Die Wahrheit über den Osterhasen

  16 April 2017    Gelesen: 1154
Die Wahrheit über den Osterhasen
Woher kommt der Glaube an den Osterhasen? Was hat es mit seinen Eiern auf sich? In welchem Verhältnis steht der Hase zur Jesus? Alles nicht leicht zu beantworten. Anders als die Frage, warum das Tierchen so populär ist.
Bemüht habe ich mich, wirklich. Ich habe einigen Aufwand investiert, um für Sie herauszufinden, woher der Osterhase eigentlich kommt. Was treibt ihn an? Warum hüpft er nächtens durch Gärten von München bis Manila und versteckt Eier? Warum ist er ein Hase und kein Huhn? Das ist alles nicht so einfach.

Die Probleme beginnen schon mit der ersten Hälfte seines Namens. Woher der Begriff "Ostern" für das Fest zur Auferstehung Jesu Christi kommt, ist nämlich bis heute unklar. Möglicherweise hat er etwas mit dem altgermanischen Wort Austro zu tun, das Morgenröte bedeutet, oder aber mit einer angelsächsischen Lichtgöttin namens Eostra oder Ostara, die heute auch bei manchen Neonazis sehr beliebt ist. Dabei ist nicht einmal klar, ob jemals jemand zu dieser Göttin gebetet hat, oder ob sie doch nur der Fantasie eines vormittelalterlichen Gelehrten namens Beda Venerabilis entsprungen ist.

Fast überall sonst heißt Ostern ganz anders

Vielleicht kommt Ostern aber auch von Osten, denn da geht bekanntlich die Sonne auf, und das ganze Thema Morgenröte wird im Christentum mit dem Auferstehungsgedanken verknüpft. In den meisten anderen Teilen der Welt - außer im englischen Sprachraum - heißt Ostern ganz anders, wird mit Worten bezeichnet, die auf das jüdische Pessachfest zurückgehen.

Kurz: Nichts Genaues weiß man nicht. Das wichtigste Fest des christlichen Kalenders hat bei uns einen Namen, dessen Herkunft wir nicht verstehen.

Und dann der Hase. Warum ausgerechnet ein Hase?

Auch darüber gibt es unterschiedliche Theorien, manche davon ziemlich verrückt. Der Hase könnte eine Art Sidekick heidnischer Frühlings- und Fruchtbarkeitsgöttinnen gewesen sein, ein Fortpflanzungs-Bunny sozusagen.

Was wiederum zu den Eiern passt, denn auch die sind ja ein Fruchtbarkeits- und Fortpflanzungssymbol. Wildere Theorien, die ich persönlich auf den Genuss von Stechapfeltee oder Hexensalbe zurückführe, handeln von frühchristlichen Hasen mit drei Ohren, die angeblich Symbole für die Dreifaltigkeitsidee gewesen sein sollen.

Inspiration für Produzenten von Folterhorrorfilmen

Auch hier gilt jedenfalls: Nichts Genaues weiß man nicht. Ziemlich sicher ist aber, dass sich einmal mehr heidnische, auf den Lauf der Jahreszeiten bezogene Traditionen popkulturell gegen die christliche Überlieferung behauptet haben. Ich habe auch eine Hypothese, warum das so ist, aber dazu gleich.

Erst einmal kurz zur christlichen Kar- und Ostergeschichte, bis heute eine zentrale Inspirationsquelle für Produzenten von Folterhorror à la "Saw". Sie wissen schon: der Verrat, die Hiebe, die Dornenkrone, die Stürze mit dem Kreuz, Nägel durch Hände und Füße, der Speer in der Seite, Essig als Durstlöscher, verzweifelte Schreie in einen sich verdunkelnden Himmel, der langsame, qualvolle Tod. Dieser Teil der Geschichte ist übrigens derjenige, der bis heute historisch relativ plausibel oder doch wenigstens prototypisch erscheint, schließlich waren Kreuzigungen damals tatsächlich populär.

Die Christen unter ihnen werden jetzt sagen: Ja, aber es geht ja um den zweiten Teil, die Auferstehung, das ewige Leben, Vergebung der Sünden und so weiter. Schöne, hehre Gedanken, die aber ohne die Geschichte von der ausgedehnten Todesqual des unschuldigsten aller Menschen offenbar nicht auskommen.

Aber zurück zum Thema, ich hatte Ihnen ja die Wahrheit über den Osterhasen versprochen. Hier kommt sie.

Woher die Geschichte vom Osterhasen wirklich kommt, kann ich nicht abschließend klären, siehe oben. Warum er aber so populär ist, rund um die Welt, bis nach Indonesien und auf die Philippinen, dafür habe ich eine einfache Erklärung, auch ohne jede Empirie: Wenn sie als Elternteil vor der Wahl stehen, ihren Kindern Geschichten über ein lustiges Häschen zu erzählen, das einmal im Jahr Eier und Schokolade zwischen den Blumen versteckt, oder aber über einen jungen Mann, der mit expliziter Billigung seines eigenen Vaters zu Tode gefoltert wurde, um irgendein höheres Prinzip zu illustrieren - dann fällt die Entscheidung nicht allzu schwer.

Quelle : spiegel.de

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