Russland will schnell auf die britischen Sanktionen im Fall des Attentats auf den Ex-Doppelagenten Sergej Skripal reagieren. Das Außenministerium und andere Behörden schlügen Schritte vor, die Entscheidung werde Präsident Wladimir Putin treffen, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in Moskau. Außenminister Sergej Lawrow wurde sogar konkreter und sagte, man werde mit den Ausweisungen in Kürze beginnen, zitierte ihn die Nachrichtenagentur Ria. Bevor eine Entscheidung öffentlich erklärt werde, wolle Moskau sie zunächst den Briten mitteilen.
Russische Politiker hatten zuletzt immer wieder von einer "symmetrischen Antwort" gesprochen. Die britische Regierung hatte am Mittwoch unter anderem angeordnet, dass 23 russische Diplomaten das Land binnen einer Woche verlassen müssen. Sie verdächtigt Russland, am Giftanschlag auf Skripal und dessen Tochter beteiligt gewesen zu sein. Russland weist dies zurück. Wjatscheslaw Wolodin, Sprecher der russischen Parlamentskammer, sieht in den Maßnahmen der Briten eine versuchte Einflussnahme auf die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen.
Britische Soldaten sollen Impfung erhalten
Das britische Verteidigungsministerium kündigte an, Tausende Soldaten gegen Anthrax impfen zu lassen. Die Erreger von Anthrax (Milzbrand) gelten als potenzielle Biowaffen. Zudem wird London ein hochmodernes Zentrum zur Verteidigung gegen Chemiewaffen errichten. Hierfür werden 48 Millionen Pfund (etwa 54 Millionen Euro) bereitgestellt. "Wenn wir an der Bedrohung für unsere Bevölkerung durch Russland zweifeln, dann müssen wir nur auf das schockierende Beispiel der rücksichtslosen Attacke in Salisbury schauen, sagte Verteidigungsminister Gavin Williamson einem Redetext zufolge.
Das Zentrum zur Verteidigung gegen Chemiewaffen wird auf dem Forschungsgelände Porton Down in der südenglischen Grafschaft Wiltshire entstehen. Auf dem Areal wird auch militärisch geforscht. In der Nähe liegt die Stadt Salisbury, in der der Anschlag auf Skripal und dessen Tochter verübt worden war. Beide befinden sich weiterhin in einem kritischen Zustand. Nach britischen Angaben wurden sie Opfer des Nervengifts Nowitschok, das in der früheren Sowjetunion entwickelt worden war. Daher glaubt London, dass Moskau hinter dem Attentat steckt.
Von der Leyen: "Nehmen das sehr, sehr ernst"
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen forderte Moskau auf, zur Aufklärung beizutragen. "Wir nehmen das sehr, sehr ernst", sagte sie im ZDF. Die Ministerin zog eine Verbindung zum Engagement Russlands im Syrien-Krieg an der Seite des Präsidenten Baschar al-Assad: "Wir sehen, wie der Verbündete Assad Giftgas einsetzt. Russland ist der Verbündete von Assad. Deshalb ist es für Russland entscheidend aufzuklären, was dort geschehen ist."
Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen sprach sich dafür aus, russisches Geld in Europa unter die Lupe zu nehmen. In London und anderen europäischen Großstädten sei "dubioses Großkapital russischer Herkunft mit leichten Möglichkeiten der Geldwäsche unübersehbar", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses in Berlin. "Hier sollte Großbritannien, aber auch die Europäer ihre bisherige Politik der Offenheit korrigieren."
Internationale Gemeinschaft fordert Aufklärung
Im UN-Sicherheitsrat in New York hatten sich Großbritannien und Russland bei einer Sondersitzung am Mittwoch einen Schlagabtausch geliefert. Premierministerin Theresa May sorge für eine "hysterische Atmosphäre", sagte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja. London werde sich nicht von Moskaus "Leugnungen, Ablenkungen und Drohungen" beirren lassen, so der britische UN-Botschafter Jonathan Allen.
Auch Frankreich hält Russland für den Giftanschlag auf Skripal verantwortlich. Paris teile Londons Befund, dass es keine andere plausible Erklärung gebe, teilte der Élyséepalast nach einem erneuten Telefongespräch des Staatspräsidenten Emmanuel Macron mit May mit.
Für Sanktionen gegen die Eliten in ihrem Land sprach sich die russische Präsidentschaftskandidatin Xenia Sobtschak aus. "Sollte Moskau hinter dem Nervengift-Anschlag stecken, sind neue Sanktionen des Westens unausweichlich", sagte die russische TV-Ikone der "Bild"-Zeitung. Auch Konzerne wie die Energieriesen Rosneft oder Gazprom müssten ins Visier genommen werden. Sobtschak ist die einzige Frau bei der Wahl an diesem Sonntag. Ihre Bewerbung gilt als chancenlos. Umfragen zufolge ist Wladimir Putins Sieg sicher.
Quelle: n-tv.de , mba/dpa/rts
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