Das kann Kims mysteriöser Regierungs-Zug

  28 März 2018    Gelesen: 1045
Das kann Kims mysteriöser Regierungs-Zug

Hummer, französische Weine, Mercedes-Limousinen an Bord, schusssicher gepanzert: Mit einem ganz speziellen Fahrzeug ist der nordkoreanische Diktator Kim Jong Un ins Nachbarland China gereist.

 

21 Waggons, einheitlich grün lackiert, getönte Fenster, um die Insassen vor neugierigen Blicken zu schützen. In Pekings Hauptbahnhof steht der Zug, mit dem die Führer der isolierten nordkoreanischen Diktatur traditionell ins Ausland reisen. Kim Il Sung, von 1948 bis 1994 an der Macht, logierte in dem Spezialfahrzeug, sein Sohn Kim Jong-il nutzte ihn und nun ist auch Kim Jong Un mit dem Zug ins Nachbarland China gereist.

Konstant wie die Vorliebe für Zugreisen an der Spitze des nordkoreanischen Staates ist auch der Quell an Mythen und Legenden, die sich um den Zug ranken. Viele Medien- und Geheimdienstberichte widmen sich dem Fahrzeug. Doch wie so oft beim Thema Nordkorea fehlen handfeste Fakten und Bestätigungen. Was über Kims Super-Zug bekannt ist:

Supersicher, aber superschwer und superlangsam


Auf den aktuellen Aufnahmen des Zuges vom Pekinger Hauptbahnhof ist die Beschriftung "160 km/h" auf den Lokomotiven zu erkennen, die Höchstgeschwindigkeit, für die die Lokomotiven ausgelegt sind. Dass Kims Superzug aber tatsächlich so schnell unterwegs ist wie deutsche Intercitys auf Nebenstrecken, gilt als ausgeschlossen. Einem südkoreanischen Medienbericht zufolge sind die Waggons kugelsicher gepanzert und dadurch Tausende Kilogramm schwerer als üblich. Demzufolge liegt die Höchstgeschwindigkeit bei gerade einmal rund 60 km/h.

Den letzten Besuch stattete ein nordkoreanisches Staatsoberhaupt Peking 2011 ab. Folgendes Youtube-Video zeigt den Zug in China:

Angetrieben wird jeder Zug von zwei Lokomotiven. Insgesamt soll es mindestens zwölf Triebfahrzeuge und 90 Waggons geben. Denn wenn der "Oberste Führer" auf Reisen geht, ist nicht bloß ein Zug unterwegs, sondern gleich drei. Zunächst fährt ein Spezialzug die Strecke ab. Das Personal an Bord überprüft die Strecke und sucht Bahnhöfe nach möglichen Gefahren ab. In einem Abstand von 20 Minuten bis zu einer Stunde folgt dann der Zug mit dem Staatsoberhaupt an Bord, flankiert von Hubschraubern oder Flugzeugen. Ein dritter Zug folgt, der weitere Sicherheitsleute und Kommunikationsequipment transportiert. Dem südkoreanischen Bericht zufolge wurden in Nordkorea allein 20 Bahnhöfe für den persönlichen Gebrauch Kim Jong Uns gebaut.

Interkontinentalfahrzeug


Nordkorea verfügt nicht nur über Raketen, die fast alle Erdteile erreichen können. Auch die Reichweite von Kims Regierungszug ist beeindruckend. 2011 reiste Kim Jong Uns Vater, damals noch an der Macht, nach Ulan Ude in Südostsibirien, wo er den damaligen russischen Präsidenten Dimitri Medwedew traf. Die Stadt ist rund 4500 Kilometer von Pjöngjang entfernt, was bei der vermuteten Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h einer rechnerischen Reisezeit von mehr als drei Tagen entspricht. Tatsächlich wird die Reise jedoch länger gedauert haben, denn bei Zügen, die zwischen China und Russland verkehren, müssen an der Grenze aufgrund der unterschiedlichen Spurbreite die Drehgestelle ausgetauscht werden. Doch auch darauf war die Delegation vorbereitet: Angeblich brachte ein zusätzlicher Zug die entsprechenden Bauteile aus Nordkorea gleich mit an die Grenze.

Kim Jong-ils Vorgänger und Vater Kim Il Sung jedoch war noch ausdauernder auf der Langstrecke. 1984 besuchte er nahezu jedes sozialistisches Land in Osteuropa. Das Staatsvehikel fuhr zunächst die knapp 8000 Kilometer bis nach Moskau, dann weiter nach Warschau und in die DDR. Danach besuchte Kim die Tschechoslowakei, Ungarn, Jugoslawien, Bulgarien und Rumänien. Erst dann machte sich der Staatsgründer auf die Heimreise, die der Distanz einer halben Erdumrundung entspricht.

Stellt sich die Frage: Wie hält man es so lange in einem Zug aus?

Hummer, Wein, nordkoreanische Gemütlichkeit

Es gibt wenige Aufnahmen aus dem Inneren des Zuges. Doch die wenigen Einblicke, die Pjöngjang zugelassen hat, lassen darauf schließen, dass es den Delegationen an Bord an nichts fehlt. Das Interieur besteht aus Ledersesseln, Holzböden und dunkel getäfelten Wänden. Es gibt Konferenzsäle, bereits auf älteren Aufnahmen ist im Hintergrund ein gewisser Bestand an Computertechnik zu sehen. Satellitentechnik ermöglicht Telefon- und Internetverbindungen zu jeder Zeit. Einem Bericht der "South China Morning Post" zufolge transportiert der Zug für Ausflüge außerhalb des Gleisbetts außerdem stets zwei Mercedes-Limousinen.

Wie seinem Vater wird auch Kim Jong Un nachgesagt, in Nordkorea ein luxuriöses Leben zu führen. Ähnlich geht es offenbar auf Reisen zu. Einblicke in das Leben an Bord lieferte Konstantin Pulikowski, der damals in seiner Funktion als Abgesandter des russischen Präsidenten im fernen Osten des Landes Zeit mit Kim Jong Il an Bord verbringen konnte. Er beschreibt, das Menü an Bord umfasse russische, koreanische, chinesische, japanische und französische Speisen. Lebende Hummer und französische Weine seien zu jeder Zeit verfügbar gewesen und eigens zu Bahnhöfen an der Strecke eingeflogen worden.

Er beschreibt auch, dass Kim Jong Ils Sohn, damals schon mit an Bord, aber noch nicht "Oberster Führer", einen anderen Geschmack als sein Vater hatte. Pulikowksi zufolge mag Kim Jong Un Schweizer Käse, Cristal Champagner (Flaschenpreis etwa 300 bis 8000 Euro, je nach Jahrgang) und Hennessy Cognac. Die Köche an Bord dürften nach dem Ableben von Kim Jong Uns Vater also entsprechend umgestellt haben.

Pulikowski, der seine Erinnerungen an die Zugfahrt in einem Buch namens "Orient Express" verarbeitet hat, beschreibt außerdem, dass dem nordkoreanischen Staatsoberhaupt an Bord eine große Auswahl an hübschen Gespielinnen zur Verfügung stand, mit denen er sich jederzeit in die Privatgemächer zurückziehen konnte.

Warum fährt der Mann überhaupt mit dem Zug?

Angeblich hat Kim Jong Uns Vater Kim Jong Il im Jahr 1982 gesehen, wie ein Flugzeug der Regierungsflotte bei einem Testflug abgestürzt ist. Der Grund soll menschliches Versagen gewesen sein; Kim traute danach den nordkoreanischen Piloten wohl nicht mehr. Doch auch sein Vater, Staatsgründer Kim Il Sung, hatte bereits eine Vorliebe für Züge: Schon während des Koreakrieges richtete er sein Hauptquartier in einem Schienenfahrzeug ein.

Dem aktuellen Staatsoberhaupt Kim Jong Un wurde nachgesagt, ein Freund von Flugreisen zu sein. Angeblich hat er anordnen lassen, Ultraleichtflugzeuge für die Regierungsflotte bauen zu lassen. Zudem ließ er sich im Cockpit eines Flugzeugs ablichten. Mit seiner aktuellen Reise jedoch knüpft er an die Familientradition an.

Quelle: n-tv.de


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