Thomas Dreßen nahm's mit der ihm typischen bayrischen Lockerheit: "Es ist a langer Weg zum Start. Zu Fuß da 'nauf, da weiß i net, wie fit wir am Start noch woar'n." Drei Stunden vor Beginn der olympischen Abfahrt in Jeongseon entschieden die Organisatoren am frühen Sonntagmorgen: Kein Rennen, keine "Goldschlacht" der Gelangweilten. Zu starker Wind. Selbst für die Gondeln. "Mei, freilich ist's schad'. Ich war scho richtig motiviert. Hab mich g'freut aufs Rennen. Aber aufs Wetter ham wir Athleten halt koanen Einfluss. Mir nehm's wie es kimmt. Es gibt Schlimmeres", sagte Dreßen. Im oberen Bereich der Strecke gab's Böen von bis zu 100 Stundenkilometen. "Da ist es die einzige richtige Entscheidung. Es wäre ein irreguläres Rennen und man will ja einen fair ermittelten Olympiasieger", erklärte der deutsche Alpin-Chef Wolfgang Maier.
Und so ganz ungelegen kommt dem deutschen Team die Absage nicht. "Wir werden heute freimachen. Ein bisserl locker machen. Die Jungs haben ein hartes Programm hinter sich. Der eine oder andere ist gesundheitlich ein wenig angeschlagen", erklärte Cheftrainer Matthias Berthold. Kopfzerbrechen bereitet die Rennverschiebung dem Team nicht. "Wir sind ganz entspannt. Wir haben uns mit den Athleten und der Crew schon vor den Spielen auf die Situation vorbereitet. Da lassen wir jetzt keine Unruhe hereinkommen." Die Abfahrt soll am Donnerstag nachgeholt werden (ab 3 Uhr im Olympia-Liveticker bei n-tv.de). Der eigentlich für diesen Tag geplante Super-G soll dafür am Freitag stattfinden. An der Austragung der Alpinen Kombination am Dienstag werde dagegen festgehalten, sagte Rennchef Markus Waldner.
Wohin mit Speedfahrerinnen?
Ein Problem gibt's dennoch, ein logistisches: Weil die Speed-Fahrer nun nämlich definitiv einen Tag länger in Jeongseon bleiben müssen, blockieren sie die Betten in dem einzigen Hotel am Fuß des Bergs Gariwang. "Normalerweise würden die Herren am 15. abreisen und dann die Damen direkt kommen, weil die am 17. ihr Rennen haben", sagte Wolfgang Maier der Deutschen Presse-Agentur. "Das Hotel ist denke ich nicht groß genug, um beide Geschlechter unterzubringen."
Nun, (vorerst) egal. Die Abfahrt ist neu terminiert und mit Dreßen und Andreas Sander gehören zwei DSV-Fahrer zu dem fast 20-köpfigen Kreis der Mitfavoriten auf der als eher einfach eingestuften Olympiastrecke. Und besonders der Sensations-Streif-Sieger hatte sich in den drei Trainingseinheiten zur Abfahrt erheblich gesteigert. "Ich glaube man sieht, dass ich heute besser dabei bin als die letzten Tage", sagte er nach Rang sieben und einem dicken Patzer am Samstag. "Eine Schrecksekunde", kommentierte Dreßen seinen Abhocker erneut gelassen, "war das keine, da gibt's andere Sachen, die schlimmer sind. Ich habe mir bloß gedacht: Jetzt bleib ich mal hocken, bis das Tor um ist, dann steh' ich wieder auf und fahr weiter." Auf den Sieger der Einheit, den Österreicher Vincent Kriechmayr, fehlten dem Deutschen dennoch nur 0,75 Sekunden.
Sanders rätselhafte Fahrt
Sander kam mit mehr als zehn Sekunden Rückstand als Vorletzter ins Ziel, beendete seine Fahrt im aggressiven Wettkampfmodus aber bereits sehr früh. "Ich habe in letzter Zeit etwas muskuläre Probleme, das war eine Vorsichtsmaßnahme. Alles kein Problem, es gibt keine Verletzung." Konkreter wollte er nicht werden. Josef Ferstl, kam mit 1,68 Sekunden Rückstand ins Ziel. Linus Straßer wurde wegen einer Erkältung geschont. "Es war cool nochmal runterzufahren. Es war ein Supertag", sagte Ferstl. Trotz Rang 24.
Den Supertag krönten am späten Samstagbend die Biathletin Laura Dahlmeier mit einer beeindruckenden Performance am Schießstand und in der Loipe sowie Skispringer Andreas Wellinger, der im zähen Eiswind-Chaos um kurz nach Mitternacht erst ganz cool und später völlig aufgelöst war, mit ihren Olympiasiegen. Es waren am ersten Tag der Spiele gleichzeitig die ersten beiden Medaillen fürs deutsche Team. "Ich freue mich brutal. Ich kenne die beiden ja gut. Und es gibt nicht viele, denen ich es mehr gönne", sagte Dreßen. Coach Berthold hofft aus den Triumphen auf eine positive Wirkung für seine Athleten. "Vielleicht könnten wir so oder so ähnlich nachlegen. Es wäre sicher eine schöne Sache."
Wie man einen jungen Olympiasieger formt, weiß der Cheftrainer bereits. Der Österreicher Matthias Mayer gewann 2014 in Sotschi unter seinem Landsmann Berthold überraschend Gold in der alpinen Königsdisziplin.
Quelle: n-tv.de
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