Parlament beschließt Milderung des Strafrechts

  05 Juli 2018    Gelesen: 819
Parlament beschließt Milderung des Strafrechts

In Rumänien soll Amtsmissbrauch künftig nur noch eingeschränkt strafbar sein. Profitieren würde davon auch der verurteilte Chef der Regierungspartei PSD. Der Präsident will das Verfassungsgericht einschalten.

 

Das rumänische Abgeordnetenhaus hat mit knapper Mehrheit Änderungen des Strafrechts beschlossen, die korruptionsverdächtigen Politikern zugute kommen. Amtsmissbrauch soll nur noch strafbar sein, wenn er dem Täter oder dessen Familie einen persönlichen Vorteil verschafft.


Die im Eiltempo beschlossenen Änderungen gehen auf eine Initiative der Regierungsparteien PSD (Sozialdemokraten) und ALDE (Liberale) zurück. Kritikern zufolge ist damit der Begünstigung von Freunden einer Amtsperson Tür und Tor geöffnet.

Staatspräsident Klaus Iohannis kritisierte das Votum im Parlament als "geradezu empörend". Es stelle eine "Diktatur der Mehrheit" dar, die der Demokratie zutiefst schade. Iohannis will das rumänische Verfassungsgericht einschalten, um das Gesetz sowie eine kürzlich beschlossene Änderung der Strafprozessordnung zu stoppen. Letztere schränkt die Macht der Staatsanwälte und die Nutzung von Beweismitteln erheblich ein.

Antikorruptionseinheit warnt vor Freisprüchen

In Rumänien tritt ein Gesetz erst mit der Unterschrift des Staatschefs in Kraft. Der Präsident kann ein angenommenes Gesetz zur Neuprüfung an das Parlament zurückverweisen oder das Verfassungsgericht einschalten. Dieses ist allerdings mehrheitlich mit regierungsfreundlichen Richtern besetzt.

Die Antikorruptionseinheit der Staatsanwaltschaft warnte, aktuell sei allein aufgrund des neuen Gesetzes - sollte dieses inkrafttreten - mit Freisprüchen in 215 Amtsmissbrauchsverfahren zu rechnen. Die Reform soll auch das Höchststrafmaß für Amtsmissbrauch um zwei Jahre auf fünf Jahre senken.

Die EU-Kommission teilte mit, man sehe die Entwicklung in Rumänien mit wachsender Sorge. Der Kampf gegen Korruption und eine professionelle Justiz seien von größter Bedeutung. Man werde die endgültigen Gesetzestexte darauf prüfen, ob sie EU-Recht entsprechen. "Als Hüterin der Verträge werden wir nicht zögern, Maßnahmen zu ergreifen, um die Einhaltung sicherzustellen", hieß es weiter.

Profitieren würde der verurteilte Chef der Sozialdemokraten

Straffrei bliebe durch die Neuregelung auch der PSD-Chef Liviu Dragnea, der vor kurzem in erster Instanz wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden war. Sein Verfahren hat noch nicht alle möglichen Instanzen durchlaufen und es würde für ihn die gesetzlich günstigste Regelung greifen.

Im Fall Dragnea war der Begünstigte aber nicht er persönlich, sondern seine Partei PSD, die zwei ihrer Angestellten vom Jugendamt bezahlen ließ, bei dem diese fiktiv angestellt waren. Dragnea darf wegen einer Vorstrafe aus dem Jahr 2016 wegen Wahlmanipulationen nicht selbst Ministerpräsident werden, kontrolliert aber die Regierung.

Am Dienstag hatte bereits der Senat (obere Kammer) den Entwurf gebilligt, den mehrere EU-Staaten, der Europarat und die Fachwelt heftig kritisiert hatten. Im Abgeordnetenhaus wurde der Entwurf mit 167 Stimmen angenommen, nur zwei mehr als notwendig. Es gab 97 Gegenstimmen und 19 Enthaltungen. Die ursprünglich erst für Donnerstag geplante Schlussabstimmung war kurzfristig vorverlegt worden.

spiegel


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