Beirut (dpa) - Zum ersten Mal seit neun Jahren wird am Sonntag im Libanon wieder ein Parlament gewählt. Die Abstimmung findet unter dem Einfluss des Krieges im Nachbarland Syrien und dem Machtkampf zwischen Saudi-Arabien und dem Iran statt. Angesichts politischer Krisen hatte das Parlament des Zedernstaates sein 2013 abgelaufenes Mandat mehrfach eigenständig verlängert. Jetzt kommt ein neues Wahlgesetz zur Anwendung. Einige Beobachter halten einen Zuwachs für die vom Iran unterstützte Hisbollah für möglich.
Der eigentliche Wettbewerb werde zwischen zwei Koalitionen ausgetragen, sagt Wahlexperte Kamal Feghali. Auf der einen Seite steht der Ministerpräsident Saad Hariri als enger Verbündeter des Westens und des sunnitischen Saudi-Arabiens, auf der anderen Seite ist die vom Iran unterstützte schiitische Hisbollah. Diese könnte nach Einschätzung von Beobachtern vom neuen Wahlgesetz profitieren, erstmals kommt ein Proporzsystem zur Anwendung.
Es gewinnt nicht mehr wie in der Vergangenheit die Partei mit den meisten Stimmen in einem Bezirk alle jeweiligen Sitze für das Parlament - stattdessen ist die Verteilung nun abhängig von den Stimmenanteilen. Dadurch sollen auch kleinere Parteien begünstigt werden. Experten rechnen jedoch mit wenig neuen Gesichtern. Jeweils die Hälfte der 128 Sitze im Parlament geht an Muslime und Christen.
Vertreter der Zivilgesellschaft und Nichtregierungsorganisationen hatten im Vorfeld Korruption und ausländische Einflussnahme auf die Wahl kritisiert. Bei der Wahl treten deutlich mehr Frauen an als in vergangenen Jahren - 111 der insgesamt 583 Kandidaten sind weiblich. Derzeit sitzen nur vier weibliche Abgeordnete im Parlament.
Im Libanon leben rund sechs Millionen Menschen, wahlberechtigt sind etwa 3,6 Millionen. Das Land hat nach offiziellen Angaben rund eine Million syrische Flüchtlinge aus dem Nachbarland aufgenommen. Bei einer internationalen Geberkonferenz waren für den Libanon jüngst rund elf Milliarden US-Dollar (rund neun Milliarden Euro) an den Krediten und Spenden bereitgestellt worden.
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