Endlich hat es geklappt: Dank Peter Scholze, 30, von der Universität Bonn bekommt Deutschland seine zweite Fields-Medaille. 1986 hatte Gerd Faltings sie als erster Deutscher gewonnen. Der Preis gilt als höchste Auszeichnung für Mathematiker und wird nur alle vier Jahre verliehen. Er wird inoffiziell auch Nobelpreis für Mathematik genannt. Vor vier Jahren bekam die inzwischen verstorbene Maryam Mirzakhani die Auszeichnung - als erste Frau.
Scholze ist 2018 einer von vier Preisträgern bei dem International Congress of Mathematics (ICM), der gerade in Rio de Janeiro eröffnet wurde. Ebenfalls eine Fields-Medaille bekamen:
Alessio Figalli: Der 34-jährige Italiener ist Professor an der ETH Zürich. Er beschäftigt sich mit partiellen Differentialgleichungen.
Akshay Venkatesh: Der Zahlentheoretiker aus Australien wurde 1981 in Neu-Dehli geboren. Seit 2018 forscht er am Institute for Advanced Studies in Princeton.
Caucher Birkar: Der aus Iran stammende Kurde (Jahrgang 1978) lehrt an der University of Cambridge. Er ist Experte für Geometrie.
Aus der Schar der Preisträger ragt Scholze zweifellos heraus. Er galt seit langem als Topfavorit für die Medaille und wurde vorab mit Lob überschüttet: "Ein Ausnahmetalent, wie es sie lediglich alle paar Jahrzehnte gibt", hieß es in der Laudatio des Leibniz-Preises, den er schon 2016 bekam. Eine andere Jury nannte Scholze "einen der einflussreichsten Mathematiker der Welt".
Wenn man dem 30-Jährigen in seinem Bonner Mathematik-Institut auf der Treppe begegnet, könnte man fast meinen, er sei noch Student. Vom Alter könnte das sogar stimmen, aber Scholze wurde bereits mit 24 Jahren Professor - und gilt weltweit als Superstar seiner Zunft. Kollegen strömen in seine Vorträge, sie schätzen die Klarheit und Einfachheit seiner Erklärungen.
"Ich war im Matheunterricht immer recht gut", sagt Scholze. Schon als 16-Jähriger habe er versucht, den Beweis des Großen Satzes von Fermat zu verstehen - ein über Jahrhunderte ungelöstes Problem aus der Zahlentheorie. Viermal fuhr er als Schüler zur Internationalen Mathematik-Olympiade und holte drei Goldmedaillen und eine in Silber. Damit liegt er in der ewigen, weltweiten Bestenliste auf Rang 11.
Perfektoide Räume
"Mir war von Anfang an klar, dass er ein außergewöhnliches Talent ist", sagt der Matheprofessor Michael Rapoport, bei dem Scholze in Bonn studiert hat. Seine Masterarbeit habe Scholze in nur fünf Monaten geschrieben. "Sie war so außerordentlich, dass ich sie gleich an Kollegen geschickt habe."
2011 entwickelte Scholze für seine Dissertation die Theorie der sogenannten perfektoiden Räume. Mit dieser neuen mathematischen Methode können Probleme aus der Zahlentheorie geometrisch bewiesen werden. Scholze nutzte sie für mehrere spektakuläre Beweise.
Scholzes kognitive Fähigkeiten sind außerordentlich: Selbst komplexe Beweisideen entwickelt er mitunter allein im Kopf - ganz ohne Stift und Papier. Sein langjähriger Mentor Rapoport vergleicht Scholzes Talent mit dem von Mozart: Der Musiker habe drei Klavierkonzerte an einem Tag im Kopf komponiert und danach über Wochen aufgeschrieben.
Bei Scholze sei es ganz ähnlich. Er habe einmal - inspiriert vom Vortrag eines Kollegen - einen komplizierten Beweis vollständig im Kopf entwickelt. Der Beweis habe auch tatsächlich gestimmt, so Rapoport, auch wenn es noch ein halbes Jahr gedauert habe, bis Scholze ihn aufgeschrieben hatte.
spiegel
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