Ex-Präsident von Katalonien

  12 Juli 2018    Gelesen: 859
Ex-Präsident von Katalonien

Schleswig-Holsteins Oberlandesgericht hat die Auslieferung des katalanischen Separatistenführers Puigdemont für zulässig erklärt - allerdings nicht wegen Rebellion, sondern wegen des Vorwurfs der Veruntreuung.

Das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht hat die Auslieferung des katalanischen Separatistenführers Carles Puigdemont wegen des Vorwurfs der Veruntreuung für zulässig erklärt. Die Auslieferung wegen des Hauptanklagepunktes gewalttätiger Rebellion beziehungsweise des deutschen Paralleldelikts Hochverrat sei "nicht zulässig", schreibt das Gericht.

Die Schleswiger Generalstaatsanwaltschaft wird keinen Widerspruch gegen die Entscheidung der Richter einlegen. "Ein Rechtsmittel gegen den Beschluss sieht die Rechtsordnung nicht vor", schrieb die Generalstaatsanwaltschaft. Man werde "nunmehr zeitnah über die Bewilligung der Auslieferung des Verfolgten wegen des Vorwurfs der Veruntreuung öffentlicher Gelder bzw. der Korruption befinden."

Vergangenen Oktober hatte Puigdemont die Unabhängigkeit Kataloniensausgerufen und war anschließend vor den Ermittlungen der spanischen Justiz nach Belgien geflohen. Kurz vor Ostern wurde der 55-Jährige auf der Durchreise in Schleswig-Holstein aufgrund eines von Spanien gestellten europäischen Haftbefehls festgenommen.

Die spanische Justiz wirft Puigdemont wegen seiner Rolle beim katalanischen Streben nach Unabhängigkeit Rebellion sowie die Veruntreuung öffentlicher Gelder vor und fordert seine Auslieferung.

Die dem ehemaligen katalanischen Regierungspräsidenten vorgeworfenen Handlungen erfüllten jedoch "weder den deutschen Straftatbestand des Hochverrats noch den des Landfriedensbruchs", heißt es in der Mitteilung des Oberlandesgerichts. Ein Ausmaß an Gewalt, wie es der Hochverrats-Paragraph vorsehe, sei durch die Auseinandersetzungen in Spanien nicht erreicht worden. Landfriedensbruchs liegt in den Augen der Richter ebenfalls nicht vor, weil Puigdemont kein "geistiger Anführer" von Gewalttätigkeiten gewesen sei. Er habe lediglich das Referendum durchführen wollen.

Da Deutschland Puigdemont nicht wegen Rebellion, sondern nur wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder ausliefert, kann die spanische Justiz dem ehemaligen katalanischen Regierungschef auch nur wegen Veruntreuung den Prozess machen. Nicht aber wegen Rebellion: einem Delikt, auf das in Spanien bis zu 25 Jahre Haft stehen. Für Veruntreuung kann es maximal acht Jahre Freiheitsstrafe geben.

Zuletzt hatten Puigdemonts Strafverfolger vergeblich versucht, den Vorwurf mit drei Videos zu untermauern. Der eine Film zeigt, wie sich am Tag des verbotenen Abspaltungsreferendums Angehörige der katalanischen Regionalpolizei kurzzeitig spanischen Sicherheitskräften entgegenstellen, die gegen eine Menschenmenge vorgehen wollen. Die anderen beiden Filme zeigen, wie spanische Polizisten von Demonstranten mit Absperrgittern sowie einem Stuhl angegriffen werden. Laut Anklage sollen die Videos massiven Gewalteinsatz von Sympathisanten der Unabhängigkeitsbewegung demonstrieren. Puigdemont ist selbst aber nicht darauf zu sehen. Es ist nicht bekannt, dass er selbst je zu Gewalt aufgerufen hätte.

Spaniens Justiz gerät durch den Richterspruch aus Schleswig in die Bredouille. Sie will mehreren Mitgliedern der abgesetzten katalanischen Regionalregierung, die sich gestellt haben, wegen Rebellion den Prozess machen. Anführer Puigdemont, der geflohen war, kann sie jedoch nur wegen Veruntreuung anklagen. Es könnte ein merkwürdiges Verfahren werden. Untergeordnete Ex-Minister müssten sich wegen Rebellion verantworten - nicht aber ihr Chef, das Gesicht der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung.

Als sich im vergangenen Winter bei der Frage einer Auslieferung Puigdemonts durch Belgien ein ähnlicher Spruch der belgischen Justiz abzeichnete, zog Untersuchungsrichter Llarena seinen Haftbefehl aus diesem Grund zurück.

spiegel


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