Die Antrittsrede von Donald Trump im Januar 2017 war faszinierend. Gebannt sah die Welt zu, wie der neue US-Präsident krampfhaft versuchte, spaltende Botschaften als einende zu formulieren. Eine davon war: Dem "kleinen Mann" endlich das zu verschaffen, was ihm bislang vorenthalten wurde. Für seinen Populismus brauchte er Schuldige, und die lebten im "Sumpf". Dessen Trockenlegung hatte Trump in seinem Wahlkampf permanent angekündigt: "Drain the swamp!"
Also stand der frisch vereidigte Staatschef vor dem Kapitol und schwor, dass die "vergessenen Männer und Frauen unseres Landes nicht länger vergessen werden". Eine kleine Gruppe habe die Früchte der Regierung geerntet, während die anderen die Kosten trugen. "Diese Menschen hatten nichts davon, dass Washington florierte."
Mehr als ein Jahr später ist einiges geschehen, aber anders als angekündigt. Trump und sein Umfeld haben ein profitables Plätzchen in der Hauptstadt gefunden. Nexus der öffentlichen Selbstbereicherung in Washington ist das Trump International Hotel, wo internationale Delegationen und Lobbyisten drei Blocks vom Weißen Haus entfernt ein und ausgehen - und Geld in die Taschen des Trump-Clans spülen. Der Präsident hatte das altehrwürdige ehemalige Postgebäude rund zwei Wochen vor der Wahl seiner neuen Bestimmung zugeführt.
Das Hotel ist jedoch nur einer seiner Interessenkonflikte, die bei der Lektüre einer Auflistung im "New York Magazine" deutlich werden. Steckt Trump so tief im Sumpf, dass er von ihm verschluckt wird? Könnte Korruption, und doch nicht die Russlandaffäre Trump sein Amt kosten? Eine Antwort darauf könnte es spätestens geben, wenn es um seine mögliche Wiederwahl geht.
Geld jederzeit abzweigbar
Seit Ende März ermitteln die Staatsanwaltschaften der beiden Bundesstaaten Columbia und Maryland gegen den Präsidenten. Laut ihrer Klage verstößt Trump gegen die Verfassung, da er von ausländischen Regierungen in seinen Hotels Geld akzeptiere. Zudem vermiete er Büros an die Bank ICBC, die von der chinesischen Regierung kontrolliert wird, und auch Russen hätten sich bei ihm eingemietet. Es gibt auch US-Unternehmen, die Trump durch Geschäftsbeziehungen beeinflussen könnten. Ihn etwa zur Steuerreform drängten wie die Investmentbank JPMorgan Chase, die zugleich Mieter in einer seiner Immobilien ist und dafür 1,5 Millionen Dollar pro Jahr zahlt.
Auch Lobbygruppen von Ölfirmen, Versicherungschefs, ausländische Diplomaten und Firmen aus dem militärischen Sektor mieten sich in Trumps Hotel ein und haben dem Bericht zufolge ihre Jahreskonferenzen in Trumps Hotel abgehalten. An diesen Treffen nahmen auch Kabinettsmitglieder teil. Seit Mai 2017 nimmt das Hotel ein Drittel höhere Preise als andere Luxushäuser. Eine zweistellige Millionensumme soll Trump so verdient haben, bis August allein 8 Millionen Dollar mit der Hotelbar und dem Restaurant.
Als frühere Präsidenten ins Amt kamen, überschrieben sie ihre Geschäfte in Stiftungen unter anderem Namen. Trump übertrug sein aus mehr als 500 Firmen bestehendes Unternehmensgeflecht als "Trump Organization" an seine beiden erwachsenen Söhne Eric und Donald Junior. Eine Klausel besagt, dass er von dort jederzeit Geld für sich abzweigen kann. Wenn etwas hereinkommt, denn als Investor sitzt er dem "New York Magazine" zufolge auf einem Schuldenberg von 2,3 Milliarden Dollar. Sein größter Kredit wurde demnach über Goldman Sachs von der Bank of China mitfinanziert.
Trump beobachtet also, wie seine politischen Entscheidungen seine Geschäfte beeinflussen und damit seine Privatfinanzen. Wonach also handelt der Präsident? Nach seinem Kontostand? Investoren und Gläubigern? Oder doch dem vermeintlichen Wählerwillen? Es ist einfach vorstellbar, welchen Einfluss ausländische Firmen oder Regierungen aufs Weiße Haus nehmen könnten, wenn sie die finanzielle Situation von Trumps Familie oder die des Kushner-Clans als Druckmittel ausnutzten.
Gebrochenes Versprechen
Es folgt ein Auszug aus möglichen Interessenkonflikten, wie sie das "New York Magazine" aufgelistet hat. Drei Tage nach Trumps Vereidigung etwa mieteten sich saudi-arabische Diplomaten für 270.000 Dollar fünf Monate lang in Trumps International Hotel ein. Trump stellt sich im Nahen Osten auf deutlichste Weise auf die Seite Saudi-Arabiens. Im März 2017 hält das "American Petroleum Institute" sein Vorstandstreffen im Hotel ab, auch Scott Pruitt, Chef der Umweltbehörde EPA ist dort. Einen Monat später werden Bohrauflagen gestrichen. Im Juli treffen sich Hersteller von E-Zigaretten im Hotel. Zehn Tage später wird verkündet, dass ihre Produkte erst ab 2022 von Bundesbehörden geprüft werden. Im Oktober sind drei Minister anwesend, als sich der Vorstand des Bergbauverbands im Hotel trifft. Fünf Tage später verkündet die Regierung, den "Clean Power Plan", das Erneuerbare Energien Programm von Ex-Präsident Obama, abzuschaffen.
Aber auch abseits des Hotels will Trump sich mit Hilfe seines Amtes bereichern. Schon kurz nach seiner Wahl versucht er den argentinischen Präsidenten Mauricio Macri davon zu überzeugen, ihm die Genehmigung für den Bau eines Trump Towers in Buenos Aires' Zentrum zu verschaffen. Vier Tage nach seiner Vereidigung unterzeichnet er ein Dekret zum Bau der Dakota Pipeline. Er behauptet, die Anteile an der beteiligten Baufirma verkauft zu haben. Zwei Wochen nach Amtsantritt stößt er bei seinem Finanzminister Deregulierungen im Finanzsektor an, seither sind die Börsenwerte von Banken um 30 Prozent gestiegen. Trump besaß 2016 Bankanteile im Wert von 5 Millionen Dollar.
Und so geht die Liste der Geschäftsbeziehungen weiter, die Trump, seine Angehörigen und seine Regierung versuchen zu verschleiern, die aber ohne Weiteres Konflikte auslösen können. Gleichzeitig machen sie mit Steuergeld Skiurlaube in Aspen und Trump jettet in der Airforce One für 142.380 Dollar die Stunde ständig nach Mar-a-Lago, obwohl er vor Amtsantritt gesagt hatte, er werde "kaum das Weiße Haus verlassen, weil so viel Arbeit zu erledigen ist".
Trumps großes Versprechen an die US-Amerikaner war: Ich werde den Menschen außerhalb der Hauptstadt, den "vergessenen Männern und Frauen" mehr Geld in ihren Taschen verschaffen, weil ich der "Dealmaker" bin, der Geschäftsmann, der die Vereinigten Staaten wie ein Unternehmen zum Erfolg führt. Und: Ich werde nicht in meinem Privatinteresse handeln. Doch mit seiner Präsidentschaft bereichert Trump sich und sein Umfeld finanziell, hat zugleich Schulden und ist dadurch politisch beeinflussbar. Er macht genau das, was er an seinen politischen Gegner immer vorwarf. Er legt den Sumpf nicht trocken. Er steckt mittendrin und nährt ihn.
Quelle: n-tv.de
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