Ein letztes Mal im Himmel

  23 März 2018    Gelesen: 1019
Ein letztes Mal im Himmel

Olympiasieger und Weltmeister: Aljona Savchenko und Bruno Massot haben eine perfekte Saison abgeschlossen. Für die 34-jährige Paarläuferin könnte es der letzte große Auftritt gewesen sein.

Und noch einmal Tränen, noch einmal Umarmungen - und noch einmal ein Weltrekord: Es war so, als würde sich die Sportgeschichte innerhalb weniger Wochen wiederholen. Erneut hatten Aljona Savchenko und Bruno Massot eine imposante Kür aufs Eis gelegt. Wie schon bei den Olympischen Spielen von Pyeongchang vor fünf Wochen konnte die Jury gar nicht anders, als alle Bestnoten zu ziehen, die sie zur Verfügung hatte.


Die Kür zur Musik von "Die Erde vom Himmel aus gesehen" war mit den letzten klimpernden Tönen verklungen, da standen die Zuschauer im voll besetzten Mailänder Mediolanum schon auf ihren Sitzen und feierten die neuen Weltmeister. Für Bruno Massot ist es ein neues Gefühl, für seine Partnerin ist es der sechste WM-Triumph. Auch das ist ein Rekord.

"Wir haben es einfach genossen, ein letztes Mal diese Kür zu laufen", sagte die 34-jährige Savchenko. Wieder hatte alles funktioniert, die Sprünge, die Kommunikation zwischen ihr und Massot, vom Blickkontakt bis zu den Wurfelementen: die von Alexander König und dem britischen Eistanz-Idol Christopher Dean ausgearbeitete Kür, diese viereinhalb Minuten werden auch künftig nur schwer zu übertreffen sein. Olympische Goldmedaille und Weltmeistertitel nacheinander - das hatte seit 1992 kein Paar geschafft. Damals war Natalja Mischkutjonok und Artur Dmitrijew dieses Kunststück gelungen.

Karriere-Ende ist noch nicht entschieden

Ein letztes Mal betrachteten Massot und Savchenko die Erde von oben, die Olympiakür ist ab sofort Geschichte. Ob das auch für die Karriere Savchenkos gilt, ist dagegen völlig offen. Erst einmal will das Duo Urlaub machen und danach entscheiden, ob man weiter Wettkämpfe bestreitet oder sich stattdessen auf die finanziell lukrativen Eisrevuen beschränkt.


Savchenko hat fünf Mal an Olympischen Winterspielen teilgenommen, sie hat fünf Mal wie besessen auf das Ziel Olympia hingearbeitet. Nachdem es mit ihrem Partner Robin Szolkowy immerhin zu Bronze reichte - sie selbst würde wahrscheinlich sagen, nur zu Bronze - hat sie noch einmal alles riskiert. Den Partner gewechselt, den Trainer gewechselt, den Trainingsort gewechselt - und letztlich alles gewonnen. Niemand könnte es ihr übel nehmen, wenn sie jetzt sagen würde: Es reicht. Es waren so viele Jahre der Quälerei.

In der deutschen Eislauf-Union sind sie in diesem Jahr aus dem Strahlen nicht herausgekommen - das kann sich aber schnell wieder ändern. Wenn Savchenko aufhören sollte, ist auch die Eiskunstlauf-Herrlichkeit in Deutschland wieder vorbei. Das zweitbeste deutsche Paar Annika Hocke und Ruben Blommaert wurde in Mailand 13., eine ordentliche Platzierung, aber weit weg von der Weltspitze.


Bei den Männern hat Paul Fentz im Kurzprogramm immerhin Platz 12 errungen, auch das ist für ihn eine starke Leistung. Medaillen sind aber aus Sicht von Fentz ebenso wenig zu erwarten wie im Frauenwettbewerb. Nach Savchenko und Massot klafft im deutschen Eislauf eine gewaltige Lücke, andere Länder wie Frankreich oder Kanada sind da deutlich voraus.

An diesem Abend jedoch überstrahlte die Magie der Paarlauf-Kür im Mediolanum noch einmal alle möglicherweise beschwerenden Zukunftsgedanken. Aljona Savchenko hat sich mit dieser Kür im Eiskunstlauf verewigt, sie ist eine der ganz Großen ihres Sports. Wenn in den nächsten Jahren die Paare um die großen Titel laufen, werden sich alle an diesen viereinhalb Minuten von Pyeongchang und Mailand messen lassen müssen. Eine Kür aus dem Eislaufhimmel. Und das Klavier spielt dazu.

spiegel.de


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