Ruf nach Fachkräftezuwanderung wird lauter

  06 Mai 2018    Gelesen: 2520
Ruf nach Fachkräftezuwanderung wird lauter

Für zwei von drei Betrieben in Deutschland ist Fachkräftemangel Geschäftsrisiko Nummer eins. Die Agentur für Arbeit und die SPD dringen deshalb auf ein schnelles Gesetz zur Fachkräftezuwanderung. Die OECD will, dass Bewerber schon in der Heimat Deutsch lernen.

 

Angesichts des wachsenden Arbeitskräftemangels in Deutschland fordert der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Detlef Scheele, Zuwanderung von Fachkräften per Gesetz. Auch die SPD dringt auf eine schnelle Umsetzung des entsprechenden Koalitionsprojekts. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) macht sich dafür stark, dass potenzielle Einwanderer bereits vor der Einreise Deutsch lernen.

"Wir brauchen ein Fachkräftezuwanderungsgesetz", so Scheele: Das Arbeitskräftepotenzial steige langsamer als die Beschäftigung. "Unsere Forscher rechnen für dieses Jahr mit 760.000 zusätzlichen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen, aber nur mit 260.000 zusätzlichen potenziellen Erwerbspersonen zwischen 15 und 65 Jahren", sagte er. "Wir werden die Lücke nicht alleine durch Inländer und EU-Ausländer decken können", so der Chef der BA. Nötig sei ein Gesetz, das die Regeln zur Einwanderung systematisiere. "Aus unserer Sicht sollten Fachkräfte und keine Ungelernten zuwandern können."

Union und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag auf ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz verständigt, "das den steigenden Bedarf an Fachkräften durch Erwerbsmigration neu und transparent regelt". Nun dringt die SPD darauf, "dass wir schnell einen Gesetzentwurf bekommen", wie die Vize-Vorsitzende der SPD-Fraktion, Eva Högl, vor wenigen Tagen sagte. Dem Innenressort von CSU-Minister Horst Seehofer wollen die Sozialdemokraten das Projekt nicht alleine überlassen. Das Arbeitsministerium von Minister Hubertus Heil solle "ein gewaltiges Wörtchen" mitreden, so Högl.

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius sagte, die SPD werde darauf dringen, dass das Gesetz nicht "nach hinten geschoben" werde. Soweit es bei der Union hier noch "ideologische Fesseln und Hemmnisse" gebe, müssten diese rasch abgelegt werden.

Zuwanderer sollen Arbeitsplatzzusage haben


Laut Arbeitsmarktreport 2018 des Deutschen Industrie- und Handelskammertages ist für 60 Prozent der deutschen Betriebe der Fachkräftemangel heute Geschäftsrisiko Nummer eins. Insgesamt könnten rund 1,6 Millionen Stellen längerfristig nicht besetzt werden. Doch was soll konkret geschehen? "Man sollte potenzielle Migranten dazu bringen, vor der Einreise Deutsch zu lernen", so Thomas Liebig, leitender Ökonom der OECD-Abteilung für Internationale Migration. Ein Land wie Südkorea zeige, dass dies möglich sei. Hunderttausende hätten bereits in ihren Heimatländern koreanische Sprachtests abgelegt.

"Wenn die Zuwanderer Deutsch können sollen, wird man ein System der Sprachkurse im Ausland aufbauen und finanzieren müssen", meint Scheele. "Das ist kein Hexenwerk. Es gibt bereits die Goethe-Institute." Zudem sei eine zentrale Stelle für die Anerkennung der Qualifikation wichtig. "Und ich bin unter den derzeitigen Bedingungen dafür, dass alle, die auf diese Weise zuwandern wollen, eine Arbeitsplatzzusage brauchen", sagte Scheele. "Je niedriger die Hürden sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass doch Ungelernte kommen." Der BA-Chef forderte einen baldigen Dialog zwischen Arbeitgebern, Gewerkschaften und Koalitionsparteien über diese Fragen.

"Wettbewerb um die besten Köpfe weltweit"


Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft hatte bereits im April darauf gedrungen, die Attraktivität Deutschlands für international mobile Fachkräfte zu steigern. Auch sollten mehr junge Menschen für eine Ausbildung im Land gewonnen werden, so dass sie dann auch in Deutschland bleiben.

So sei die Zahl der Beschäftigten zwischen 2012 und 2017 um 2,88 Millionen auf den Rekordwert 32,16 Millionen gestiegen - um 1,61 Millionen Inländer und 1,28 Millionen Ausländer, davon 889.000 EU-Zuwanderer und nur 386.000 aus Drittstaaten. Auf längere Sicht sei Deutschland auf Zuwanderer aus diesen Ländern angewiesen, da auch die anderen EU-Länder vom demografischen Wandel betroffen seien und Arbeitskräfte bräuchten.

Bei den hier beschäftigten Indern beispielsweise habe es binnen fünf Jahren einen Anstieg um 20.000 auf 37.000 gegeben. "Es gibt einen Wettbewerb um die besten Köpfe weltweit", sagte Scheele. Im Übrigen zünde das Argument nicht, dass wegen der vielen Flüchtlinge keine Fachkräftezuwanderung nötig sei. "Das sind zwei unterschiedliche Dinge."

Quelle: n-tv.de


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