Oettinger bittet bei der CSU um Zeit für Merkel

  25 Juni 2018    Gelesen: 1556
Oettinger bittet bei der CSU um Zeit für Merkel

Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger baut für den Fall vor, dass der europäische Flüchtlingsgipfel Ende der Woche scheitert. Er bittet bei der CSU um einen Aufschub für die Kanzlerin.

 

Es sind Tage der Entscheidung für Kanzlerin Angela Merkel, ihre CDU und die Christsozialen von der CSU. Ende der Woche treffen sich in Brüssel die Staats- und Regierungschefs der EU, der Gipfel wird vom Umgang mit Flüchtlingen in Europa bestimmt werden.

Von einer Einigung beim Gipfel hängt für Merkel viel ab - denn ändert sich danach nichts an Verteilung und Zurückweisungen von Flüchtlingen in der EU, will CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer dafür sorgen, dass in der EU registrierte Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückgewiesen werden. Merkel will eine europäische Lösung - ein Konflikt, der die Regierung, das Parteibündnis CDU/CSU oder beides sprengen könnte.

In dieser schwierigen Gemengelage fordert nun EU-Kommissar Günther Oettinger(CDU) mehr Zeit für die Kanzlerin. Oettinger rechnet nämlich kaum noch damit, dass beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag eine schnelle Lösung gefunden werden kann.

"Ich glaube, es wird bis zum EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag Fortschritte geben. Aber es wird nicht eine Einigung in der Dimension herauskommen, wie es einige in der CSU erwarten", sagte Oettinger dem "Reutlinger General-Anzeiger".

Der CDU-Politiker forderte die Schwesterpartei CSU auf, der Kanzlerin weitere Zeit einzuräumen für Beratungen auf europäischer Ebene. "Ich glaube, dass die Kanzlerin gute Argumente hat, um eine weitere Beratung auf europäischer Ebene durchzubringen", sagte Oettinger.

Hohlmeier will wissen, "wann konkrete Schritte kommen"

Am Montag erhöhte die CSU weiter den Druck auf die Kanzlerin. Die CSU-Europaabgeordnete Monika Hohlmeier sagte "Focus Online", ihre Partei wolle sich "nicht mehr vertrösten lassen, und die Bürger wollen das auch nicht". Sie wolle wissen, "wann konkret welche Schritte kommen, um die Sekundärmigration in Europa zu unterbinden", sagte Hohlmeier, betonte aber, es gehe ihrer Partei nicht darum, Merkel zu schwächen.

Bei einem EU-Sondergipfel am Sonntag in Brüssel waren zunächst keine konkreten Vereinbarungen erzielt worden. Merkel sprach zwar anschließend von "viel gutem Willen", aber auch weiterhin von "einigen Unterschieden" zwischen den Positionen der EU-Staaten. Das Thema Flüchtlinge dürfte auch auf dem regulären EU-Gipfel ab Donnerstag eine wichtige Rolle spielen.

Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber wertete das Sondertreffen positiv. Er verwies im Bayerischen Rundfunk am Montag auf Fortschritte mit Blick auf den Schutz der EU-Außengrenzen und dem Ausbau der europäischen Grenzschutzagentur Frontex. Weber forderte insbesondere die osteuropäischen Staaten, die dem Treffen überwiegend ferngeblieben waren, auf, sich einer gemeinsamen EU-Flüchtlingspolitik nicht zu verweigern.

Der Vorsitzende der europäischen Grünen, Reinhard Bütikofer, äußerte sich empört über das Auftreten Seehofers und anderer führender CSU-Politiker. "Die CSU ist sich, von Ausnahmen wie Manfred Weber abgesehen, ihrer Verantwortung für Europa offenbar nicht mehr bewusst", sagte er "Focus Online". Vielmehr habe sich "in der CSU-Führung zum Teil extremistisches Denken durchgesetzt".

Trotz des großen innenpolitischen Drucks hat Merkel nach einem EU-Sondertreffen in Brüssel am Sonntag noch keine kurzfristige Lösung im europäischen Asylstreit skizziert. Es gebe aber viel guten Willen, sagte die CDU-Chefin danach. Man werde bis zum EU-Gipfel, "aber natürlich auch danach", an Lösungen arbeiten. Ob sie schnelle Absprachen mit den EU-Partnern erreichen kann, blieb offen.

Die CSU verlangt bis 1. Juli einen europäischen Ansatz, um das Weiterwandern von Flüchtlingen innerhalb der EU zu unterbinden. Anderenfalls droht Seehofer mit einem Alleingang, der die Zukunft der großen Koalition, aber auch den Zusammenhalt in der EU gefährden könnte.

spiegel


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