Am Ende des Dramas am Montagabend war dem CSU-Chef eine Botschaft besonders wichtig: Man habe mit der CDU eine Übereinkunft zur Flüchtlingspolitikgefunden, so erklärte es Horst Seehofer am Montagabend, die "in allen drei Punkten meiner Vorstellung entspricht". Sein Generalsekretär Markus Blume nannte das Konzept anschließend sogar den "Schlussstein" für eine "Asylwende".
Nun ist es nach schwierigen Verhandlungen in der Politik üblich, den Kompromiss anschließend öffentlich so darzustellen, dass die eigenen Leute das Gefühl haben: Wir haben uns durchgesetzt.
Aber in diesem Fall wird dieser Trick besonders offensichtlich: Denn nach SPIEGEL-Informationen lehnte der Bundesinnenminister jenes Konzept, auf das er sich schließlich mit Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel einigte, noch am Tag zuvor im Vorstand seiner Partei vehement ab. Der Sprecher des CSU-Vorsitzenden erklärte dazu auf Anfrage: "Wir äußern uns grundsätzlich nicht zu Debatten in internen Sitzungen."
Teilnehmer der Sitzung des um die CSU-Bundestagsabgeordneten erweiterten Parteivorstands, der am Sonntagnachmittag in München zusammen gekommen war, erinnern den Vorgang so: Gegen 20 Uhr meldete sich nach bereits stundenlanger Debatte und vielen zahlreichen Wortmeldungen der Augsburger Abgeordnete Volker Ullrich zu Wort. Demnach schlug der innenpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe angesichts der verfahrenen Lage einen Kompromiss vor: Transitzonen mit der rechtlichen Fiktion der Nichteinreise - kombiniert mit bilateralen Abmachungen. "Das könnte eine Brücke sein", sagte er.
Klingt bekannt? Genau: Weil sich Seehofer und Merkel am Montagabend nach stundenlangen Verhandlungen genau darauf einigten.
Aber noch knapp 24 Stunden zuvor soll der CSU-Chef, so beschreiben es Teilnehmer, geradezu erbost auf den Vorschlag seines Parteifreundes reagiert haben: "Völlig falsch", "nicht hilfreich", so unter anderem die Worte Seehofers.
Alles, was seiner harten Linie widersprach, auf unilateraler Ebene Zurückweisungen an der Grenze vorzunehmen, wies der CSU-Chef in der Sitzung dem Vernehmen nach vehement zurück. "Er hat jeden Vorschlag abgebügelt", sagt ein Teilnehmer.
Am Ende bezeichnete Seehofer, der zuvor ausdrücklich um eine ehrliche Analyse gebeten hatte, alle ihm in Stil oder Inhalt widersprechenden Meinungen als "dumm", heißt es. Denn nur mit maximaler Geschlossenheit, so begründete es der Parteichef demnach, könnte man Merkel zum Einlenken bewegen.
Schließlich kündigte er seinen Rückzug von allen Ämtern an - worauf die Sitzung unterbrochen wurde, im kleinsten Kreis wurde Seehofer wenigstens für die nächsten Tage zum Weitermachen überredet.
Seit Montagabend ist von Rücktritt keine Rede mehr. "Des is' scho wieder Geschichte", sagte Seehofer dazu am Dienstagmorgen.
spiegel
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