Kreativste Arbeit beim ESC leisten dieses Jahr Fans mit fantastischen Interpretationen - Beispiel Aserbaischan

  05 Mai 2017    Gelesen: 1097
Kreativste Arbeit beim ESC leisten dieses Jahr Fans mit fantastischen Interpretationen - Beispiel Aserbaischan
In einem ESC-Jahrgang der gleichförmigen Formatradiomusik glänzen einige Fans mit hervorragenden Liedinterpretationen. Ich finde sie vor allem beim Beitrag von Dihaj aus Aserbaidschan gelungen.
Aserbaidschans Song „Skeletons“
ist musikalisch unverdächtiger moderner Elektro-Pop der Sängerin Diana Hajiyeva, die sich gemeinsam mit ihren Kollegen Anar und Ali auch als „Dihaj“ bezeichnet. Diana erhielt ihre musikalische Ausbildung an der „Baku Academy of Music“, die sie in London abschloss: „She began producing experimental music while attending The Institute of Contemporary Music Performance in London“. Für ESC-Fans ist sie keine Unbekannte, da sie bereits 2016 als Background-Sängerin sowie 2011 an der aserbaidschanischen Vorentscheidung teilgenommen hat. Viel mehr weiss man nicht über sie, sie macht – passend zu ihrem Lied - insgesamt einen sehr aparten, extravaganten Eindruck.

ersönlich habe ich einen Faible für aserbaidschanische Beiträge entwickelt, denn mit wenigen Ausnahmen haben sie immer eine ganz eigene, persönliche Note, die vor allem durch die Texte zum Ausdruck gebracht wird. Sie verlassen sich auch meistens auf die gleichen Komponisten und Autoren, wie z. B. Sandra Bjurman und Isa Melikov. Ich erinnere nur an den bedeutungsschweren Text „When The Music Dies“ aus 2012, nachdem das Land anlässlich des ESC-Sieges 2011 ins Visier der Regime-Changer und Farbrevolutionäre geraten war.

Natürlich habe ich auch nach dem tieferen Sinn des Liedes „Skeletons“ gesucht. Kaum ein Fan kann mit dem Text etwas anfangen. Um so erfreuter war ich über 2 fantastische Interpretationen junger ESC-Hardcore-Fans, die ich hier wortwörtlich wiedergebe.*

Besingt Dihaj mit „Skeletons“ eine Hassliebe?

„Im Englischen gibt es den Ausdruck "Skeletons in the closet", das soviel wie "Leiche im Keller haben" bedeutet, wenn jemand düstere oder peinliche Geheimnisse hat. Wenn man nun den Rest des Liedes im Zusammenhang sieht, erkennt man, dass das lyrische Ich sich in einer nicht rationalen, sehr leidenschaftlichen Liebe befindet. Sie schwebt in leidenschaftlichen Erinnerungen in Tagträumen, in Fantasie, etc. Im Refrain singt sie dann, dass ihr Liebhaber "have my skeletons" haben kann = Er darf ihre Geheimnisse kennen, er darf daran teilhaben. Das lyrische Ich geht weiter "have my lungs" = Der Liebhaber kann ihre Lunge (= Atem) haben. Sie gibt ihm etwas Elementares zum Leben, so sehr liebt sie ihn = nicht-rationale Liebe. Dann singt sie "have my millions" = Also quasi auch das ganze Geld würde sie ihrem Liebhaber geben. Aber es ist eine gefährliche, irrationale Liebe und sie möchte entfliehen, kann es aber nicht. Durch diese im Refrain gewählten Metaphern drückt sie nur aus, wie ungesund diese Beziehung für sie ist, denn sie verzichtet auf ihre Freiheit, Identität, lebensnotwendige Luft, Ersparnisse und verfällt einem bösen Buben. Das ist zumindest meine Perspektive und ich wollte sie mal mit Euch teilen, da ich schon des Öfteren gelesen habe, dass "Skeletons" keinen Sinn ergibt. Für mich ist es textlich definitiv eines der besseren Lieder des Jahres.“

Mein Fazit: Aserbaidschan verlässt die mit Wir-Appellen und Geselligkeits-Worthülsen demonstrativ zur Schau gestellte Naivität angepasster Stars und Aktivisten. Stattdessen problematisieren sie den eigenen Standpunkt und nehmen die Perspektive der „falschen Freunde“ ins Visier.

Performance mit Mafia-Symbolik?
Wenn schon der Text auf breites Unverständnis stieß, scheint die Performance mit Mafia-Symbolik die Verwirrung komplett zu machen. Nicht ganz unzutreffend urteilte ein Fan: „Das ist doch wie das Abendprogramm auf arte!“



Quelle: eurovision-berlin.blogspot

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