Kampf um die Weltordnung: Das große Spiel hat begonnen

  11 Mai 2018    Gelesen: 692
Kampf um die Weltordnung: Das große Spiel hat begonnen

Donald Trump als Sargnagel der prowestlichen Weltordnung: Der am 8.Mai getroffene Beschluss des US-Präsidenten, aus dem Atomdeal mit dem Iran auszusteigen, wird das bisher bestehende System der internationalen Beziehungen vollends umkrempeln.

Die internationalen Beziehungen stehen derzeit am Ende des Übergangs von der bipolaren Phase (die formell im August 1991 mit dem Zerfall der Sowjetunion endete), der unipolaren und der multipolaren Phase (1991-2018) zu einer wahren multipolaren Welt.

Obwohl einige Strukturen, die in der bipolaren Phase entstanden waren, darunter UNO, EU und Nato, weiterhin formell bestehen, beendet die Politik Trumps de facto die effektive Tätigkeit dieser Organisationen, weil sich die USA unter der aktuellen Administration in einen komplett selbstständigen Pol der multipolaren Welt verwandelt haben.

Die heutige Außenpolitik der USA ähnelt der Politik der Administration des ersten Drittels des 20. Jahrhunderts – von Theodor Roosevelt bis Herbert Clark Hoover, Vorgänger von Franklin Delano Roosevelt. Wie auch damals verfügen die USA über eine bedeutende Wirtschafts- und Finanzstärke, doch die Diplomatie der künftigen (damals) und der ehemaligen (heute) Supermacht erscheint ziemlich plump, ist auf private Aufgaben ausgerichtet und hat Gelächter bei den europäischen Meistern der internationalen Intrigen ausgelöst.

Die britische Zeitung „Financial Times“ berichtete vor kurzem traurig:

Das erste Opfer des Beschlusses Trumps wurde die Weltordnung, genauer gesagt, was von ihr übrig geblieben ist. Jetzt sind die USA in einer Gruppe mit Israel und Saudi-Arabien, auf einer Seite des toxischen Verstoßes gegen das Völkerrecht. Auf der anderen Seite sind China, Russland, Europa und der Iran. Zu dieser Liste sollte man auch Japan, Indien, Australien und Kanada hinzufügen. Es ist schwer vorstellbar, dass dieser Graben nicht größer wird. Trump hörte nicht auf die Bitten der engsten Verbündeten. Emmanuel Macron und Angela Merkel reisten sogar nach Washington, um für ihre Positionen zu werben. Doch sie kehrten mit nichts zurück.

Der Ausstieg der USA aus dem Gemeinsamen Aktionsplan zum Iran ist ein unfreundlicher Akt nicht nur gegenüber dem Iran, sondern auch gegenüber den fünf führenden Mächten – Russland, Großbritannien, China, Frankreich, Deutschland. Russlands Außenministerium betonte in einer Stellungnahme zum Beschluss Trumps die „fehlende Verbündetenfähigkeit„ der USA.

Derzeit kursieren viele Versionen, was genau der Grund für den Beschluss der USA war – die Notwendigkeit, dem Iran die eingefrorenen Milliardensummen zurückzahlen, die Erfüllung der Verpflichtung vor der Republikanischen Partei, der erwünschte Übergang zu einer Militäroperation gegen den Iran oder einfach der abenteuerliche Geschäftsstil Trumps, bei dem der Opponent zerschlagen werden soll.

In der Tat sind nicht so sehr die Gründe, sondern die Folgen wichtig.

Wenn es um die Gefahr der Umsetzung des militärischen Atomprogramms Irans und der Arbeitsfähigkeit des Atomwaffensperrvertrages geht, muss hervorgehoben werden, dass der Teheran nun freien Handlungsspielraum hat, um jeden Beschluss zu treffen. Es liegt auf der Hand, dass sich nichts bedeutend geändert hat.

Trotz der Existenz des Atomwaffensperrvertrags im Laufe von mehreren Jahrzehnten hinderte das kaum jemanden von denen, die diese Massenvernichtungswaffen bekommen wollten, dies zu tun – Nordkorea, Südafrika, Indien, Pakistan und Israel. Bezüglich Israels gibt es keine offizielle Bestätigung des Vorhandenseins von Atomwaffen, doch kaum jemand zweifelt daran, dass Israel die sechste Atommacht ist.

Einfacher gesagt: Hätten die Iraner tatsächlich eine Atombombe bekommen wollen, hätten sie es getan, als sie es wollten. Argentinien und Brasilien verheimlichten bereits in den 1980er- und 1990er-Jahren nicht, dass sie bei Bedarf Atomwaffen und Atom-U-Boote innerhalb von rund fünf Jahren bauen könnten.

Noch interessanter sieht der zweite Teil des Problems aus – warum ist der Iran so viel schrecklicher als andere inoffizielle Teilnehmer des atomaren Klubs?

Interessant ist auch, dass der engste strategische Verbündete der USA, Großbritannien, de facto den Verzicht auf gemeinsame Handlungen mit Washington beim Ausstieg aus dem Atomdeal erklärte.

Der britische Außenminister Boris Johnson sagte:

„Jetzt, da die Administration Trumps aus dem Gemeinsamen Aktionsplan ausgestiegen ist, trägt sie die Verantwortung für die Feststellung, wie genau Washington ein neues abgestimmtes Abkommen erreichen will, das unseren gemeinsamen Befürchtungen entsprechen wird, das unbedingt den Iran, China und Russland sowie auch die Länder in der Region umfassen muss. Großbritannien ist bereit, diese Aufgabe zu unterstützen, dennoch werden wir uns bemühen, die dank des Aktionsplans erreichten Erfolge aufrechtzuerhalten“.

Johnson drückte zwar die Bereitschaft zur Kooperation mit den USA aus, doch die von ihm gestellte Bedingung schließt eine solche Kooperation de facto aus. Die vom britischen Chefdiplomaten genannten Länder können die Rückkehr der USA in den Aktionsplan begrüßen, würden jedoch nicht dem Abkommen beitreten, das die USA nun statt des Aktionsplan abschließen möchten.

Der Preis der unabhängigen Politik Trumps ist de facto der Verlust der Führungsrolle der USA unter den westlichen Ländern – NATO, EU, G7, weil der Anführer, der sich nicht um die Interessen seiner Verbündeten kümmert, unvermeidlich ihre Unterstützung verlieren wird.

Damit ist in der internationalen Arena eine Zeit individueller Akteure gekommen. Doch es gibt seit langem keine Instrumente mehr wie das alte Konzept des Gleichgewichts der Kräfte; und die multilateralen Abkommen sowie die internationalen Organisationen wurden wieder diskreditiert – und diesmal wohl endgültig.

sputniknews


Tags:


Newsticker