Proteste erreichen Teheran

  31 Dezember 2017    Gelesen: 454
Proteste erreichen Teheran
Im Iran greifen die regierungsfeindlichen Proteste immer weiter um sich. Vor der Universität in Teheran rufen die Demonstranten "Tod dem Diktator". Es soll inzwischen auch Tote und Verletzte geben.
Die regierungsfeindlichen Proteste im Iran haben am Samstag Teheran erreicht. Einer Meldung der halbamtlichen Nachrichtenagentur Fars zufolge versammelten sich in der Hauptstadt bis zu 400 Studenten vor der Universität und warfen Steine auf Polizisten. Zudem hätten sie "Tod dem Diktator" skandiert, eine Anspielung auf das geistliche Oberhaupt Ajatollah Ali Chamenei. Die Polizei setzte Tränengas ein. In sozialen Netzwerken wurden unbestätigte Aufnahmen verbreitet, die mehrere von den Sicherheitskräften in Dorud in der Provinz Lorestand getötete junge Männer zeigen sollen.

Zugleich fanden zahlreiche staatlich unterstützte Kundgebungen regierungstreuer Iraner statt. Der Vize-Sicherheitschef der Revolutionären Garden in Teheran, Esmail Kowsari, sagte der Nachrichtenagentur Isna, die Lage in der Hauptstadt sei unter Kontrolle. Sollte es zu weiteren Unruhen kommen, würden die Demonstranten "die eiserne Faust der Nation" zu spüren bekommen. "Wenn die Menschen auf der Straße gegen hohe Preise demonstrieren wollten, hätten sie nicht diese Slogans rufen und öffentliches Eigentum und Autos anzünden sollen", erklärte er. Die Kundgebungen hatten am Donnerstag begonnen. Sie richteten sich zunächst gegen die Wirtschafts- und Außenpolitik der Regierung von Präsident Hassan Ruhani, wurden aber zunehmend systemkritisch.

Iranische Medien berichteten von Protesten auch in Kaschan, Arak, Ahwas, Sandschan, Bandar Abbas und Kerman. In Karadsch seien die Fenster von Regierungsgebäuden eingeworfen und Brände gelegt worden. Zugleich waren nach Angaben des staatlichen Fernsehens in mehr als 1200 Städten und Dörfern die alljährlichen Kundgebungen zur Erinnerung an das Ende der Unruhen von 2009 angemeldet. Damals hatten Proteste gegen die umstrittene Wiederwahl von Mahmud Ahmadinedschad zum Präsidenten den Iran monatelang in Atem gehalten.

Trump unterstützt Proteste

Wegen einer begrenzten Berichterstattung iranischer Medien über die Proteste lassen sich die Berichte und Videos in sozialen Netzwerken nicht unabhängig verifizieren. Die meisten Videos kommen über das Nachrichtenportal Amad-News und werden auf dem Messaging-App Telegram gepostet. Irans Telekommunikationsministerium hat Telegram daher aufgefordert, das Konto des Portals zu blockieren. In vielen Teilen Teherans gab es am Samstag überhaupt kein Internet mehr oder nur sehr langsame Verbindungen.

US-Präsident Donald Trump verurteilte das jüngste Vorgehen der iranischen Sicherheitskräfte auf Twitter: "Die iranische Regierung sollte die Rechte ihres Volkes respektieren, darunter das Recht auf freie Meinungsäußerung. Die Welt schaut hin!" Ein Sprecher des iranischen Außenministeriums wies amtlichen Medien zufolge die "opportunistischen Behauptungen von amerikanischen Vertretern und Herrn Trump" zurück.

In Maschhad hatten am Donnerstag Hunderte Menschen gegen hohe Preise demonstriert und dabei auch Anti-Regierungs-Slogans skandiert. Politische Demonstrationen sind im Iran vergleichsweise selten. Allerdings gibt es in der Bevölkerung Unmut über die Arbeitslosigkeit, Inflation und mutmaßliche Korruption. In diesem Fiskaljahr ist die Arbeitslosenquote amtlichen Angaben zufolge auf 12,4 Prozent gestiegen, die Inflation beträgt etwa acht Prozent.

Der deutsch-iranische Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour rief die Europäische Union auf, zur Protestwelle im Iran Position zu beziehen. "Das Atomabkommen darf nicht dazu führen, dass die Europäer zu Menschenrechtsverletzungen im Iran schweigen", sagte der in Teheran geborene Bundestagsabgeordnete Nouripour der "Heilbronner Stimme". "Die EU muss Teheran klarmachen, dass eine Wiederholung der blutigen Geschehnisse von 2009 das Ende des Tauwetters mit dem Iran bedeuten würde."

Quelle: n-tv.de

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