In der Debatte über die Zugehörigkeit des Islams zu Deutschland wirft Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) Innenminister Horst Seehofer (CSU) Stimmungsmache vor. „Wir müssen über Arbeit und Bildung sprechen und über Regeln für unser Zusammenleben“, sagte Heil den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Die Debatte, die Horst Seehofer fortsetzt, dient keinem inhaltlichen Zweck und bedient nur eine bestimmte Stimmung vor der Landtagswahl in Bayern.“ Seehofer hatte am Freitag gesagt, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte der Äußerung des CSU-Chefs widersprochen.
Heil sprach sich für „faire Chancen und klare Regeln“ für Zuwanderer aus: „Für alle gilt das Grundgesetz und alle anderen Gesetze. Das heißt, dass wir gegenüber jeglicher Form des Extremismus, auch des Islamismus, hart vorgehen müssen.“ Aber in Deutschland herrsche Religionsfreiheit: „Die Menschen muslimischen Glaubens, von denen ein großer Teil auch hier geboren wurde, gehören natürlich zu Deutschland.“
Praktische Lösungen statt theoretische Debatten
Führende SPD-Politikerinnen haben gefordert, die neu entfachte Islam-Diskussion zu beenden. „Das ist eine acht Jahre alte Debatte, die innerhalb der Union immer noch geführt wird, aber niemanden weiterbringt“, sagte Bundestagsfraktionschefin Andrea Nahles der „Rhein-Neckar-Zeitung“. Seehofer glaube wohl, damit im Bayern-Wahlkampf punkten zu können.
Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) fordert, die von Seehofer erneut entfachte Diskussion über die Zugehörigkeit des Islams zu Deutschland zu beenden. „Theoretische Debatten wurden lange genug geführt“, sagte Barley der „Rheinischen Post“. Es gehe darum, die Probleme praktisch zu lösen. „Was unsere Werte angeht, ist und bleibt das Grundgesetz die Basis unseres Zusammenlebens.“
Ähnlich äußerte sich Familienministerin Franziska Giffey (SPD) im ZDF. „Vor Ort helfen solche Debatten überhaupt nicht“, sagte die bisherige Bürgermeisterin des Berliner Problembezirks Neukölln. Es gehe vielmehr darum, ein gutes Zusammenleben zu organisieren und mit den in Deutschland lebenden Menschen, egal welcher Herkunft, eine Gesellschaft sozialen Friedens zu gestalten.
Unterscheidung von Religion und Gläubigen
FDP-Chef Christian Lindner nannte die ganze Diskussion überflüssig. „Weder verlangt irgendwer die Übernahme islamischer Sitten, noch ist das Christentum Staatsreligion“, sagte er der „Rheinischen Post“.
Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, kritisierte Seehofer scharf. „Damit er gleichzeitig hetzen und von gegenseitigem Verständnis und Rücksichtnahme schwadronieren kann, unterscheidet Seehofer zwischen der Religion selber und ihren Gläubigen“, sagte er der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten.“ Gegenüber denselben Zeitungen erklärte Grünen-Politiker Cem Özdemir, eine „kulturalistische Betrachtung, die Menschen nach Religionszugehörigkeit sortiert“, passe nicht zu Aufklärung und westlicher Demokratie. Zudem helfe der aktuelle Streit „vor Ort bei der Integration niemandem“.
Dobrindt stimmt Seehofer zu
Aus der CSU erhielt Seehofer Rückendeckung. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte der „Augsburger Allgemeinen“: „Unser Brauchtum, unsere Traditionen, unsere Leitkultur, und unsere Werte sind christlich geprägt. Diese Tatsache hat Horst Seehofer zurecht beschrieben – und damit formuliert, was eine überwältigende Mehrheit denkt.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Seehofer widersprochen hatte, spreche in der Frage nicht für die Mehrheit der Bürger. Muslime, „die hier leben und integriert sind“, gehörten zu Deutschland, der Islam dagegen nicht, sagte Dobrindt im SWR.
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