Maas fordert rumänische Führung zu Mäßigung auf

  28 Auqust 2018    Gelesen: 1064
Maas fordert rumänische Führung zu Mäßigung auf

Heiko Maas ist besorgt über das politische Klima in Rumänien - umstrittene Reformen führten bereits mehrfach zu gewaltsamen Protesten. Bei einem Besuch in Bukarest fand der Außenminister jetzt deutliche Worte.

Die Tür des Airbus-Fliegers öffnet sich, und dem Außenminister schlägt auf dem Flughafen Coanda eine feuchtwarme Hitze entgegen. Das Wetter passt zur Lage im Land, denn der Besuch von Heiko Maas in Rumäniens Hauptstadt ist eine Kurzvisite in einen Krisenstaat der EU. Erst im August hatte es Proteste in Bukarest gegen die Politik der Postkommunisten, der regierenden sozialdemokratischen Partei PSD gegeben. Es gab mehr als 400 Verletzte.

Die Demonstration, von Exil-Rumänen aus westlichen Ländern organisiert, reihte sich ein in jene Proteste, die sich seit Frühjahr 2017 gegen die drohende Aushebelung der Gewaltenteilung, gegen die ausufernde Korruption und die Straffreiheit betroffener Politik richtet. In der Kritik steht unter anderen der wegen Amtsmissbrauch und Wahlmanipulationen bereits 2015 rechtskräftig verurteilte Vorsitzende der regierenden "Partidul Social Democrat" (PSD), Liviu Dragnea. Der Präsident des Abgeordnetenhauses gilt als Antreiber der umstrittenen Reformgesetze, die aus Sicht ihrer Kritiker die Justiz aushöhlt.

Die Autokolonne von Maas, die ihn mit seiner Begleitgruppe auf die Botschafterkonferenz des rumänischen Außenministeriums in einem Hotel führt, passiert nicht nur die PSD-Parteizentrale, sondern auch jenen zentralen Siegesplatz, auf dem am 10. August die Proteste eskalierten. Nur eine zeltähnliche Unterkunft eines unbeirrbaren Demonstranten ist davon noch zu sehen. Das Land ist bis Mitte September noch in den Ferien. Wie es weitergeht, ist eine offene Frage. Der PSD-Chef bezichtigte jüngst sogar Präsident Klaus Johannis des Hochverrats, weil der angeblich "mit außerparlamentarischen Mitteln" die Regierung stürzen wolle. Vorausgegangen war die Kritik von Johannis an der Politik der Koalitionsregierung aus PSD und der Alde-Partei. In Bukarest traf Maas nicht nur Außenminister Teodor Melescanu, sondern auch Johannis, der der deutschen Minderheit im Land angehört.

Deutliche Worte von Maas

Rumänien wird zu Jahresbeginn 2019 die Ratspräsidentschaft der EU übernehmen, zum erste Mal seit seiner Mitgliedschaft. Im Hotel "Radisson Blu", wo sich Gäste draußen im Pool eine Kühlung verschaffen, hält Maas vor den rumänischen Diplomaten eine Rede, in der er die Rolle des Landes als Haupttruppensteller in der multinationalen Brigade lobt und Unterstützung bei der Gestaltung der östlichen Partnerschaft verspricht.

Zugleich aber mahnt Maas die Führung in Bukarest zur Mäßigung im innenpolitischen Konflikt. Europa müsse die Werte leben, die es sich auf die Fahne geschrieben habe - "Demokratie, Rechtsstaat, Menschenrechte und Pressefreiheit". Dafür trage jeder EU-Mitgliedstaat Verantwortung, so Maas und blickte schon mal ins kommende Jahr. Das gelte für das Land, das die Ratspräsidentschaft innehabe "aber noch einmal auf ganz besondere Weise".

Es sind deutliche Worte für einen Außenminister. Es bereite Deutschland Sorge, dass ausgerechnet eine Auseinandersetzung über Werte, Politik und Gesellschaft in Rumänien seit anderthalb Jahren polarisiere, sogar zu gewalttätigen Konfrontationen geführt habe. Er wirbt bei der umstrittenen Justizreform für einen "Weg der Mitte", gibt sich überzeugt, dass es möglich sei, "die richtige Balance der Gewaltenteilung zwischen Legislative, Exekutive und Judikative zu finden".

Am Vormittag hatte Maas auf der Botschafterkonferenz des Auswärtigen Amtes in Berlin bereits zu den Spitzendiplomaten seines Hauses gesprochen. Dort hatte er, wie später in ähnlicher Form in Bukarest, erneut sein strategisches Konzept in Zeiten der neuen US-Politik unter Donald Trump vorgestellt: eine "Allianz des Multilateralismus". In der es, so Maas in Berlin und Bukarest, eine "neue, balancierte Partnerschaft mit den USA" geben solle. Deutschland und Rumänien profitierten "mehr als andere von einem regelbasierten Miteinander, von offenen Märkten, von der Kooperation mit den USA in Sicherheitsfragen".

"Nicht die kleinste Sorge über den Verlauf der Ratspräsidentschaft"

In Bukarest spricht Maas auch die Flüchtlingspolitik an. Der größte Spaltpilz sei das Thema der Migration in der EU gewesen, es werde ein Spaltpilz bleiben, "wenn wir Solidarität auf die Frage fester Quoten für die Umverteilung reduzieren". Europäische Solidarität lasse sich auch anders ausdrücken, verweist Maas auf Rumänien. Bukarest, lobt er, habe sich an Programmen zur Umsiedlung und Neuansiedlung von Flüchtlingen beteiligt.

In Bukarest geht es Maas auch um die Machtoptionen Chinas, das mit seinem Projekt der Seidenstraße - 1 plus 16 - auf Partner in osteuropäischen EU-Länder setzt. Das dürfe nicht die EU spalten, denn wenn "unser Zusammenhalt untergraben wird, verlieren wir am Ende alle". Das, so Maas, gelte auch für Russland. Deutschland teile Rumäniens Sorge, dass Russland rund um das Schwarze Meer immer selbstbewusster auftrete. Die EU, so Maas, müsse sich - wie im Baltikum- so auch im Südosten stärker engagieren "mit Rumänien als zentralem Pfeiler".

Nach der Rede gibt es eine kurze Pressekonferenz, die dem Außenminister zeigt, wie schwierig die Situation im Lande ist. Rumäniens Außenminister wird von einem Journalisten der ARD nach der umstrittenen Justizreform gefragt, was sein Land tun könne, um Sorgen während der Ratspräsidentschaft zu zerstreuen. Melescanu weicht aus, geht mit keinem Wort konkret auf die Frage ein. Er habe, sagt er, "nicht die kleinste Sorge über den Verlauf der Ratspräsidentschaft". Immerhin, der Außenminister wendet sich in aller Deutlichkeit gegen verbale Angriffe gegen die deutsche Minderheit im Lande. Er missbillige jeden Standpunkt, der das Ansehen der deutschen Minderheit in Abrede stellen wolle. Die Deutschen in Rumänien hätten in der hundertjährigen Geschichte des modernen Rumänien ihre Loyalität bewiesen.

spiegel


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