"I follow the Moskva, down to Gorky Park." Wer sich in diesen Tagen der Weltmeisterschaft 2018 von den berühmten Liedzeilen der Scorpions treiben lässt, landet unweigerlich vor einem mit fließenden blauen Lichtern animierten schwarzen Würfel, der meterhoch in den Himmel ragt. Und wer nicht schon zuvor von den zahlreichen Helfern angesprochen und informiert wurde, weiß spätestens dann: Hier geht es um die nächste Weltmeisterschaft 2022 in Katar.
Der Würfel ist ein Kinosaal, Interessierten wird dort die Geschichte Katars nähergebracht. Das eigentliche Herzstück der Präsentation des WM-Organisationskomitees steht jedoch 100 Meter weiter. Im Haus von Katar wird landestypischer Tee serviert. Auf einem Kleinfeld wird Fußball gespielt, es können Oryxantilopen aus Plastik angemalt werden, es gibt katarische Live-Musik und Beduinenzelte geben Einblicke in den Alltag des Emirats.
Katar will in der Ausstellung im Moskauer Gorki-Park weltoffen wirken. Bereit für die Fußball-Familie aus unterschiedlichen Kulturkreisen. Bereit für ein Großereignis, das in einem Land mit 2,7 Millionen Einwohnern absurd wirkt. Bereit, es allen Kritikern zu zeigen. Angelockt werden sollen vor allem Fans aus Südamerika und Asien, das hat schon während der WM in Russland gut funktioniert, wo Zuschauer aus Europa klar in der Unterzahl waren.
Die Kritik an der ersten Weltmeisterschaft auf arabischem Boden reißt seit der skandalösen Doppelvergabe im Jahr 2010 an Russland und Katar nicht ab. Beweise für einen Stimmenkauf gibt es bis heute nicht, zahlreiche Mitglieder des damaligen Exekutivkomitees der Fifa sind jedoch mittlerweile der Korruption überführt. Der Fußball-Weltverband ignorierte bei der Vergabe die klimatischen Verhältnisse, die fehlende Infrastruktur wie den fehlenden Fußballbezug im Land und als schlimmstes Vergehen die Menschenrechtslage in dem Emirat.
Fast acht Jahre sind seitdem vergangen und beide Seiten waren in der Zeit um spürbare Verbesserungen bemüht. Bei der Fifa wurde Sepp Blatter durch Gianni Infantino ersetzt. Die WM-Vergabe 2026 war transparent, auch wenn Infantino selbst nie einen Hehl aus seinem Favoriten gemacht hat - der es mit den USA, Mexiko und Kanada letztlich auch geworden ist. Beim Weltverband geht es weiterhin vor allem um eines: Geld. Da wurden dann auch schon mal unliebsame Kritiker wie der ehemalige Chef der Ethikkommission, Hans-Joachim Eckert, und dessen Chefankläger Cornel Borbely kaltgestellt.
Gemeinsam mit Katar wurde entschieden, die WM 2022 im Winter auszutragen, um klimatischen Belastungen für Zuschauer und Spieler aus dem Weg zu gehen. Das Finale findet nun wenige Tage vor Weihnachten statt, das ist ungewohnt, aber auch nicht per se schlecht. Bei den Menschenrechten betonen die kommenden WM-Ausrichter seit Jahren massive Veränderungen, den Gastarbeitern aus Indien, Bangladesch und Nepal gehe es gut auf den vielen Baustellen im Land.
Der Tenor im Gorky Park ist ähnlich: Katar hatte in der Vergangenheit Versäumnisse, habe sich in Sachen Arbeitsbedingungen für Gastarbeiter aber wesentlich verbessert. Menschenrechtsorganisationen beschreiben andere Zustände.
spiegel
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