Venezuela steht am Rande eines Bürgerkriegs

  18 April 2017    Gelesen: 554
Venezuela steht am Rande eines Bürgerkriegs
Die Konfrontation zwischen Regierung und Opposition in Venezuela hat bereits mehrere Tote gefordert. Nun mobilisiert der Präsident die Streitkräfte im ganzen Land. Lateinamerika-Experte Klaus Bodemer glaubt dennoch, dass die Zeit von Nicolás Maduro abgelaufen ist.
Die Gewalt in Venezuela droht nach Einschätzung des Politikwissenschaftlers Klaus Bodemer weiter zu eskalieren. "Es ist zu befürchten, dass die Lage völlig außer Kontrolle gerät und dass dann das Militär eingreift. Wir sind nah dran am Bürgerkrieg", sagte der frühere Leiter des Hamburger GIGA Instituts für Iberoamerika-Kunde.

Entscheidend, so Bodemer, sei die Reaktion der einflussreichen Armee. Die hat zwar vor der für Mittwoch geplanten Großdemonstration der Opposition ihre "bedingungslose Loyalität gegenüber dem Präsidenten" zu Präsident Nicolás Maduro bekundet. Doch Verteidigungsminister und Militärchef Vladimir Padrino López mit seinem jüngsten Treuerschwur tatsächlich für die ganze Armee sprach, ist zweifelhaft.

"Es rumort im Militär. Zwar hat es kein großes Interesse daran, dass die Opposition an die Macht kommt, denn das Militär sitzt an allen wichtigen Positionen, verfügt über weitreichende Privilegien und hat somit viel zu verlieren", sagte Bodemer. "Andererseits können aber auch die Militärs an der jetzigen Situation keinen Gefallen haben."

"Überhaupt keine Gewaltenteilung mehr"

Maduro kündigte die Stationierung von Soldaten im ganzen Land an. Bei den Protesten der vergangenen Tage in Caracas und anderen Städten hat es immer wieder Straßenschlachten zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften gegeben. Fünf Menschen wurden getötet, darunter ein 13-jähriger Junge. Hunderte weitere Menschen wurden verletzt.

Es gebe "ein Bündel von Krisen" in Venezuela. "Wir haben einen Mix aus politischer Krise, Planungsversagen, wirtschaftlicher Krise, Versorgungskrise und dann als Konsequenz eine total polarisierte Gesellschaft", sagte Bodemer. "Mehr als 80 Prozent der Venezolaner leben unter der Armutsgrenze, die Versorgungslage fürs Alltägliche ist katastrophal."

Hinzu komme eine verheerende Sicherheitslage. Ein weiteres Problem sei die "grassierende Korruption, die auf allen Ebenen virulent ist, in der Politik und im Militär". Unter Maduro seien die demokratischen Rechte "systematisch zurückgeschnitten" worden. "Wir haben überhaupt keine Gewaltenteilung mehr. Das Oberste Gericht ist unterwandert von Anhängern Maduros."

Interner Putsch ist möglich

Die in der Verfassung vorgeschriebene Möglichkeit, den Präsidenten nach der Hälfte seiner Amtszeit per Referendum abzusetzen, sei von der Regierung "unterminiert" worden. "Es wird nur noch per Dekret regiert. Die Wahlen, die eigentlich fällig sind, wurden immer wieder verschoben", sagte Bodemer. "Der letzte große Schritt war der Versuch des Obersten Gerichts, die Rechte des Parlaments auszuhebeln."

Die Nationalversammlung wird von der Opposition dominiert, die nach Einschätzung Bodemers aber nicht nur drangsaliert wird, sondern auch politisch schwach ist. "Die Opposition spricht nicht mit einer Stimme. Zudem sind die Hauptfiguren wie Henrique Capriles mit einer Art Berufsverbot belegt oder sie sitzen im Gefängnis wie Leopoldo López. Es fehlt eine Leitfigur der Opposition."

Dennoch sei Maduros Zeit wohl abgelaufen, sagte Bodemer. "Ich glaube nicht, dass sich Maduro noch lange halten kann." Vermittlungsversuche von außen seien bislang gescheitert. "Die Lösung wären Wahlen, die international überwacht werden, aber dazu ist Maduro bislang nicht bereit."

Denkbar sei daher auch ein interner Putsch: "Es gibt schon länger Strömungen innerhalb seiner Sozialistischen Partei, die darauf abzielen, Maduro durch jemand anderen zu ersetzen. Der eigentlich starke Mann im Hintergrund ist (Vize-Parteichef) Diosdado Cabello, er hat auch die besten Beziehungen zum Militär."

Quelle: n-tv.de , mbo/AFP

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