„Wir sind die Guten!“ – Die Doppelmoral des Westens

  17 Mai 2018    Gelesen: 992
„Wir sind die Guten!“ – Die Doppelmoral des Westens

Das Erfolgsmodell des Westens ist Demokratie und freie Marktwirtschaft. Wer dem nicht folgt, ist rückständig und reaktionär. Das wichtigste Exportgut des Westens ist jedoch die Moral. Eine Tugend, die man vor allem in Russland nicht kennt. So vermessen wir die Welt mit zweierlei Maß.

15 Jahre Haft für Hajo Seppelt

Am Dienstag wurde in Kiew das Büro der russischen Nachrichtenagentur RIA Novosti vom ukrainischen Inlandgeheimdienst gestürmt, acht Stunden auf den Kopf gestellt und geschlossen. Zuvor wurde der Chefredakteur von RIA Novosti Ukraine vor seiner Privatwohnung verhaftet und diese ebenfalls durchsucht. Kirill Wyschinski drohen nun 15 Jahre Haft wegen Landesverrat. Beweise wurden bislang nicht präsentiert.

In den deutschen Leitmedien tauchte dieser eklatante Verstoß gegen die Pressefreiheit gar nicht oder nur am Rande auf. Wenn dagegen in Russland ein Demonstrant verhaftet wird, schafft es dies auf die Titelseiten.

In der Ukraine wurden in den letzten Jahren viele — nicht russische, sondern ukrainische Journalisten, die sich auch nur ansatzweise diplomatisch in Bezug auf Russland, die Krim oder die Ostukraine äußerten gefeuert, verprügelt oder verhaftet. Darüber liest man hier so gut wie nichts.

Wenn dagegen dem ARD-Journalisten Hajo Seppelt das russische Visum zur Fußball-WM verweigert wird, interveniert das deutsche Außenministerium und selbst die Kanzlerin äußert sich kritisch.

Elbphilharmonie auf der Krim

Die Erstürmung des RIA-Novosti-Büros in Kiew fiel übrigens, wahrscheinlich nicht zufällig, auf den Tag der Einweihung der Brücke, die das russische Festland mit der Schwarzmeer-Halbinsel Krim verbindet. Dieses Ereignis wurde in der deutschen Presse ausschließlich politisch kommentiert. Ganz nebenbei handelt es sich jedoch bei der Brücke auch um ein bauliches Meisterwerk.  Die gut 3 Milliarden Euro teure Brücke ist 19 Kilometer lang und wurde in nur 27 Monaten, ein halbes Jahr vor dem geplanten Bauende fertiggestellt. Nicht schlecht für ein rückständiges Land wie Russland. Damit ist es die längste Brücke und eines der größten und teuersten Infrastrukturprojekte Europas. Nach dem Berliner Flughafen BERnatürlich…

Während bei der Elbphilharmonie Klangunterschiede auf verschiedenen Plätzen seitenweise in der deutschen Presse analysiert wurde, ist die Krimbrücke nur „Putins Brücke“, die gesprengt werden sollte.

Reise nach Jerusalem

Apropos Krim. Israel annektierte 1980 Ostjerusalem, so wie 1981 auch die Golanhöhen. Jetzt hat die selbsternannte Weltmacht No. 1 USA ihre israelische Botschaft nach Jerusalem verlegt. Andere Länder ziehen nach. Bei Protesten dagegen im Gazastreifen wurden mehr als 50 Palästinenser durch israelische Scharfschützen getötet.

Nun stellen Sie sich mal vor, Russland verlegt seinen Regierungssitz auf die Krim und fordert die Länder auf, ihre Botschaften nach Simferopol zu verlegen. Die Weltdiplomatie hätte Schaum vorm Mund.

Von der Definition von Annexion im Völkerrecht und Zypern und Kosovo als Beispiele für die Scheinmoral des Westens soll hier noch nicht einmal die Rede sein. Das würde den Rahmen sprengen.

James Bond

Apropos Israel. Die Vergiftung des russischen Ex-Spions Skripal in Großbritannien hat ein mittleres diplomatisches Erdbeben ausgelöst und die Front gegen Russland weiter geschlossen. Geschenkt, dass heute, zehn Wochen nach dem Vorfall, noch immer keine Beweise für eine russische Täterschaft vorliegen, auch wenn alle schreiben, dass es „das Russengift“ war, das, wie inzwischen klar ist, in den letzten zwanzig Jahren bei scheinbar so ziemlich jedem westlichen Geheimdienst im Labor lag und wahrscheinlich auch auf den Schwarzmarkt gelangt ist.

Der israelische Geheimdienst Mossad gilt als einer der besten und gewalttätigsten der Welt. Deren Verantwortliche geben offen zu, dass sie Feinde gezielt im Ausland liquidieren. Diese Geschichten findet man in der Presse allerdings eher unter „Abenteuer“ in der Panoramasektion. Liegt es daran, dass Israel zu den Guten gehört und das Böse (Iran) bekämpft? James Bond lässt grüßen.

Sippenhaft

Der Todfeind Israels im Nahen Osten ist der Iran. Wichtigster Verbündeter Israels sind die USA. Diese sind nun aus dem Atomabkommen mit dem Iran ausgestiegen. Die amerikanischen Sanktionen gegen Teheran werden wieder hochgefahren. Nun ist es allerdings so, dass  von den USA in Gesetze gegossene Sanktionen automatisch Drittländer, die mit dem sanktionierten Land Handel treiben, in Sippenhaft nehmen, denn diese können ebenfalls sanktioniert werden. Das heißt, wenn Siemens nach Inkrafttreten der US-Sanktionen gegen den Iran weiter Turbinen an Teheran verkauft, können Siemens‘ Konten in den USA eingefroren und deren Werke dort geschlossen werden. Dagegen gab es nun einen kollektiven Aufschrei in Europa. Das will man sich nicht gefallen lassen und überlegt die Wiedereinführung der sogenannten Blocking Statue, einem EU-Gesetz, dass europäischen Firmen verbietet, sich an die US-Sanktionen zu halten. Soweit so gut.

Allerdings trifft genau dasselbe auf die US-Sanktionen gegen Russland zu. Hier ist sogar das deutsche Handelsvolumen bedeutend größer, als mit dem Iran. Deutsche Großinvestoren in Russland wie VW oder eben Siemens müssen nun um ihre Investitionen dort bangen. Noch kniffliger wird es jetzt, da Russland eben diese Blocking Statue in ein Duma-Gesetz eingebracht hat, das russischen, aber auch ausländischen Firmen in Russland verbietet, sich an die US-Sanktionen zu halten. Wo bleibt der Krisengipfel der EU zu diesem Thema? Es geht um viele Milliarden Euro, die Deutschland und andere Handelspartner Russlands verlieren könnten. Aber gegen Russland scheint kein Preis zu hoch.

Wahlkampfmanipulation

Heute vor einem Jahr wurde der FBI-Sonderermittler Robert Mueller zur Untersuchung einer möglichen Einmischung Russlands in den amerikanischen Wahlkampf eingesetzt. Fast anderthalb Jahre nach der Amtseinführung von Donald Trump liegen jedoch noch immer keine Beweise dafür vor.

Ausführlich belegt ist jedoch die massive Einmischung der USA in den russischen Wahlkampf von Boris Jelzin in den 1990er Jahren. Von gewaltsamer Einmischung und Manipulation bis hin zum Regime Change in anderen Ländern ganz zu schweigen.

Dies sind nur sechs Beispiele der letzten Wochen. Die Doppelmoral des Westens hat jedoch eine lange Geschichte, die wohl noch nicht zu Ende ist. Und hier ging es nur um Russland. Viele Länder, die der Westen als Hinterhof oder Müllhalde betrachtet, können sicher ihr eigenes Lied singen vom Moralexport der zivilisierten Abendländer, die meist Tod und Verderben bringen. Erst kommt das Fressen und dann die Moral.

P.S. Diese Liste kann gern in den Kommentaren fortgesetzt werden!

sputnik.de


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