Italiens schönste Dörfer

  18 April 2017    Gelesen: 1272
Italiens schönste Dörfer
Diese bunten Häuser! Dieser bröckelnde Putz! Diese verlassene Piazza! Italiens Provinz verzaubert Urlauber. Und genau die sollen nun die einsamen Dörfer retten.
Warum lieben wir Deutschen eigentlich die bröckelnde Schönheit Italiens so sehr? Warum rauschen wir mit dem Auto über den Brenner und fahren dann gemächlich über die Serpentinen Südtirols, die Küstenstraßen Kampaniens oder durch die nach Pinien duftende Toskana - immer auf der Suche nach dem authentischen Italien, das dessen Dörfer und Städtchen so zuverlässig liefern?

"Ihr schätzt unsere Kultur einfach viel mehr als alle anderen - sogar mehr als wir Italiener selbst", sagt Fabio Lazzerini, Vorstand des Fremdenverkehrsamts Enit.

Seine Landsleute seien bisweilen fast blind für die Schönheit ihrer Heimat. Würden verkennen, wie Häuser, kleine Geschäfte und Kirchen die Jahrhunderte überlebt hätten. "Die Deutschen dagegen lieben es, sich zu verlieren, hier um die Kurve zu fahren, dort noch einen Abstecher zu machen, um etwas Verborgenes zu entdecken."

Mehr als elf Millionen Deutsche kamen 2016 laut dem Statistikamt Istat nach Italien. Damit stellen die Bundesbürger die wichtigste Zielgruppe für das südeuropäische Land dar.

Nun hat das Tourismusministerium das Jahr der sogenannten Borghi ausgerufen. Die Marketinginitiative ist nichts anderes als ein Aufruf, in Italiens Provinz zu reisen, dem Nirgendwo und seinen Bewohnern einen Besuch abzustatten. Schließlich schmeckt das Gelato da genauso gut. Und die Palazzi können sich auch auf dem Land sehen lassen.

Denn es gibt ein Problem. Großstädte wie Florenz und Rom sind gnadenlos überlaufen, aber auch malerische Kleinstädte wie San Gimignano in der Toscana oder Taormina auf Sizilien ächzen in der Hochsaison unter Touristenmassen. Gefragt sind Ideen, um die Besucherströme besser zu lenken - vom Aostatal bis zum apulischen Stiefelabsatz.

Besuch im Nirgendwo

"Borgo einfach mit Dorf zu übersetzen, ist unpräzise", sagt Rosa Maria Musco, Leiterin des Borghi Italia Tour Network, ein Reiseveranstalter, der eigens gegründet wurde, um Italiens Lokalperlen zu promoten. Diese haben sich unter dem Namen "I Borghi più Belli d'Italia" (auf Deutsch: Die schönsten Dörfer Italiens) zusammengetan, einem Klub mit inzwischen 270 Mitgliedern, von denen 20 zum Unesco-Welterbe zählen.

Musco definiert Borgo als eine kleine Ortschaft, die im Mittelalter oder in der Renaissance rund um einen Adelssitz oder ein Schloss entstand. Die Borghi seien Symbole der italienischen Kultur mit künstlerischem und architektonischem Wert.

"Die Borghi sind touristisch interessant, sozial aber teilweise ausgestorben", sagt Musco. "Wer hier ein Zimmer bucht, hilft dem Dorf zu überleben", sagt Fiorello Primi, Chef von I Borghi più Belli d'Italia. Er hat die Vereinigung vor 15 Jahren zusammen mit anderen Bürgermeistern gegründet und wirbt für einen nachhaltigen Tourismus in seinem Land.

Was das heißt? "Nicht nur für ein paar Stunden kommen und dann wieder abhauen, sondern über Nacht in einem Borgo bleiben - und am Morgen dem Duft aus der Bäckerei folgen, wo der Bäcker das Brot, die Brioche oder Panini aus dem Ofen holt."

Wo ist Italiens Provinz am schönsten?

Reisen und dabei Dörfer retten - das klingt ja fantastico! Verraten Sie uns, welche Perlen Sie in Italien entdeckt haben. Ob einen trubeligen Marktplatz, ein verlassenes Dorf oder eine bröckelnde Ruine! Schicken Sie Ihren Italien-Tipp an [email protected], am besten mit Foto. Eine Auswahl zeigen wir in Kürze auf SPIEGEL ONLINE. Mit der Einsendung erklären Sie, dass Sie die Rechte am Material haben und mit der Veröffentlichung einverstanden sind.

Musco versteht nicht, warum sich die Touristen alle um die Piazza San Marco in Venedig drängen, dort ein überteuertes Zimmer buchen und die Schätze der Umgebung übersehen. "Wäre doch auch mal was, 50 Kilometer entfernt zu übernachten, Land und Leute kennenzulernen - und dann für einen Tagesausflug nach Venedig zu kommen." Sie setzt darauf, dass Reisende in Zukunft vermehrt besondere Erlebnisse suchen, von denen sie zu Hause erzählen können, statt einfach ein Reiseziel abzuhaken.

In den Borghi seien oft bereits die Unterkünfte spektakulär, sagt Musco. Sie schwärmt von Jungunternehmern, die historische Gebäude restaurieren und sie zu kleinen Hotels umbauen. Über die Website des Borghi Italia Tour Network können diese direkt gebucht werden. Angeboten werden dort aber auch organisierte Touren durch die Regionen - etwa Weinberg-Hopping im Piemont, Wandern oder Reiten im Bergmassiv Gran Sasso oder Besuche bei Kunsthandwerkern auf Sardinien. Stippvisiten in den Borghi natürlich immer inklusive.

Dass die angelockten Touristen die Dörfer überfluten könnten, befürchten die Italiener nicht. "Die Einwohner schmeißen eher noch eine spontane Party, wenn hier mal ein Bus vorfährt, aus dem Leute aussteigen", sagt Primi optimistisch. Massentourismus? Davon ist man hier ohnehin weit entfernt.

Quelle : spiegel.de

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