Sie wirkten fast ein wenig beleidigt, zumindest aber desillusioniert. Wie konnten sie nur dieses Spiel verlieren? Hatten sie nicht die besseren Torchancen gehabt? Und auch noch viel mehr davon als der Gegner? Waren sie an diesem Mittwochabend nicht die aktivere, gar die bessere Fußballmannschaft gewesen? Nun hat der FC Bayern aber sein Halbfinale in der Champions League mit 1:2 (1:1) gegen Real Madrid verloren und fährt wie im vergangenen Jahr, seinerzeit allerdings im Viertelfinale, mit schwerer Hypothek zum Rückspiel. Das findet am 1. Mai, im Estadio Santiago Bernabéu statt.
Bis dahin sollten die Münchner die Frage klären, die sie nach dieser für sie so unerfreulichen Partie doch arg zu quälten schien: Wie konnte das passieren? Der nach 34 Minuten für den verletzten Jérôme Boateng eingewechselte Innenverteidiger Niklas Süle sagte: "Wenn wir 5:2 gewonnen hätten, hätte sich bei denen keiner beschweren können." Er habe "selten so ein schwaches Real Madrid in München gesehen". Leider hat er nicht gesagt, was das über den FC Bayern aussagt, dass er dennoch verloren hat. Kollege Kimmich antwortete auf die Frage, ob Süles Einschätzung realistisch sein, nur: "7:2!" Auch er glaubt: "Natürlich können wir noch weiterkommen."
Ebenso war Thomas Müller sichtlich sauer. Aber auch er sagte: "Real war absolut verwundbar." Daher sei noch alles drin. Aber: "Wir brauchen eine andere, eine Killermentalität im Abschluss", monierte er. Seine Mannschaft sei schlichtweg zu naiv aufgetreten - "mit zu viel Respekt".
Gut, das ist ein Ansatz, zumindest in der Theorie. Bleibt die Frage, ob sie das ändern können gegen ein Team aus Madrid, das zuletzt zweimal die europäische Königsklasse gewann und viele der 70.000 Zuschauer im ausverkauften Münchner Stadion mit seiner gnadenlosen Effizienz beeindruckte. Diese Mannschaft ist eine Maschine, die nicht immer rundläuft, aber stets noch etwas zuzulegen hat. Vor dieser Partie lautete die Frage, zu was dieser FC Bayern fähig ist. National fehlt ihm die Konkurrenz, auch in der Champions League musste er mit Beşiktaş im Achtelfinale und danach dem FC Sevilla nicht die ganz großen Kaliber knacken. Noch beim 0:0 im Rückspiel gegen Sevilla hatten die Bayern die Theorie vom guten Pferd gezeigt. Das springt nun einmal nicht höher, als es muss. Ihr Problem ist: Nun sind sie einem solchen Pferd unterlegen.
n-tv
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