mehr Unternehmen. Insbesondere die Mode- und Textilbranche. Denn die Mode wandelt sich rasant. Drei Monate bis der fertige Schuh über die Ladentheke geht, das dauert zu lange. Hinzu kommt, dass die Ware aus China und Osteuropa nicht von Fachkräften zusammengenäht wird. Die Ware weist also mitunter Mängel auf. Deutsche Traditionsfirmen, die für Qualität stehen und deren Produkte deswegen auch einiges kosten, fürchten um ihren guten Ruf.
Es ist egal, wo Maschinen stehen
Letzteres bekam beispielsweise die Firma Steiff zu spüren. Als der Hype um das Eisbären-Baby Knut aus dem Berliner Zoo groß war, war der Stoff-Knut so gefragt, dass die schwäbische Firma auch in China fertigen ließ. Doch dann stellte Steiff fest: Die Billigproduktion in Übersee schadet der Marke. Qualitätsmängel und lange Lieferzeiten passen nicht zum Premiumanspruch – und den hohen Preisen. Also verlagerte das Unternehmen seine Produktion wieder zurück nach Deutschland.
Natürlich gilt die Rückkehr nach Deutschland nicht für alle Firmen. Autohersteller zum Beispiel produzieren vermehrt im Ausland. Doch auch dort gilt der Leitsatz: Es wird da hergestellt, wo der Kunde ist. Der Vorteil ist, dass die Automobilhersteller so Währungsschwankungen und hohe Importzölle vermeiden können.
Um stets am Puls der Zeit zu bleiben, stellt sich Adidas seine Produktion in Zukunft so vor: Irgendwo bestellt sich jemand einen Schuh nach seinen Vorstellungen. Dieser hat die Wunschfarbe, ist vielleicht noch mit persönlichen Fotos bedruckt. Er ist dem Käufer auf den Fuß geschneidert. Innerhalb weniger Stunden wird das Kleidungsstück in der Roboterfabrik hergestellt, dann sofort verpackt und zum Kunden verschickt. Keine drei Monate Wartezeit, keine Zoll-, Fracht und Lagerkosten und keine Qualitätsmängel. Und wenn das Teuerste an der Produktion die Maschine ist, die den Sportschuh herstellt, dann kann sie auch ohne Probleme in Deutschland stehen.
Quelle: n-tv.de
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