Außenminister Heiko Maas hat die Union davor gewarnt, von dem vereinbarten Kompromiss zum Familiennachzug von Flüchtlingen abzurücken. Bei seinem Jordanien-Besuch pochte der SPD-Politiker mit Blick auf den von CSU-Innenminister Horst Seehofer vorgelegten Gesetzentwurf darauf, das beschlossene Kontingent von 1000 Flüchtlingen pro Monat auszuschöpfen.
"Wir werden ganz sicherlich keinen Entwürfen zustimmen, von denen wir der Auffassung sind, dass sie in erster Linie gedacht sind, das Kontingent eher zu verringern", sagte er. Zudem werde die SPD keine Regelung mittragen, die für die Bearbeiter von Anträgen in den deutschen Botschaften vor Ort nicht praktikabel seien. Maas besuchte in Amman die Visastelle der Botschaft, die im vergangenen Jahr mehr als 15.000 Anträge auf Einreise nach Deutschland bearbeitet hat - viele davon auf Familiennachzug.
Er wolle sich ein Bild vom Ablauf der Bearbeitung von Anträgen machen, sagte Maas. "Denn es nützt nichts im fernen Berlin schöne Gesetze zu schreiben, die vor Ort dann nicht mehr praktizierbar sind." Darauf werde man den vorliegenden Gesetzentwurf prüfen. Maas besuchte am Nachmittag auch das zweitgrößte Flüchtlingscamp in Jordanien mit 37.000 Bewohnern in Al-Asrak. Der Hilfsorganisation Care sagte er 1,5 Millionen Euro zusätzliche Hilfe zu.
CSU will Zuwanderung senken
Seehofers Entwurf soll den Familiennachzug für Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus ab August regeln. Diese Gruppe kann derzeit praktisch keine Angehörigen nachholen. Union und SPD hatten sich in den Koalitionsverhandlungen darauf verständigt, maximal 1000 Familienangehörigen pro Monat den Nachzug zu erlauben. Die Zuwanderung soll jährlich eine Spanne von 180.000 bis 220.000 Menschen nicht übersteigen.
"Der Koalitionsvertrag definiert beim Familiennachzug eine Obergrenze für Einzelfälle ausschließlich aus humanitären Gründen. Wer jetzt danach ruft, das Kontingent zwingend auszuschöpfen, versucht eine humanitäre Sonderregelung für mehr Zuwanderung in unsere Sozialsysteme zu missbrauchen", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. "Die Botschaft des Koalitionsvertrags ist klar: Wir wollen weniger, nicht mehr Zuwanderung."
Der stellvertretenden Vorsitzenden der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Harbarth, forderte Vorrang für integrationswillige Flüchtlinge beim Familiennachzug. "Wer sich anstrengt und fleißig ist, wer Deutsch lernt und seinen Lebensunterhalt durch Arbeit sichert, muss beim Nachzug seiner Familien deutlich besser gestellt werden als der, der das nicht tut", sagte der CDU-Politiker der "Rhein-Neckar-Zeitung".
Flüchtlingsorganisationen und Sozialverbände kündigten Widerstand gegen Seehofers Pläne an. Der Paritätische Wohlfahrtsverband bezeichnete den Gesetzentwurf aus dem Innenministerium als "Gipfel der Inhumanität". Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider klagte, mit derart hohen Hürden werde der Familiennachzug nahezu abgeschafft.
Quelle: n-tv.de
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