Maduro verspottet nackten Demonstranten

  21 April 2017    Gelesen: 897
Maduro verspottet nackten Demonstranten
Erneut gehen Hunderttausende in Venezuela auf die Straßen. Ein nackter Demonstrant fordert ein Ende der Gewalt - und wird von Präsident Maduro im Fernsehen verhöhnt. Zivile Milizen übten "unkontrollierte Repression" aus, kritisiert OAS-Präsident Almagro.
Bei Protesten gegen Venezuelas sozialistischen Staatschef Nicolás Maduro hat es erneut gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften gegeben. Hunderttausende gingen auf die Straßen des Landes. In der Hauptstadt Caracas setzte die Nationalgarde Tränengas und Gummigeschosse gegen Tausende Demonstranten ein. Einige zogen sich daraufhin in den Osten der Stadt zurück. Andere zündeten Mülleimer an, warfen mit Steinen und Molotowcocktails. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein und ließ einen Polizeihubschrauber kreisen. Auch in anderen Städten gab es Zusammenstöße.

"Ich bin müde, ja, aber man muss Mut haben", sagte der 22-jährige Student Aquiles Aldarzoro, der sich an den Protesten beteiligte. "Ich bin bereit, jeden Tag auf die Straße zu gehen, wenn es notwendig ist." Die Opposition kündigte für Samstag weitere Proteste an. Sie rief zu einem landesweiten Schweigemarsch und für Montag zur "nationalen Blockade" von Straßen auf.

Inmitten der Auseinandersetzungen baute sich ein nackter Demonstrant vor den Sicherheitskräften auf, der nichts als Sportschuhe und Socken trug. Er stieg auf ein gepanzertes Militärfahrzeug und rief offenbar mit Blick auf die Tränengasbomben: "Bitte werft keine Bomben mehr!" Staatschef Maduro machte sich im venezolanischen Fernsehen über diese Szene lustig: "Glücklicherweise ist ihm kein Stück Seife heruntergefallen." Er kritisierte den Auftritt als "Show".

Weitere gewaltsame Zwischenfälle wurden aus den Städten Maracaibo, Valencia und San Cristóbal im Norden und Westen des Landes gemeldet. Als Vorsichtsmaßnahme oder aus Solidarität mit den Regierungsgegnern blieben zahlreiche Hochschulen und Geschäfte geschlossen.

Zivilisten von Regierung bewaffnet

Am Tag zuvor waren bei den Massenprotesten in Caracas ein 17-Jähriger und in San Cristóbal eine 23-Jährige durch Kopfschüsse getötet worden. Augenzeugen zufolge wurden die Schüsse von Mitgliedern der "colectivos", von der Regierung bewaffnete zivile Gruppen, abgegeben. Nach Angaben der Regierung wurde zudem ein Soldat von Demonstranten getötet. Innenminister Nestor Reverol verkündete eine Festnahme im Zusammenhang mit der Tat in der Nähe von Caracas.

Angesichts der dramatischen Szenen in Venezuela forderte die internationale Gemeinschaft von Maduro ein Zurückziehen der brutal agierenden Milizen. Im Internet kursierende Bilder zeigten, wie auf Demonstranten von Motorrädern aus geschossen wurde, zudem prügelten Polizisten auf Protestierende ein, von denen einige aber ebenfalls gewalttätig wurden.

Der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), Luis Almagro, sagte, die Demokratie in Venezuela sei "tödlich verletzt". "Wir verurteilen vor allem, dass das Regime die Colectivos bewaffnet hat, damit sie unkontrolliert Repression ausüben", sagte der frühere uruguayische Außenminister.

Die Regierungsgegner in dem ölreichen lateinamerikanischen Land machen Maduro für die seit langem andauernde Wirtschaftskrise verantwortlich. Sie kämpfen für ein Referendum über eine Amtsenthebung des Sozialisten, dessen Präsidentschaft regulär noch bis 2019 dauert. Maduro sagte, die Opposition habe sich nun auf verschiedenen Wegen zu einem Dialog bereit erklärt. Oppositionsführer Henrique Capriles wies dies zurück und schrieb, nur Neuwahlen würden einen Dialog ermöglichen.

Der gewaltsame Konflikt in Venezuela sorgt international für Besorgnis. Die Europäische Union rief zur "Deeskalation" auf. Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte, die venezolanische Regierung müsse "das Recht auf friedliche Demonstrationen gewährleisten" und "Gewalttaten gegen Demonstrationen verhindern".

UN-Generalsekretär Antonio Guterres forderte,"dass alle Anstrengungen unternommen werden, um die Spannungen zu verringern und neue Auseinandersetzungen zu verhindern". Neun lateinamerikanische Länder, darunter Argentinien, Brasilien und Kolumbien, kritisierten in einer gemeinsamen Erklärung "den Verlust weiterer Leben" in Venezuela.

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