Merkel, Macron und "America only"

  30 April 2018    Gelesen: 1650
Merkel, Macron und "America only"

Der französische Präsident und die Bundeskanzlerin "schmieren einem narzisstischen US-Präsidenten Honig ums Maul", um Donald Trump davon zu überzeugen, den Iran-Deal zu verlängern und die EU von Strafzöllen auszunehmen. Mit Erfolg?

 

Wenn sich die beiden wichtigsten europäischen Staatschefs innerhalb von nur einer Woche mit dem mächtigsten Mann der Welt treffen, sollte man davon ausgehen, dass große Politik gemacht wird. Konjunktiv deshalb, weil nach den Besuchen von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel beim US-Präsidenten nicht viel Zählbares herauskam - zumindest auf den ersten Blick. Ob die Doppelvisite- und Strategie der Europäer dennoch aufgeht und Donald Trump bei den richtungsweisenden Entscheidungen der kommenden zwei Wochen doch noch auf die Linie Macrons und Merkels umschwenkt, möchte "Anne Will" in ihrer gleichnamigen Sendung am Sonntagabend von ihren Gästen wissen.

Im Studio Platz genommen haben Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), Industrieverbandschef Dieter Kempf, Jürgen Trittin von den Grünen, die "Spiegel"-Journalistin Christiane Hoffmann sowie der ehemalige US-Botschafter in Deutschland, John Kornblum.

"Er sagt immer, er ist der Entscheider, aber im Endeffekt ist es doch so: Zuerst kam der Mit-Narzissist, die haben sich gegenseitig bewundert, und dann kam die wichtigste Politikerin der Welt", sagt der Ex-Botschafter und resümiert: "Ich denke schon, dass das Eindruck auf Trump gemacht hat." Christiane Hoffmann ist da skeptischer: "Wir wissen nicht, ob sie [Merkel, Anm. d. Red.] überhaupt etwas erreicht hat. So wie es jetzt aussieht, ist sie mit leeren Händen nach Hause zurückgekommen."

Bluffen, pokern, spielen


"Es wurde wieder die Illusion geweckt, dass man diesem narzisstischen Präsidenten Honig ums Maul schmieren könnte, wenn man ihm nur gut zuredet. Das ist natürlich eine unglaublich naive Perzeption", sagt die "Spiegel"-Journalistin. Vor allem der französische Präsident sei "politisch wirkungslos" geblieben: "Im Falle von Macron war das eine Art von Ranschmeißen, die höchst zweifelhaft war." Merkels etwas nüchterneres Entgegenkommen, "mit der Karte der Pfalz", Trumps alter Heimat, gefiel Hoffmann dagegen etwas besser, nur: "So empathisch hätte sie schon vor einem Jahr in die Gespräche gehen sollen."

Aber wie ist das denn nun mit den großen Entscheidungen der kommenden Wochen? Am 1. Mai endet die Schonfrist für die US-Einfuhrzölle auf Stahl und Aluminium, EU-weit stehen "bis zu 160.000 Jobs auf dem Spiel", wie Industrieverbandschef Kempf betont. "Es darf keinen Handelskrieg geben, unabhängig davon, wie die Entscheidung am 1. Mai ausfällt", gibt Wirtschaftsminister Altmaier die Richtung der Bundesregierung vor. "Ein Land wie Deutschland, das als Exportnation an der Spitze der Welt steht, hat ein Interesse daran, dass die Wirtschaft nicht in einen Protektionismus wie vor 30 Jahren zurückfällt."

Jürgen Trittin hält das für die falsche Taktik im Umgang mit dem US-Präsidenten: "Wenn man einen Handelskrieg vermeiden will, muss man sich eher so verhalten wie Donald Trump - und sagen, dass man davor keine Angst hat." Bluffen, pokern, spielen - eine vertrauensvolle Beziehung sieht anders aus. "Wir müssen uns klarmachen, dass das transatlantische Verhältnis in einer Krise ist, wie wir sie noch nie gesehen haben", schlussfolgert Trittin.

Das liegt natürlich auch am Iran-Abkommen, das Trump für den "schlechtesten Deal aller Zeiten" hält und am 12. Mai am liebsten nicht verlängern würde, während die Europäer ein Platzen des Deals unter allen Umständen verhindern wollen. "Wenn das Iran-Abkommen zerbricht, dann werden in der Nachbarschaft andere anfangen, Uran anzureichern. Saudi-Arabien, Ägypten und andere werden nach der Bombe greifen", warnt Trittin. Die Ratlosigkeit ob der Frage, wie man Trump dazu bewegen könnte, den Deal doch noch zu verlängern, steht den Talkgästen in die Gesichter geschrieben.

Die Antwort des Industrieverbandschefs fällt dann auch recht hilflos aus: "Es ist viel interessanter, mit den Gouverneuren zu reden. Die scheinen viel mehr an einem konstruktiven Miteinander interessiert zu sein. Aber man kann ja nicht nicht miteinander reden, an der US-Regierung geht kein Weg vorbei", sagt Kempf. "Vieles von dem, was unter dem Label 'America First' subsummiert wird, ist eigentlich 'America only'." Um die Interessen der EU zu wahren, müsse deshalb geschickt verhandelt werden, mahnt der Industrieboss. Eines scheint aber bereits sicher zu sein: Europa wird den USA weiter entgegenkommen als andersherum. "Es ist ein hartes Brot, dass Trump mit seiner Methode der kompromisslosen Konfrontation wohl mehr erreicht als alle Präsidenten vor ihm", seufzt John Kornblum - eine bittere Erkenntnis.

Quelle: n-tv.de


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