Wunschkandidat des Westens bei Wahl im Irak in Führung  

  14 Mai 2018    Gelesen: 888
Wunschkandidat des Westens bei Wahl im Irak in Führung
 

Bagdad (Reuters) - Bei der ersten Parlamentswahl im Irak nach dem Sieg über die Extremistenmiliz IS liegt das Lager von Regierungschef Haider al-Abadi offenbar in Führung.

Abadi, der als einer der wenigen irakischen Politiker Verbindungen zu den USA und dem Iran unterhält, gilt als der Wunschkandidat des Westens. Hinter ihm liege der einflussreiche schiitische Prediger Moktada al-Sadr, verlautete am Sonntag aus Kreisen der Wahlkommission und der Sicherheitsbehörden. Sollte sich dies bestätigen, hätte der Kleriker, der von 2003 bis 2011 einen Aufstand gegen die US-Truppen im Land führte, ein überraschendes Comeback geschafft. An dritter Stelle liegt den Informationen zufolge der Anführer der wichtigsten Schiiten-Miliz im Land, Hadi al-Amiri, der enge Beziehungen zum Iran pflegt. Das offizielle Wahlergebnis soll erst am Montag bekanntgegeben werden. Die Beteiligung fiel mit 45 Prozent nach Auszählung von gut 90 Prozent der Stimmen deutlich niedriger aus als bei früheren Abstimmungen.

Wer auch immer die Wahl im Irak gewinnt, wird sich mit den Konsequenzen des Ausstiegs der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran befassen müssen. Dies dürfte die ohnehin fragile Region weiter destabilisieren, in der der Iran als Schutzmacht der Schiiten und Saudi-Arabien als Schutzmacht der Sunniten um die Vorherrschaft ringen. Der Iran hatte seinen Einfluss im Irak zuletzt ausgebaut, da er die dortigen Schiitenmilizen im Kampf gegen den IS unterstützte und damit wesentlich zum Sieg über die Extremisten beitrug. Viele Sunniten im Irak betrachten diese Entwicklung jedoch mit Misstrauen.

NEUER REGIERUNGSCHEF MUSS ALLEN VOLKSGRUPPEN GERECHT WERDEN

Eine wichtige Aufgabe des neuen Regierungschefs wird es daher sein, die Volksgruppen der Sunniten, Schiiten und Kurden angemessen an der Macht zu beteiligen und die Einheit des Landes zu wahren. Die Mehrheit der Iraker bekennen sich zum schiitischen Islam. Das Land wurde mit Saddam Hussein aber Jahrzehnte lang von einem Sunniten beherrscht, der brutal gegen Schiiten und Kurden vorging.

Im Wahlkampf spielte eine große Rolle, wie eng die Verbindungen der jeweiligen Kandidaten zum Iran sind. Als größte Rivalen Abadis galten sein Vorgänger Nuri al-Maliki und Amiri, die beide stärkere Beziehungen nach Teheran haben als der amtierende Regierungschef. Maliki ist vielen Sunniten verhasst. Ihm wird vorgeworfen, die Sunniten unter seiner Regierung unterdrückt zu haben. Als der IS 2014 den Irak überrannte und ein Drittel des Landes unter seine Kontrolle brachte, musste Maliki abtreten. Neuer Regierungschef wurde Abadi, ein in Großbritannien ausgebildeter Ingenieur, dem manche Iraker mangelndes Charisma und Ineffektivität vorwarfen. Mit Hilfe des US-Militärs und vom Iran unterstützten Schiitenmilizen gelang es ihm jedoch, den IS zurückzuschlagen, was seine Stellung stärkte.

ARME UND HOFFNUNGSLOSE WÄHLEN SADR

Gewinnt Abadi mit seiner Liste die Wahl, stehen ihm noch Koalitionsverhandlungen bevor. Binnen 90 Tagen muss er eine Regierung bilden. Der Prediger Sadr, der derzeit offenbar an zweiter Stelle liegt, hat seine Anhänger unter den jungen Irakern, den Armen und Hoffnungslosen. Er hält Abstand zur Führung in Teheran und hat ein Bündnis mit Kommunisten und anderen weltlichen Anhängern gebildet, die seine Proteste gegen die Regierung 2016 unterstützten. Sadr verlangte von Bagdad damals, endlich gegen die grassierende Korruption vorzugehen. Sadrs Popularität gründet stark auf seinem Vater, dem angesehenen Großajatollah Mohammed Sadek al-Sadr, der 1999 wegen seines Widerstands gegen Saddam Hussein ermordet wurde.

Amiri, der offenbar an dritter Stelle liegt, spielte mit seiner Badr-Bewegung eine Schlüsselrolle beim Sieg über den IS. Einige Iraker lehnen ihn jedoch wegen seiner engen Verbindungen nach Teheran ab. Seit dem Sturz Saddams vor 15 Jahren ist der Posten des Ministerpräsidenten für einen Schiiten reserviert. Der Parlamentspräsident ist ein Sunnit, das weitgehend zeremonielle Amt des Staatspräsidenten geht an einen Kurden. Alle drei werden vom Parlament gewählt.


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