10 Flugminuten vor Taiwan: Warum Peking einen neuen Fliegerhorst braucht

  17 Mai 2018    Gelesen: 609
10 Flugminuten vor Taiwan: Warum Peking einen neuen Fliegerhorst braucht

China baut einen Luftwaffenstützpunkt an seiner Ostküste aus. Satellitenbilder zeigen, dass dort Anlagen entstehen, die mehrere Dutzend schwerer Jagdbomber aufnehmen können. Und dies in direkter Nachbarschaft zu Taiwan und einigen Inseln, die sowohl Peking als auch Tokio für sich beansprucht.

Der Flugplatz Xiapu in der Provinz Fujian ist einer der wichtigsten Stützpunkte der chinesischen Streitkräfte an der Küste des ostchinesischen Meeres. Von dieser Basis aus haben es Kampfjets nicht weit bis zur Nordküste Taiwans und damit auch bis zur Hauptstadt dieser Insel.

Neueste Satellitenbilder vom April dieses Jahres zeigen, dass auf dem Stützpunkt nördlich der Start- und Landebahn Hangars für circa 24 schwerere Kampfflugzeuge entstehen. Im Umfeld des Fliegerhorsts werden auch Flugabwehreinrichtungen errichtet: mehrere Radaranlagen und Standplätze für zwei Divisionen der Abwehrsysteme HQ-9 (Nachbau des russischen S-300PMU-1). Überdies wird nördlich des Stützpunkts derzeit ein Gelände freigelegt, um Platz für den Bau von Kasernen zu schaffen. Experten gehen davon aus, dass insgesamt bis zu 70 Kampfjets (samt Crew und Bodenpersonal) in Xiapu aufgenommen werden können.

Bislang nutzte das chinesische Militär den Flugplatz vorwiegend für Übungszwecke. Aufklärungsbilder zeigen jedoch, dass dort regelmäßig auch Kampfjets des Typs J-10, J-11 oder Su-30MKK in geringer Anzahl stationiert wurden, die die Aufklärungsflieger der chinesischen Luftwaffe bei Einsätzen im westpazifischen Raum, unweit des japanischen Bezirks Okinawa, begleiten. Seit 2013 starten die Jagdflugzeuge zudem zu regelmäßigen Patrouillen in dem Gebiet – eine Reaktion auf das Auftauchen japanischer F-15-Jets in der Region. Auch Aufklärungsdrohnen fliegen von Xiapu aus zu Beobachtungsmissionen.

Besonders brisant erscheint die Erweiterung der Luftwaffenbasis angesichts der Demonstrationsflüge der chinesischen Luftwaffe in der westpazifischen Region. Neulich haben chinesische Bomber H-6K in Begleitung von Jagdfliegern die Insel Taiwan in internationalem Luftraum umrundet. Erst vor wenigen Tagen sind Su-35-Kampfjets bei einem solcher Flüge eingesetzt worden, die kürzlich von Russland an China ausgeliefert worden waren.

Misstrauen auf allen Seiten

Das taiwanesische Militär wertet die Erweiterung der Flugbasis Xiapu als eine gegen Taipeh gerichtete Provokation. Bei einem Konflikt im ostchinesischen Meer wäre die Basis der zentrale Stützpunkt der Chinesen in der Region. Die dort stationierten Kampfjets würden lediglich 12 Minuten benötigen, um die umstrittenen Senkaku- beziehungsweise Diaoyu-Inseln zu erreichen.

Offiziell gehört diese Inselgruppe zu Japan, China betrachtet den Archipel jedoch als sein ureigenes Territorium. Erschwerend kommt hinzu, dass das chinesische Öl- und Gasunternehmen CNOOC seit 2011 unweit der Inselkette Gas fördert. Die Förderung passiert zwar in chinesischen Gewässern, jedoch ist unter anderem ein Gasfeld angezapft worden, welches auch Japan für sich beansprucht. Es handelt sich um einen typischen Ressourcenkonflikt, der im Nahen Osten beispielsweise schonmal als Anstoß für einen Krieg benutzt wurde.

Die Konfliktlage im Westpazifik ist also vielschichtig und verworren. Jeder dortige Streit ist potentiell brandgefährlich. Und es ist nicht zu vernachlässigen, dass Peking die Insel Taiwan nach wie vor als ein abtrünniges Gebiet betrachtet. Eine gewaltsame Rückeroberung der Region wird von US-Strategen als durchaus wahrscheinlich eingestuft. Die USA ihrerseits würden sich bei einem solchen Szenario einmischen, was zum lokalen Waffenkonflikt zweier Weltmächte führen würde. Ausgetragen würde dieser im Modus „Flotte gegen Küste“, sprich: die chinesische Landmacht müsste den Angriff der amerikanischen Marine abwehren.

Von einem solchen Einsatzszenario sind die Amerikaner nicht unbedingt begeistert, weil die Chinesen in dem Konflikt eine Reihe sehr unangenehmer Waffensysteme einsetzen könnten: die hochpräzisen ballistischen Mittelstreckenraketen zum Beispiel, die angeblich mit Sprengköpfen zur Bekämpfung von Seezielen bestückt werden können. Zudem würde die Volksrepublik als eine Kontinentalmacht einen Vorteil ausspielen können, den die USA in diesem Fall entbehren müssten: Durch das weitverzweigte Netz von Militärflugplätzen könnte China seine Luftstreitkräfte nach Bedarf konzentrieren oder dezentralisieren. Den Amerikanern bliebe dann nur, sich weiterhin auf ihre technologische Überlegenheit zu verlassen, die jedoch längst nicht mehr realistisch erscheint.

sputnik.de


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