Dieses Spiel dürfen Sie nicht verpassen
Oha! Kaum ist die WM so richtig kroosgegangen, stehen auch schon die Gruppenfinals an. Weil selbst die Fifa manchmal aus Fehlern lernt, starten die beiden letzten Gruppenspiele seit der "Schande von Gijón" 1982 gleichzeitig - passenderweise reist unser Chef-Archivar Ben Redelings heute zurück an den Tag, an dem sich Deutschland und Österreich auf ein 1:0 zum beiderseitigen Vorteil einigten.
Das könnte es übrigens auch beim Duell Iran gegen Portugal (20 Uhr, ZDF/n-tv.de-Liveticker) geben: Allerdings müsste bei einem 1:0 für die Iraner schon Spanien im Parallelspiel gegen Marokko (ZDF Info/n-tv.de-Liveticker) verlieren, damit Portugal und der Iran weiterkommen.
Von einer glücklichen Niederlage will im Camp des Europameisters aber natürlich niemand etwas wissen, schon gar nicht Cristiano Ronaldo: "Wir wollen Gruppensieger werden." Da würden ein paar Tore helfen - und ein Rechenschieber. Die Spanier weisen bislang die exakt gleiche Punkt- und Torstatistik auf. Mal angenommen, beide Teams remisieren oder gewinnen mit dem gleichen Ergebnis: Dann würden Stand jetzt die Portugiesen durch die Fairplay-Wertung als Gruppensieger ins Achtelfinale einziehen. Handeln sie sich aber eine gelbe Karte mehr als die Spanier ein, müsste das Los entscheiden. Dramatisch, meinen Sie? Lässt sich noch steigern: Wenn Portugal und Spanien mit dem gleichen Ergebnis verlieren, ist der Iran weiter, und auf die Iberer wird das selbe Prozedere angewendet - nur, dass der Unglücklichere als Dritter nach Hause fliegt.
Zeit für ein WM-Päuschen
Die Gruppe A wie "Aufgalopp für den Gastgeber" ist schon vor dem letzten Spieltag entschieden und kann somit ruhigen Gewissens sich selbst überlassen werden. Für Ägypten und Saudi-Arabien geht es um 16 Uhr (ZDF Info/n-tv.de-Liveticker) in Wolgograd nur um die Goldene Pirogge, Russland und Uruguay machen in Samara (ZDF/n-tv.de-Liveticker) zwar den ersten Platz unter sich aus, der ganz große Anreiz jedoch fehlt - es weiß ja niemand, ob der Gruppensieg ein Duell mit Spanien, Portugal oder gar Iran beschert. Russlands Trainer Stanislaw Tschertschessow will laut eigener Aussage keine seiner Stützen schonen, dabei könnte der ein oder andere vielleicht ein Päuschen gebrauchen - schließlich hat die "Sbornaja" bislang mehr als erstaunliche Laufleistungen geliefert, kein Team hat mehr Kilometer in den Beinen.
Zu einen vollkommen anderen Thema: Auch ein Spieler aus dem vorläufigen WM-Kader der Russen soll an der beliebten FSB-Aktion "tausche Doping-Urin gegen sauberen" teilgenommen haben. Auf die Causa angesprochen, wurde Trainer Tschertschessow ausfällig: "Ist das eine Frage für das Spiel oder die Philosophie? Ich bin kein Doktor, ich bin Trainer."
Was verursacht WM-Herzrasen?
Spielt er, spielt er nicht? Das war nicht nur unsere bange Frage vor Ägyptens Auftakt gegen Uruguay. Mohamed Salah spielte nicht, und wahrscheinlich hätte er es besser auch gegen Russland sein lassen, er lieferte trotz seines Elfmetertors nur eine traurige Ahnung des Spektakels, das sich die Fußballwelt von ihm erhofft hatte. Wenn es ein Leben nach dem Tod gibt, und es wenigstens darin gerecht zugeht, muss sich Sergio Ramos in einem speziellen Kreis der Fußballhölle bis in alle Ewigkeit Saudi-Arabien gegen Uruguay in Dauerschleife anschauen.
Apropos Hölle: Mohamed Salah ist Medienberichten zufolge alles andere als glücklich mit der Wahl des Teamquartiers in Tschetschenien und denkt sogar über einen sofortigen Rücktritt aus der Nationalmannschaft nach. Offenbar empfand er die ständigen PR-Termine und sonstigen Ablenkungen als wenig professionell - wie die "New York Times" berichtete, ließ der sehr einnehmende Präsident Ramsan Kadyrow den Starstürmer einmal sogar aus seinem Mittagsschläfchen wecken. Der Autokrat spannte den Superstar für eine Imagekampagne ein, laut "CNN" fühlte sich Salah davon überrumpelt. Die Ehrenbürgerwürde Tschetscheniens nahm der 26-Jährige zwar mit einem Lächeln an, man muss allerdings nicht allzuviel Phantasie aufbringen, um es als gequält zu interpretieren.
Ägyptens Trainer Hector Cuper reagierte übrigens schmallippig auf die Frage, warum er ausgerechnet Grosny als Quartier gewählt hatte: "Die Fifa hat uns die Liste gegeben, wir haben eines gewählt." Was wiederum die Folgefrage aufwirft, warum die Fifa - zu Recht - Mexiko mit einer Geldstrafe für homophobe Gesänge belegt, aber die Mannschaften in ein Land lotst, dessen Präsident Homosexuelle als "Teufel" bezeichnet, von der Lage der Menschenrechte ganz zu schweigen. Worauf konsequenterweise die Frage folgen muss, ob es die Fifa überhaupt ernst meint mit ihrem Kampf für die Menschenrechte und … ach, Sie kennen die Antwort sicher ohnehin schon.
Ras, dwa, tri – die Zahl des Tages: 22
War was? Noch kombinieren die Spanier zwar nicht wie gewohnt, aber sie arbeiten nach dem spektakulären Trainerwechsel zwei Tage vor dem WM-Auftakt weiter am Ausbau einer beeindruckenden Serie: Seit 22 Spielen ist die "Furia Roja" unbesiegt, nur noch fünf mehr, und Fernando Hierro, der seine Trainerkarriere eigentlich als beendet betrachtete, darf sich plötzlich Weltmeistertrainer nennen. Aber eins nach dem anderen: Im Gruppenfinale wartet mit Marokko ein Gegner mit 0 Punkten, aber viel Lob auf dem Konto. "Es gibt keine schlechten Teams im Turnier", sagte Reals Lucas Vasquez, der offenbar das 6:1 der Engländer gegen Panama noch nicht gesehen hatte. Verlassen können er und seine Kollegen sich auf Sturmtank Diego Costa. Dreimal hat er schon getroffen, auch gegen die Zweifel - er galt im ballverliebten Team als Fremdkörper. Nun verleiht er den Kollegen die Ruhe, sich weiter einzuspielen für die K.o.-Runde.
Angeberwissen für's Public Viewing
Cristiano Ronaldo verbindet eine lange gemeinsame Geschichte mit Carlos Queiroz, dem Coach von Portugals Gegner Iran. Als Assistent von Alex Ferguson soll er seinen Chef von Ronaldo überzeugt und den Transfer zu Manchester United eingeleitet haben. Von 2008 bis 2010 arbeitete er als Nationaltrainer Portugals mit CR7, eine Zeit, die der Beziehung nicht besonders gut tat. Das Team enttäuschte bei der WM in Südafrika und flog im Achtelfinale gegen Spanien raus. Auf die Reporterfrage nach den Ursachen antwortete Ronaldo mit einem sehr kurzen Satz: "Fragen Sie Queiroz." Jahrelang sprachen Queiroz und Ronaldo kein Wort, mittlerweile sei Gras über die Sache gewachsen, versichern beide. Freunde werden die beiden über ein so wichtiges WM-Duell aber sicher nicht mehr …
Redelings WM-Zeitreise
"Schweinehunde oder Schwachsinnige?" Es waren harte Worte, die "Le Figaro" wählte für den Nichtangriffspakt, den Österreich und Deutschland am 24. Juni 1982 bei der WM in Spanien schlossen. Ein frühes Tor, ein passendes Ergebnis für beide, der Rest war unwürdiges Ballgeschiebe. Die deutschen Fans griffen gleich zu Tomaten und Eiern, um der DFB-Elf vor dem Teamhotel ihre Meinung zur "Schande von Gijon" zu übermitteln. Die bemerkenswerte Reaktion der Spieler und die ganze Geschichte hinter der plötzlichen deutsch-österreichischen Freundschaft, nur vier Jahre nach Córdoba, präsentiert Ben Redelings heute in seiner WM-Zeitreise, ab heute Mittag auf n-tv.de.
Der Spruch zum Spieltag
"Portugals Coach kommt mit sehr starken Tieren, die gut zubeißen können."
Irans portugiesischer Coach Carlos Queiroz wähnt sich bei "Elefant, Tiger und Co.". Zu seiner Verteidigung: Er wurde gefragt, ob er gegen Ronaldo "die Hunde loslässt".
Quelle: n-tv.de
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