Der frühere Extrembergsteiger Reinhold Messner plädiert für eine zeitweilige Sperrung von Pässen in den Dolomiten. Man könne den Tourismus in der italienischen Alpenregion damit im Sommer in Bahnen lenken, sagte der 73-Jährige. "Zu den Bergen gehört eine bestimmte Stille, eine bestimmte Entschleunigung, eine unverbrauchte Landschaft", sagte er. Es gehe langfristig darum, die "Aggression des Tourismus" auszusperren.
"Die Leute könnten sich wieder verständigen, wenn sie irgendwo klettern. Wenn Autos in Kolonnen zu Tausenden stehen, verstehen sie ihr eigenes Wort nicht mehr, weil alle hupen, wenn es nicht weitergeht", sagte Messner. "Es geht nicht an, dass wir in den Bergen die gleiche Aggression, den gleichen Lärm, die gleiche Luftverschmutzung haben wie in den Ballungszentren. Die Leute kommen aus diesen Gründen aus den Städten zu uns - und dann finden sie es hier noch schlimmer vor. Das ist ja Wahnsinn."
"Jeder Neubau muss überlegt werden"
Messner schlug vor, bestimmte Pässe etwa von 10 Uhr bis 16 Uhr für Autos zu sperren. In der Zeit könnten Radler fahren und Wanderer die Ruhe genießen. "Früher oder später müssen die gesamten Dolomiten eine Logistik bekommen: dass der und der Pass zu ist, und vielleicht hier und da einer offen - damit sich der Tourismus besser verteilt." Wo Bergbahnen und andere Infrastrukturen bereits gebaut seien, gebe es kein Zurück mehr. Deshalb müsse jeder Neubau genau überlegt werden. Am Riedberger Horn etwa habe der Umweltgedanke gesiegt.
Das Wandern schade den Bergen nicht, sagte der Extrembergsteiger. Auch die Mountainbiker und die neu hinzugekommenen E-Biker könne man nicht verbannen, obwohl E-Bikes ihren Strom "irgendwo aus der Steckdose" bekämen, "Atomstrom aus Frankreich vielleicht". Die Abgrenzung von Wegen für Radler und Wanderer müsse lokal entschieden werden. "Da gibt es Diskussionsbedarf und lokalen Entscheidungsbedarf. Aber keine vernünftige Berggemeinde, die vom Tourismus lebt, wird die Biker ausgrenzen."
Reinhold Messner ist einer der bekanntesten und erfolgreichsten Bergsteiger aller Zeiten. Als erster Mensch bestieg er alle 14 Achttausender. Am 8. Mai 1978 schaffte er gemeinsam mit Peter Habeler erstmals die Besteigung des 8848 Meter hohen Mount Everest ohne künstlichen Sauerstoff. Er durchquerte die Antarktis, Grönland und die Wüste Gobi. Messner schrieb mehrere Bücher und unterhält das Messner Mountain Museum. Inzwischen lässt er es ruhiger angehen: "Ich will nicht mehr müssen", sagte er.
spiegel
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