Wie Putin Einfluss in Nahost gewinnt

  14 Dezember 2017    Gelesen: 622
Wie Putin Einfluss in Nahost gewinnt
Russlands Präsident Putin rettet den syrischen Machthaber Assad. Eine Nachkriegsordnung für das arabische Land ist ohne Moskau nicht möglich. Aber Putins Blick geht bereits weit über Syrien hinaus.

Mehr Symbolik geht nicht: Auf dem Weg nach Ägypten schwebt Wladimir Putin zu Wochenbeginn plötzlich in Syrien ein und macht Station auf der Luftwaffenbasis Hmeimim. Machthaber Baschar al-Assad verlässt eigens für seinen hohen Gast und Gönner den Präsidentenpalast in Damaskus. Fernsehbilder zeigen den großen Sieger im syrischen Gemetzel gemeinsam mit seinem Vasallen. Sie sind sehr brauchbar für die Präsidentenwahl im kommenden Jahr, die dem 65-jährigen Kremlchef sechs weitere Jahre an der Spitze des flächengrößten Landes der Erde bringen sollen. Nach Lage der Dinge wird der ehemalige Geheimdienstmann Russland auch in die dritte Dekade des 21. Jahrhunderts führen.

Putins kurzer Syrien-Aufenthalt - der erste Besuch eines wichtigen Staatsmannes in dem Bürgerkriegsland seit Jahren - verdeutlicht den russischen Machtzuwachs in der Region. "Russland kehrt als Supermacht im Nahen Osten zurück", schreibt die italienische "La Repubblica". Sie bezieht sich nicht nur auf den Syrien-Besuch, sondern auch auf Putins Visite am selben Tag in Kairo, wo er mit Staatschef Abdel Fattah al-Sisi Gespräche führte und von den Ägyptern eine Unterschrift für ein Atomkraftwerk bekam, das der russische Energiekonzern Rosatom in Al-Dabaa bei Alexandria errichtet. Auf dem Rückflug gab es noch einen Zwischenaufenthalt in Ankara, um mit Präsident Recep Tayyip Erdogan über Syrien und Jerusalem zu sprechen.

Der Russe ist ein gefragter Gesprächspartner und sein Timing war gelungen, denn er besuchte die politisch äußerst fragile Region nur wenige Tage nach Donald Trumps Bekenntnis für Jerusalem als israelische Hauptstadt. Seit geraumer Zeit nutzt Putin das immer größer werdende Vakuum, das der America-first-Präsident im Nahen Osten und im arabischen Raum insgesamt hinterlässt. Putin kennt die vielfältigen Allianzen dort gut und nutzt diese diplomatisch geschickt, um den Einfluss Russlands in der Region zu stärken.


Diplomatische Flexibilität
Aus machtpolitischer Sicht hat Putin sehr viel richtig gemacht. Sein Eingreifen in den syrischen Bürgerkrieg im September 2015 sicherte Assads politisches Überleben. Die Bombardements der russischen Luftwaffe auf Einheiten der syrischen Opposition und Stellungen der Terrorhorden des Islamischen Staates (IS) schufen gleichzeitig eine völlig neue Situation. Ohne Russland geht in Syrien nichts mehr, es kann nur eine Nachkriegsordnung mit dem Segen Moskaus geben.

Putin schlug dabei zwei Fliegen mit einer Klappe. Er sorgte für die militärische Entscheidung in Syrien zugunsten Assads und fühlt sich nun sogar so sicher, dass er den Abzug der russischen Truppen befehlen kann, ohne dabei die militärische Präsenz Russlands in Syrien insgesamt infrage zu stellen. Putin erreichte aber auch, dass der russische Einfluss im Nahen Osten noch größer geworden ist als der der Sowjetunion zu Beginn der 1970er-Jahre, bevor der damalige ägyptische Präsident Anwar as-Sadat nach dem Jom-Kippur-Krieg gegen Israel im Oktober 1973 mit der UdSSR brach und sich den Vereinigten Staaten zuwandte.


Dabei erweist sich Putin als äußerst flexibel. Während er in Syrien Härte zeigte, ist die russische Außenpolitik in der Region durch ungewohnte diplomatische Geschmeidigkeit gekennzeichnet. Die Beziehungen zur Türkei sind mittlerweile wieder repariert, die Eiszeit zwischen beiden Ländern nach dem Abschuss des russischen Kampfjets durch die türkische Flugabwehr im November 2015 ist vorbei. Putin plant gemeinsam mit seinem türkischen Kollegen Erdogan einen Syrien-Gipfel in Sotschi. Dabei ist es für den kühlen Russen natürlich hilfreich, dass der impulsive Erdogan in der Jerusalem-Frage mit den USA und Israel im Clinch liegt. Nicht zu unterschätzen ist die Tatsache, dass Russlands Einfluss nach seinem Sieg in Syrien näher an die Südostflanke der Nato rückt.

n-tv.de

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