Nawalny hatte für Montag, ausgerechnet für dann, wenn das Land den "Tag Russlands" feiert, zu neuen Protesten aufgerufen - dieses Mal in etwa 200 Städten. Im März hatten Zehntausende in 80 Städten demonstriert. Damals war Nawalny ebenfalls festgenommen worden.
In vielen Städten wurden die Proteste genehmigt, allerdings mit Auflagen. In Moskau stimmte die Stadt einem Treffen auf dem Sacharowa Prospekt zu. Am späten Sonntagabend verlegte Nawalny jedoch kurzfristig die Demonstration auf die Twerskaja-Straße - aus Ärger über die Stadt: Sie habe Druck auf Firmen ausgeübt, keine hätte Bühnentechnik für Ton und Film zur Verfügung stellen wollen. Die Stadt Moskau veranstaltet auf der Straße anlässlich des Feiertags ein historisches Festival.
"Wir haben alle Event-Veranstalter angesprochen. Aber alle, die zunächst einverstanden waren, riefen nach einer Zeit an und sagten ab. Sie berichteten: 'Wir sind unter Druck, uns wurde direkt gesagt, dass wir, wenn wir bei der Antikorruptions-Demo mitmachen, in Moskau überhaupt nicht mehr arbeiten können'", sagte Nawalny.
Die Staatsmacht hatte im Vorfeld versucht, die Teilnehmer der Demonstrationen einzuschüchtern (lesen Sie hier den Hintergrundbericht aus Wladimir). Noch in der Nacht warnte die Staatsanwaltschaft, die Polizei werde am Montag "Maßnahmen" ergreifen.
Nawalny beharrt auf Rechtmäßigkeit des Protests
Auch nach der Festnahme Nawalnys soll jedoch weiter auf der Twerskaja-Straße demonstriert werden. Ihr Mann habe sie gebeten mitzuteilen, dass sich die Pläne nicht ändern, schrieb Nawalnys Ehefrau nach der Festnahme weiter.
Nawalny beharrt darauf, dass sein angemeldeter Protest in Moskau legal ist - er beruft sich auf die russische Verfassung. Die Stadt sieht das anders. Dennoch teilte Wladimir Tschernikow, Leiter der Abteilung für regionale Sicherheit und Anti-Korruption im Gespräch mit dem Radiosender "Echo Moskwy", die Polizei werde auf der Twerskaja-Straße in Moskau nicht eingreifen, solange die Teilnehmer ohne Plakate kämen und keine Parolen schreien würden.
Nahe der Metrostation Puschkin unweit der Twerskaja Straße versammelten sich am Mittag bereits zahlreiche Menschen, darunter viele junge Leute, wie der Oppositionssender Doschd in seiner Liveübertragung zeigte.
Entgegen der Ankündigung Tschernikows nahmen Spezialkräfte Demonstranten fest, obwohl diese nach Angaben einer Reporterin des Senders Doschd keine Losungen gerufen oder Plakate dabei hatten. Die Straße sei voller Polizeibusse, in die die Festgenommenen gebracht würden. Demonstranten riefen daraufhin: "Schande, Schande".
Auch in Sankt Petersburg sollen nach Angaben verschiedener Medien bereits rund 100 Menschen festgenommen worden sein. Die Petersburger Zeitung "Papier" veröffentlichte auf ihrem Twitter-Account ein Foto, das Spezialkräfte im Einsatz gegen die Protest-Teilnehmer zeigt.
In Kasan, Wladiwostok und Norilsk wurden Berichten zufolge am Montag ebenfalls mehrere Menschen verhaftet.
Quelle : spiegel.de
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