Mehr als drei Viertel der 141 befragten Unternehmen, die sich in Russland engagieren, haben in einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage eine positive Entwicklung der russischen Wirtschaft prognostiziert. Fast genauso viele leiden unter den Sanktionen, die ab 2014 von der EU und den USA eingeführt worden waren. 94 Prozent der Befragten sprachen sich in der Umfrage des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft und der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer (AHK) für einen Abbau der Strafmaßnahmen aus.
„Anders als in früheren Umfragen, in denen sich eine Mehrheit für die sofortige Abschaffung der Sanktionen aussprach, unterstützen die meisten Unternehmen nun die Position des Ost-Ausschusses, Sanktionen schrittweise und parallel zu Fortschritten im Minsker Friedensprozess abzubauen", bemerkte der Ost-Ausschuss-Vorsitzende Wolfgang Büchele.
Einseitige Forderungen der Ministerin-Die Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) forderte weitere Entwicklungen bei den Minsker-Gesprächen auf der 5. Russland-Konferenz des Ost-Ausschusses und der AHK:„Wir meinen, dass Fortschritte im Minsk-Prozess gemacht werden müssen, aber diese müssen von der russischen Seite gemacht werden.“ Es könne ohne solche Fortschritte keine vollständige Normalität geben, erklärte die Ministerin.
Als „beispielloses und illegitimes Diktat“ bezeichnete der designierte russische Botschafter Sergej Netschajew auf der Konferenz die EU-Sanktionen gegen die Russische Föderation und machte deutlich, dass Russland nicht zu den Konfliktparteien in der Ost-Ukraine gehöre. „Uns bedrückt das sehr. Wir arbeiten mit den betroffenen Parteien an der Lösung dieser Probleme. Sie wissen, dass wir die Sanktionen für illegal und gesetzeswidrig halten. Aber wir weinen nicht. Wir adaptieren uns an die Herausforderungen und Bedrohungen, die diese Sanktionen mit sich bringen“, betonte Netschajew bei seiner Rede.
Sanktionen stärken die russische Wirtschaft?
Und tatsächlich haben die Strafmaßnahmen gegen Russland nicht nur negative Folgen. Die Landwirtschaft und die Ernährungsindustrie werden von 66 Prozent der deutschen Unternehmen, die an der Umfrage teilgenommen haben, weiterhin mit deutlichem Abstand als die wachstumsstärksten Branchen in Russland eingeschätzt. Sie profitieren nicht zuletzt vom russischen Importverbot für westliche Agrarprodukte und staatlicher Förderung. Auch die Modernisierung habe durch die protektionistischen Maßnahmen zugenommen, erklärt der Leiter des Zentrums für Außenwirtschaft des Ifo-Instituts, Prof. Gabriel Felbermayr. „In der Geschichte hat sich das jedoch nachhaltig kaum bewährt“, warnt der Wirtschaftsforscher im Sputnik-Interview.
Die deutschen Exporteure blicken optimistisch in die Zukunft. „Nachdem die Ausfuhren nach Russland im Gesamtjahr 2017 um 20 Prozent gestiegen sind, rechnen 36 Prozent der Unternehmen auch für 2018 mit Zuwächsen, 57 Prozent erwarten stabile Umsätze."Der Weg zurück zu den Rekordzahlen aus dem Jahr 2012 mit rund 80 Milliarden Euro Handelsumsatz ist noch sehr weit, aber die Richtung stimmt wieder", sagte der Ost-Ausschuss-Vorsitzende Büchele.
Prorussische Separatisten und Regierungstruppen bekämpfen sich seit 2014 in der Ost-Ukraine. Die Sanktionen gegen Russland schadeten nicht nur der russischen Wirtschaft enorm, sondern auch der deutschen. Nach Einschätzung der deutschen Wirtschaft summieren sich die Verluste europäischer Firmen auf einen dreistelligen Milliardenbetrag.
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