Gülen-Bücher: Gefährlich in der Türkei, geschätzt in der Welt

  09 Dezember 2015    Gelesen: 735
Gülen-Bücher: Gefährlich in der Türkei, geschätzt in der Welt
Bücher von Fethullah Gülen werden in der Türkei aus den Regalen entfernt. Die Buchhandelskette N&T untersteht seit einigen Wochen einem staatlichen Zwangsverwalter.
Die rechtswidrige Unterstellung des hizmet-nahen Konzerns Kaynak Holding unter einen staatlichen Zwangsverwalter hat Folgen für die Bücher von Fethullah Gülen, die in der Türkei zu den meistgelesenen zählen.

Der 74-jährige Islamgelehrte Gülen, der mittlerweile über 70 Bücher verfasst hat, gilt seit fast zwei Jahren in der Türkei als Persona non grata. Seine Bücher werden von Verlagen, die zur Kaynak Holding gehören, gedruckt und hauptsächlich über die hauseigene Buchhandelskette N&T vertreiben. Wie die türkische Tageszeitung Zaman berichtet, hat der Zwangsverwalter Imran Okumuş den Vertrieb von Gülen-Büchern eingestellt, ohne einen Grund hierfür zu nennen. Betroffen von der Maßnahme sind neben den Sachbüchern Gülens auch „Das endlose Licht“, das das Leben des Propheten behandelt, und weitere religiöse Bücher wie Koran-Ausgaben oder Hadith-Sammlungen. „Das endlose Licht“ ist mittlerweile in über 30 Sprachen verfügbar, auch auf Deutsch und Englisch.

Die Maßnahme ist in der Türkei nicht auf großen Widerstand gestoßen, da viele Angst haben, sich bei dem Vernichtungskampf der Regierung gegen Fethullah Gülen und der aus seinen Ideen entstandenen Hizmet-Bewegung auf die Seite des Opfers zu stellen. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan sieht die Bewegung als eine Bedrohung für seinen Machtausbau an und bekämpft sie nicht nur in der Türkei, sondern auch in anderen Ländern. Er wirft der Bewegung vor, eine „Parallelstruktur“ im Staat aufgebaut zu haben.

Einige der wenigen Intellektuellen, die sich in der Sache positioniert haben, sind Ömer Faruk Gergerlioğlu, ehemaliger Vorsitzender des Menschenrechtsvereins Mazlumder, und Kazım Güleçyüz, Chefredakteur der Tageszeitung Yeni Asya.

Gergerlioğlu sagte, dass „die Sache nichts mit Recht oder Gesetz, sondern mit Hass, Wut, Abneigung gegen eine Person zu tun“ habe. Güleçyüz bewertete den Schritt hingegen als eine „Schandtat aus alten Zeiten, in denen es keine Demokratie gab“.

Öcalan setzt sich durch

In der Türkei ist die Meinungsfreiheit unter den Schutz der Verfassung gestellt. So hat der inhaftierte Führer der Terrororganisation PKK, Abdullah Öcalan, 2014 gegen das Vertriebsverbot seiner Bücher geklagt und ist vor das türkische Verfassungsgericht gezogen. Das Gericht entschied am 25. Juni 2014 zugunsten Öcalans. Güleçyüz verweist auf diesen Fall: „In einer Zeit, in der die Bücher von Öcalan aus der Perspektive der Meinungsfreiheit bewertet werden, ist die Beurteilung dieser Praxis dem Leser zu überlassen. Für den Fall, dass tatsächlich Recht existieren sollte, würde diese Entscheidung an den Mauern der Justiz abprallen.“

Der Gülen-Experte Ali Ünal verweist auf die islamischen Wurzeln der AKP : „Nun kommt es so weit, dass eine AKP-Regierung, die sich auf den politischen Islam beruft, diese und weitere Bücher verbietet und sogenannte intellektuelle Muslime wie Mustafa Karaalioğlu sich darüber freuen.“ Der regierungsnahe Journalist ist einer der wichtigsten Befürworter des Kampfes gegen die Hizmet-Bewegung. In einer Fernsehsendung sagte er: „Durch die Maßnahme gegen Kaynak Holding ist ein entscheidender Schlag gegen die Parallelstruktur gelungen. Der Staatspräsident sprach in der Vergangenheit davon, dass man bis in die Schlupflöcher der Parallelstruktur eindringen werde. Genau das ist jetzt geschehen.“

Kaynak Holding wurde am 18. November 2015 staatlichen Zwangsverwaltern unterstellt. Es ist in der Türkei mittlerweile zur Praxis geworden, dass die Regierung missliebige Unternehmen durch vorgeschobene Gründe staatlichen Zwangsverwaltern unterstellen lässt. Obwohl die Aufgabe des Zwangsverwalters eine unternehmensfreundliche Führung ist, scheuen sie sich nicht, Maßnahmen zu ergreifen, die dem Unternehmen schaden.

Bestseller in Indonesien

Während Gülens Bücher in der Türkei aus den Regalen genommen werden, gehören sie in manch anderen Ländern zu den meistverkauften Büchern. So wurden bei der 14. Buchmesse Islamischer Bücher in der indonesischen Hauptstadt Jakarta im Februar dieses Jahres 50.000 Exemplare von Gülens Büchern verkauft.

Nach Angaben des Verlages Republika, der in Indonesien Gülens Bücher druckt und in den letzten vier Jahren acht Bücher herausgebracht hat, gehören drei der Bücher Gülens zu den Bestsellern des Landes. Darunter sei auch „Das endlose Licht“.

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