Bundesnachrichtendienst: „Stasi 2.0“ oder Schlapphüte ohne kontrollfreie Räume?

  10 März 2018    Gelesen: 1812
Bundesnachrichtendienst: „Stasi 2.0“ oder Schlapphüte ohne kontrollfreie Räume?

Alles „Stasi“ außer wir – so kann zusammengefasst werden, was BND-Chef Bruno Kahl, „Stasi“-Aufklärer Roland Jahn und Reporter Georg Mascolo am Donnerstag diskutiert haben. Ein „demokratischer Geheimdienst“ dient nur dem Land und seinen Bürgern, so der Tenor. Was das mit der Realität zu tun hat, hat die Runde nicht aufgeklärt.

Wer in der Berliner Chausseestraße an der neuen Zentrale des Bundesnachrichtendienstes (BND) vorbeikommt, wird sich fragen, was hinter der Fassade geschieht. Das lässt sich demnächst in einem Besucherzentrum der Geheimdienst-Zentrale erfragen — auch ganz spontan. Dazu hat BND-Präsident Bruno Kahl am Donnerstag in Berlin eingeladen.

Die Einladung war, wenig überraschend, fast das einzige Konkrete, was Bruno Kahl über die Arbeit seiner Behörde in Berlin berichtete. Welche wahrheitsgetreuen Antworten die interessierten Besucher bekommen, verriet er nicht. Der Geheimdienst-Chef nahm an einer Podiumsdiskussion im „Deutschen Spionagemuseum" teil. Die versuchte zu klären, was einen demokratischen Nachrichtendienst von einer Geheimpolizei unterscheidet. So stand es zumindest in der Einladung unter dem Thema „Stasi 2.0? Demokratie, Diktatur und die deutschen Geheimdienste". Die stellte aber nicht die Frage, was denn ein „demokratischer Geheimdienst" sein soll und ob es so etwas überhaupt geben kann.

Vorsichtig kritische Fragen - Neben Kahl saß mit Roland Jahn einer, der versucht, über einen aufgelösten Geheimdienst aufzuklären. Er ist seit 2011 „Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik" (BStU). Die Runde moderierte der Journalist Georg Mascolo. Er leitet den Rechercheverbund der beiden Sender „Norddeutscher Rundfunk" und „Westdeutscher Rundfunk" (WDR) und der „Süddeutschen Zeitung". Der machte sich vor allem mit Enthüllungen über internationale Steuerflucht („Panama-Papers", „Paradise-Papers") und mit dabei unbewiesenen Behauptungen über russische Verbindungen einen Namen. Letzteres führt immer wieder zu berechtigter Kritik an dem Rechercheteam.

Mascolo stellte dem BND-Präsidenten vorsichtig kritische Fragen zum jüngsten Cyber-Angriff auf das bundesdeutsche Regierungsnetz. Auch das Verhalten des Auslandsgeheimdienstes in der NSA-Affäre sah er nicht so positiv wie dessen Chef. Dafür stimmte der Journalist dem obersten „Schlapphut" zu, als dieser an die „Selbstverantwortung der Journalisten" appellierte. Sie sollten an die nationale Sicherheit denken, wenn sie Geheimdokumente veröffentlichen wollen, forderte Kahl.

„Kein Grund zum Schrecken" - Erwartungsgemäß findet er, dass niemand vor einem Geheimdienst in einer Demokratie Angst haben müsse. Kahl wurde vom Publikum im übervollen Raum des Spionagemuseums gefragt, was die technologischen Entwicklungen wie die Digitalisierung für Spionage und Überwachung bedeuten. Darauf antwortete er:

„Diese ungeahnten Möglichkeiten sind in den Händen eines Rechtsstaates, in den Händen eines Gemeinwesens, in dem alle mitbestimmen können, kein Grund zum Schrecken. Aber sie sind ein Grund zum Schrecken in Diktaturen, in denen diese Technik gegen die eigene Bevölkerung gewandt wird. Das ist der Unterschied, für den wir alle arbeiten müssen und für den auch der Bundesnachrichtendienst arbeitet."

Widerspruch bekam er dafür nicht. MfS-Unterlagen-Bewahrer Jahn stellte immerhin zu Beginn des Abends klar: „Abhören ist abhören. Da geschieht was Gleiches." Er verwies auf die Vorratsdatenspeicherung durch bundesdeutsche Sicherheitsbehörden als Beispiel für Gefahren, die von Geheimdiensten ausgehen.

sputniknews


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