Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner bezweifelt, dass der von Union und SPD vereinbarte Kompromiss in der Asylpolitik umgesetzt wird. Die dazu nötigen Abkommen mit Italien und Österreich über die Rückführung von Flüchtlingen werden seiner Einschätzung nach nicht zustande kommen. "Ich glaube nicht, dass es zu solchen Abkommen kommt", sagte Stegner dem ZDF. "Es funktioniert ja nicht, wenn die Gesinnungsfreunde selbst Nationalisten und Egoisten sind, dann wollen die nur niemanden im Land haben."
Bundesinnenminister und CSU-Chef Horst Seehofer habe bei seinem Besuch am Donnerstag in Wien eine "Backpfeife" bekommen, sagte Stegner weiter. Die CSU habe ein riesiges Theater veranstaltet, das niemandem nütze.
Die Einigung von CDU/CSU und SPD vom Donnerstag sieht unter anderem vor, dass Migranten, die in einem anderen EU-Staat einen Asylantrag gestellt haben, an der Grenze zu Österreich zurückgewiesen werden. Die dazu nötigen Vereinbarungen mit anderen EU-Staaten müssen aber erst noch ausgehandelt werden, was vor allem im Falle Italiens schwierig werden dürfte. Die Bundespolizei soll bereits bestehende Einrichtungen an der Grenze für die Zurückweisungen nutzen.
Stegner wertete die Asyleinigung als Misserfolg für Seehofer. "Herr Seehofer ist vollständig gescheitert mit seiner Krawallpolitik." Es gebe keine Alleingänge an den Grenzen, "wir machen auch nicht mit beim Schäbigkeitswettbewerb gegen die Flüchtlinge", so Stegner. Der Parteivize sagte, die Vereinbarung könne man auch "gar nicht Kompromiss" nennen. Er forderte Seehofer dazu auf, nun die beschlossene Verfahrensbeschleunigung umzusetzen. "Da muss sich Herr Seehofer mal drum kümmern", sagte er. Es müsse rechtsstaatlich gehen und trotzdem in einem ordentlichen humanitären Verfahren.
Asylverfahren werden zum "Lotteriespiel"
Scharfe Kritik an dem Asylkompromiss kam von Pro Asyl. "Es wird zum Lotteriespiel, welcher Verfolgte in Deutschland noch zu einem Asylverfahren zugelassen wird, indem die Fluchtgründe geprüft werden", sagte der Geschäftsführer der Flüchtlingsorganisation, Günter Burkhardt. "Die reichste Industrienation will systematisch die Verantwortung für die Einhaltung der Menschenrechte von Flüchtlingen den ärmeren Grenzstaaten, insbesondere Griechenland aufdrücken, die ökonomisch von Deutschland abhängig sind."
Burkhardt monierte weiter: "Die nationalen Egoismen dominieren und zerfressen die Wertebasis Europas, die Achtung der Menschenrechte." Es sei absehbar, dass Staaten wie Griechenland, das für die in Deutschland ankommenden Flüchtlinge der wichtigste Durchreisestaat sei, nicht in der Lage seien, die dort registrierten Asylsuchenden wieder aufzunehmen, ein faires Asylverfahren zu gewährleisten und die anerkannten Flüchtlinge zu integrieren. "Es drohen menschenunwürdige Zustände großen Ausmaßes."
Ungeachtet der wochenlangen Regierungskrise hat die CSU aber laut einer Umfrage in Bayern in der Wählergunst leicht zugelegt. In einer von der "Augsburger Allgemeinen" und "Spiegel online" veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey verbesserte sich die Partei im Vergleich zum Vormonat um 1,4 Prozentpunkte auf 42,5 Prozent. Damit würde die Partei aber weiterhin klar die absolute Mehrheit verfehlen. Demnach liegen die SPD mit 13,7 Prozent, die Grünen mit 13,2 Prozent sowie die AfD mit 13,1 Prozent eng beieinander. Die Freien Wähler kommen demnach auf sechs Prozent, die FDP auf 5,2 Prozent.
Quelle: n-tv.de
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