Ein Juwel auf der rechten Seite

  06 Juli 2018    Gelesen: 1377
Ein Juwel auf der rechten Seite

Als Benjamin Pavard zum ersten Mal für Frankreich nominiert wurde, war der VfB-Verteidiger sogar Fachleuten kaum bekannt. Spätestens seit seinem Traumtor gegen Argentinien sind Europas große Klubs interessiert.

 

Nach dem 4:3-Erfolg der Franzosen im WM-Achtelfinale gegen Argentinien wurde zurecht viel wurde viel über Kylian Mbappé geredet. Der 19 Jahre junge Angreifer von Paris Saint-Germain hatte als erster Teenager seit Pelé im Jahr 1958 in einem WM-Spiel zwei Tore geschossen.


Ein bisschen weniger im Mittelpunkt stand deshalb Benjamin Pavard. Doch auch ihm gelang es mit einer Aktion, sich auf eine Stufe mit einem großen Namen zu stellen: Mit seinem kunstvollen Außenrist-Volleytor zum zwischenzeitlichen 2:2 wurde er der erste französische Verteidiger mit einem WM-Treffer seit Lilian Thuram im Halbfinale 1998 gegen Kroatien.

Am Ende des Turniers durften die Franzosen damals den Pokal in den Himmel heben. Thuram, der 2008 seine Karriere beendet hat, wird mit 142 Länderspielen als Rekordnationalspieler geführt.

Man kann Pavards Treffer gegen Argentinien, der zum Einzug ins Viertelfinale gegen Uruguay am Freitag (16 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE, TV: ZDF) beitrug, also im doppelten Sinne als Versprechen deuten. Erstens darauf, dass Frankreich auch diesmal wieder Weltmeister wird. Und zweitens als Ankündigung einer großen Karriere.

Vor zwei Jahren wechselte Pavard für angeblich fünf Millionen Euro von der Ersatzbank des OSC Lille zum damaligen Zweitligisten VfB Stuttgart. Bei den Schwaben gilt der Einkauf als einer der besten in der Geschichte des Vereins überhaupt. Schon bei seinem Debüt im Oktober 2016 zeigte Pavard sein Potenzial: Er bereitete beim 4:0-Sieg gegen Greuther Fürth den ersten Treffer mit einem Steilpass aus der Abwehr vor, auf den auch Mats Hummels stolz gewesen wäre, und traf später selbst.

Pavard wurde zum Stammspieler und stieg mit dem VfB auf. In der abgelaufenen Saison war er einer von nur vier Feldspielern in der Bundesliga, die keine einzige Sekunde verpassten. Anders als in der Nationalmannschaft, wo er auf der rechten Abwehrseite zum Einsatz kommt, spielt er beim VfB auf seiner eigentlichen Position, nämlich in der Innenverteidigung.

Thomas Hitzlsperger, Mitglied des VfB-Präsidiums, schreibt in seiner Kolumne für den "Guardian" über Pavard: "Benjamin ist eine Offenbarung. Seine Technik ist herausragend. Sie ist auffallend komplett für einen 22-Jährigen und einer der Gründe, warum er sich die WM-Nominierung verdient hat."

Französische Fachleute waren überrascht, als Trainer Didier Deschamps im November den Stuttgarter zum ersten Mal für die Nationalmannschaft nominierte. Beim VfB spielte er eher unter dem Radar der französischen Öffentlichkeit.

Doch Frankreich ist auf der rechten Abwehrseite dünn besetzt. Djibril Sidibé aus Monaco war in der vergangenen Saison zudem immer wieder verletzt.

Pavard hat seine Chance genutzt

Neun Länderspiele hat er mittlerweile bestritten, drei davon bei der WM. Er ist in Russland gesetzt und hat sich auf den Einkaufszettel internationaler Topklubs gespielt. Unter anderem soll der FC Bayern interessiert sein. Doch mögliche Käufer müssen sich noch ein Jahr gedulden - oder viel Geld bieten.

 

Pavards Vertrag in Stuttgart gilt bis 2021. Nach der kommenden Saison könnte er den Klub dank einer Ausstiegsklausel verlassen, die nach übereinstimmenden Berichten bei 35 Millionen Euro liegt. Stuttgarts Manager Michael Reschke betont, dass er Pavard bis dahin unbedingt halten wolle und dafür auch auf eine höhere Ablösesumme verzichten würde. Um Pavard schon in diesem Sommer abzuwerben, müsste schon ein unmoralisches Angebot in Stuttgart eingehen. Nach der kommenden Saison dürfte er dann kaum zu halten sein.Pavard ist damit ein erstaunlicher Aufstieg gelungen. Von jemandem, den kaum jemand kannte zu einem Spieler vor einer großen Karriere, vielleicht ja sogar beim FC Bayern. Dann würde sich der Vergleich zu einem anderen Verteidiger aufdrängen. Nicht zu Rekordnationalspieler Thuram. Sondern zu Bixente Lizarazu.

spiegel


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