Papst Franziskus hat sich dafür ausgesprochen, Kinder mit homosexuellen Neigungen zum Psychiater zu schicken. Das Oberhaupt der katholischen Kirche äußerte diese Auffassung während einer Pressekonferenz im Flugzeug auf dem Rückweg von seinem zweitägigen Irlandbesuch nach Rom.
Auf die Frage eines Journalisten, was er Eltern eines möglicherweise homosexuellen Kindes sagen würde, antwortete Franziskus, er würde ihnen raten, "zu beten, nicht zu verurteilen, Gespräche zu führen, zu verstehen, dem Sohn oder der Tochter einen Platz zu geben".
Gerade in der Kindheit könne die Psychiatrie viel erreichen, fügte der argentinische Papst hinzu. 20 Jahre später sehe es anders aus. "Ich würde nie sagen, dass Schweigen ein Gegenmittel ist. Seinen Sohn oder seine Tochter mit homosexuellen Tendenzen zu ignorieren, ist ein Mangel an Väterlichkeit oder Mütterlichkeit."
"Ich werde dazu kein Wort sagen"
Zu den Vorwürfen des früheren Vatikan-Botschafters in den USA, Erzbischof Carlo Maria Vigano, im Zusammenhang mit mutmaßlichem Missbrauch durch den US-Kardinal Theodore McCarrick wollte sich der Papst dagegen nicht äußern. "Ich werde dazu kein Wort sagen", sagte Franziskus an Bord der Papst-Maschine. "Ich denke, das Schreiben spricht für sich", fügte er mit Blick auf einen Brief Viganos hinzu.
Darin wirft Vigano dem Papst vor, die Vorwürfe gegen McCarrick ignoriert und Strafmaßnahmen gegen den Geistlichen aufgehoben zu haben. Dies sei geschehen, obwohl es gegen McCarrick Vorwürfe wegen "stark unmoralischen Verhaltens gegenüber Seminaristen und Priestern" gab. Die Sanktionen hatte Franziskus' Vorgänger, der deutsche Papst Benedikt XVI., verhängt.
Der 77-jährige, mittlerweile im Ruhestand befindliche Vigano erhob die Beschuldigungen in einem elfseitigen Schreiben, das mehrere katholische Publikationen in den USA am Wochenende veröffentlicht hatten. Vigano schildert darin ausführlich McCarricks Verfehlungen und geht sogar so weit, die Abdankung des Papstes zu fordern.
"Bis zum bitteren Ende gedeckt"
Der Papst hatte im Juli ein Rücktrittsgesuch des wegen Missbrauchsvorwürfen suspendierten McCarrick angenommen. Vigano wirft dem Papst vor, McCarrick "bis zum bitteren Ende gedeckt" zu haben. "Die Korruption hat den Gipfel der Kirchenhierarchie erreicht", schreibt er und nennt auch den Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin sowie mehrere ranghohe Prälaten der römischen Kurie.
Franziskus erklärte dazu am Sonntag, er habe Viganos Brief zur Kenntnis genommen. "Lesen Sie den Brief aufmerksam und fällen Sie Ihr eigenes Urteil", sagte der Papst an die Journalisten gerichtet. "Wenn etwas Zeit vergangen ist und Sie Ihre Schlüsse gezogen haben, werde ich mich vielleicht äußern", sagte Franziskus.
Der Umgang der Kirche mit den Folgen unterdrückter Sexualität und sexuellem Missbrauch Schutzbedürftiger durch Geistliche zählt zu den brisantesten Themen, mit denen sich das Kirchenoberhaupt derzeit beschäftigen muss. Die Aufarbeitung der zahlreichen Skandale überschattete auch den Irland-Besuch des Pontifex.
Während seines Besuchs des Marien-Heiligtums im irischen Knock rund 180 Kilometer von Dublin entfernt bat der Papst um Vergebung für den sexuellen Missbrauch von Kindern durch Geistliche. In Irland wurden mutmaßlich über Jahrzehnte hinweg Tausende Kinder durch katholische Priester sexuell missbraucht. Seit 2002 haben mehr als 14.500 Menschen Entschädigung beantragt. Die Missbrauchsaffären haben der einstmals mächtigen katholischen Kirche in Irland einen dramatischen Vertrauensverlust eingetragen.
Papst trifft Missbrauchsopfer
In Dublin traf der Papst am Wochenende mit acht Missbrauchsopfern persönlich zusammen. Mitglieder des Klerus, Mönche und Vertreter katholischer Einrichtungen hatten sich an ihnen vergangen, wie Vatikan-Sprecher Greg Burke mitteilte. Unter den acht Teilnehmern der Begegnung war demnach ein Opfer des Priesters Tony Walsh. Dieser missbrauchte über einen Zeitraum von fast zwei Jahrzehnten Hunderte Kinder, bis er schließlich aus dem Priesterstand entlassen und inhaftiert wurde. Das Opfer wollte Burke zufolge anonym bleiben.
Unter den Iren, die den Papst trafen, war auch ein Mann namens Paul Jude Redmond, dessen Mutter als eine von Tausenden "gefallenen Frauen", also bei der Geburt ihres Kindes unverheirateten Müttern in ein katholisches Heim gesteckt wurde. Redmond wurde seiner Mutter weggenommen und zur Adoption freigegeben, seine Geburtsurkunde gefälscht und seine Adoptiveltern wurden als seine wahren Eltern ausgegeben, wie die "Sunday Times" berichtete.
Zu Beginn seines Irlandbesuchs hatte Papst Franziskus der Kirche "Versagen" im Umgang mit den Missbrauchsskandalen in Irland bescheinigt. Das Fehlverhalten der Kirche bleibe "eine Quelle des Schmerzes und der Scham für die katholische Gemeinschaft", sagte er.
Quelle: n-tv.de
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