Keine erkennbaren Fortschritte in den zentralen Streitfragen, aber auch kein Eklat und keine Peinlichkeiten - das ist die Bilanz der zweieinhalbstündigen Stippvisite von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Weißen Haus.
Wenn das Verhältnis von Donald Trump und Merkel tatsächlich "eisig" ist, wie die "Washington Post" unter Berufung auf Insider geschrieben hatte, dann überspielte der US-Präsident das gut. Mehrfach sagte er, es sei ihm eine "Ehre", dass Merkel ihn besuche. Sie hätten schon "viele produktive Telefonate" geführt. "Wir haben ein tolles Verhältnis zueinander."
Tatsächlich hatte es eine mehrmonatige Funkstille zwischen den beiden gegeben. Jetzt jedoch drängt die Zeit: Die Kanzlerin kam nach Washington, um Trump zu bewegen, Europa weiterhin von seinen Strafzöllen auf Aluminium und Stahl auszunehmen. Ob das funktioniert hat, war nach der gemeinsamen Pressekonferenz der beiden weiterhin unklar. Trump selbst gab keinen Hinweis, ob er die in wenigen Tagen auslaufenden Ausnahmeregelungen für die EU verlängern will. "Wir wollen es fairer gestalten und die Kanzlerin will es auch fairer gestalten", sagte Trump. Am Ende würden "alle sehr froh sein".
Merkel zeigte sich verständnisvoll, schien aber auch nicht zu wissen, wie es weitergeht - aber vielleicht sollte es auch nur nicht danach aussehen, als sei Trump eingeknickt. "Der Präsident wird entscheiden, das ist klar", sagte sie, während Trump lächelnd neben ihr stand. "Wir haben uns ausgetauscht über den Stand der Verhandlungen und die jeweiligen Einschätzungen dazu. Die Entscheidungen liegen beim Präsidenten."
"Wir werden sehen"
Ganz ähnlich antwortete Merkel auf eine Frage nach dem Iran-Abkommen - dem zweiten schwierigen Thema zwischen Europa und den USA. Ein amerikanisches Gesetz sieht vor, dass Trump bis zum 12. Mai entscheiden muss, ob er wieder Sanktionen gegen den Iran in Kraft setzt. Das wäre das Ende des Abkommens, das dem Iran verbietet, Atomwaffen zu entwickeln. Merkel gab dem US-Präsidenten Recht, dass dieses Abkommen "alles andere als perfekt" sei und auch nicht alle Probleme löse, die es mit dem Iran gebe. Es sei aber "ein Baustein", auf dem man aufbauen könne. "Nun werden wir sehen, welche Entscheidungen hier auf amerikanischer Seite gefällt werden." Da klang Merkel ein bisschen wie Trump, der nicht selten "wir werden sehen" sagt.
Kurzum: Derzeit sieht es so aus, als stehe Merkel mit leeren Händen da. Als Trost kann sie jedoch dreierlei mitnehmen: Erstens hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron trotz seines Kumpel-Verhältnisses zu Trump bei seinem Staatsbesuch Anfang der Woche auch nicht mehr erreicht. Zweitens ist noch nicht ausgemacht, dass die deutsch-französische Doppeldiplomatie erfolglos war. Und drittens hat Trump ihr einen durchweg freundlichen Empfang bereitet. So verzichtete er beispielsweise darauf, Merkel für die deutsch-russische Gaspipeline North Stream 2 zu rügen.
Selbst im alten Streit um die Höhe der Verteidigungsausgaben bemühte Trump sich um eine gemäßigte Wortwahl. Bei Merkels erstem Besuch vor einem Jahr hatte er noch gesagt, Deutschland "schulde" den USA "massive Summen" für die Verteidigungspolitik. In dieser Ausdrucksweise war das stark überzogen. Dieses Mal sagte Trump, Deutschland müsse wie alle Nato-Staaten seine Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts hochfahren - er fügte hinzu, es werde "hoffentlich sehr viel mehr" tun, aber letztlich sprach er völlig korrekt vom Zwei-Prozent-Ziel, auf das sich die Bundesregierung schon vor Jahren verpflichtet hat.
n-tv
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