Trump stärkt deutsch-russische Beziehungen

  15 Mai 2018    Gelesen: 995
Trump stärkt deutsch-russische Beziehungen

Nach dem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran befindet sich Deutschland in einer ungewohnten Situation: Zusammen mit Russland und China arbeitet man gegen die Politik des Weißen Hauses. Sicherheitsexperten sehen darin ein Risiko.

 

Die Verärgerung der Europäer über US-Präsident Donald Trump sitzt tief. "Wenn wir immer sagen, wenn es uns mal nicht passt und wir international keine Ordnung hinbekommen, dann macht halt jeder, worauf er Lust hat, dann ist das eine schlechte Nachricht für die Welt", hatte Kanzlerin Angela Merkel schon vergangene Woche kritisiert. Und plötzlich erscheint die Kluft zu schwierigen Ländern wie Russland und China nicht mehr so groß wie bisher: Wie die Bundesregierung und anders als Trump wollen diese an der multilateralen Ordnung bei Klima, Handel und Iran festhalten.

Nun bemüht man sich in Berlin intensiv um Russland: CDU-Außenminister Heiko Maas, CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier und am Freitag auch Merkel machen der russischen Regierung ihre Aufwartung. Dies hat nach Darstellung der Bundesregierung vor allem mit kurzfristigen Zielen zu tun. Denn Europäer, Russen und Chinesen wollen unbedingt das Atomabkommen mit dem Iran retten. "Trump belastet mit seinen Alleingängen das transatlantische Verhältnis massiv. Er zwingt uns Europäer, gemeinsam mit China und Russland teilweise gegen die Politik des Weißen Hauses zu arbeiten", sagt der außenpolitische Sprecher der Grünen, Omid Nouripour.

Das bringt Deutschland in eine seltsame Position in der zunehmend schwierigen Gemengelage. Einerseits verteidigt Merkel die im Ukraine-Russland-Krieg verhängten EU-Sanktionen gegen Moskau. Andererseits versucht man zusammen mit Russland die Sanktionsfolgen beim Iran-Thema für Firmen aus Drittstaaten abzuwenden. Und bei den US-Sanktionen gegen russische Oligarchen will Berlin wiederum erreichen, dass es zumindest keine negativen Folgewirkungen auf EU-Firmen gibt.

Transatlantische Beziehungen leiden unter Trump


Dazu kommt aber die grundsätzliche Frage: Wie tragfähig ist das transatlantische Verhältnis mit einem US-Präsidenten Trump überhaupt noch? Immerhin antwortete in einer Umfrage der Atlantik-Brücke und des American Council on Germany ein Fünftel der Deutschen, dass sie gar nicht mehr an gemeinsame Werte der USA und Europas glauben. In deutschen Medien häufen sich die vernichtenden Kommentare über Trump und den Zustand der transatlantischen Beziehungen. "Widerstand gegen Amerika", fordert "Spiegel"-Chefredakteur Klaus Brinkbäumer sogar.

Die Transatlantiker geraten in die Defensive. "Ich werde mich weiter für die transatlantische Partnerschaft einsetzen - wo immer das möglich ist", betonte Merkel. Bisher hat die Kanzlerin allerdings erfolglos versucht, Trump mit dem Hinweis auf ein mögliches neues Handelsabkommen zu locken, um die US-Schutzzölle gegen europäische Stahl und Aluminiumimporte abzuwenden. SPD-Fraktionsvize Rolf Mützenich verweist darauf, dass man Trump nicht mit den USA verwechseln dürfe und es auch Gesprächskontakte mit den US-Bundesstaaten gebe.

Doch der weiche deutsche Ansatz stößt etwa bei Frankreichs Präsident Emmanuel Macron auf Widerstand. Paris pocht - übrigens ebenso wie die deutsche Industrie - auf einen effektiven Schutz europäischer Unternehmen gegen US-Sanktionen beim Atomabkommen. Europa müsse endlich seine geballte ökonomische Macht gegen US-Drohungen ausspielen. Macron hatte seinerseits schon Sanktionen gegen Firmen aus Ländern ins Gespräch gebracht, die aus dem Pariser Klimaabkommen ausgetreten sind - dies würde die USA treffen, nicht aber Russland oder China.

Aggressive Sicherheitspolitik Russlands verhindert Partnerschaft


Gleichzeitig häufen sich aber Mahnungen, jetzt nicht die Beziehungen zu Russland oder China als Ersatz für die transatlantischen Bande zu sehen - aus sehr verschiedenen Gründen: Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen etwa rief die Bundesbürger zu größerer Wachsamkeit gegenüber Beeinflussungsversuchen durch Russland im Internet und in der realen Welt auf. Russland gilt als verantwortlich für Hackerangriffe - und damit als Bedrohung. Daran ändert auch Trump nichts. "Mit Russland sehe ich aktuell kaum Kooperationsbereiche. Dies liegt an der aggressiven Außenpolitik Russlands", sagte auch der außenpolitische Sprecher der Union, Jürgen Hardt, zu Reuters.

Regierungssprecher Steffen Seibert betonte, dass sich an der kritischen Sicht des russischen Vorgehens in Syrien und der Ostukraine nichts geändert habe. Dazu kommen alte Abhängigkeiten und Probleme. "Die Europäer sind in der schwächeren Position, weil sie nicht einig sind", meint der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Peter Beyer, zu den EU-USA-Handelsgesprächen und bremst Vergeltungs-Fantasien. Und Merkel mahnt: "Man muss ganz einfach sagen, dass Europa als Friedensmacht allein nicht stark genug ist." Die transatlantische Freundschaft sei deshalb wesentlich für Deutschlands Sicherheit, sagte sie vor der Bundeswehr. Und dann verweist sie auf die schwierige innenpolitische Debatte, um die im internationalen Vergleich niedrigen Verteidigungs- und Entwicklungsausgaben zu erhöhen.

SPD-Politiker Mützenich pocht deshalb auf eine Stärkung der EU, auch im Bereich von gemeinsamer Diplomatie und Sicherheit. Von einer "Äquidistanz"-Position, nach der Deutschland sich in der Mitte zwischen den USA und Russland einordnen sollte, wollen jedenfalls weder Merkel noch die Außenpolitiker von Grünen, FDP, CDU und SPD etwas wissen. "Trotz aller Probleme sind die USA als demokratischer Rechtsstaat unsere natürlichen Partner. Das hat eine ganz andere Tiefe als die Beziehung zu Autokratien", unterstrich etwa der Grünen-Politiker Nouripour.

Quelle: n-tv.de


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