In der afghanischen Hauptstadt Kabul ist ein weiterer Abschiebeflug aus Deutschland ein-getroffen. Beamte am Flughafen bestätigten, dass die Maschine aus München am frühen Morgen gelandet sei. Eine Sprecherin des Bayerischen Flüchtlingsrats sagte, an Bord der Maschine seien etwa 22 Afghanen gewesen.
In der Münchner Innenstadt protestierten gegen die Abschiebung mehrere hundert Menschen. Bei der Maschine handelt es sich um die 16. Sammelabschiebung seit dem ersten Flug im Dezember 2016. Bei den bisherigen 15 Abschiebungen hatten Bund und Länder 349 Männer nach Afghanistan zurückgebracht. Nach einer solchen Anfang Juli hatte einer der 69 Männer kurz nach seiner Ankunft in Kabul Suizid begangen.
Die geplante Abschiebung nach Kabul sei "unverantwortlich", kritisierte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt in Frankfurt am Main. Das UN-Flüchtlingshilfswerk habe in seinem Anfang September bekannt gewordenen Report zur Lage in Afghanistan klargestellt, dass Kabul generell keine interne Fluchtalternative mehr sei.
Kritik von Pro-Asyl und Amnesty
Burkhardt rief die Länderinnenminister auf, die aktuellen Entwicklungen in Afghanistan und die neue Lageeinschätzung der Vereinten Nationen zu Kabul zur Kenntnis zu nehmen. Auch die Amnesty-Asylrechtsexpertin Franziska Vilmar erklärte in Berlin, die Sammelabschiebung müsse "unverzüglich gestoppt werden". Beide Organisationen verwiesen unter anderem auf die Regierung Finnlands, die nach Veröffentlichung des aktuellen UNHCR-Berichts Abschiebungen nach Afghanistan bis auf weiteres gestoppt habe.
Einen sofortigen Abschiebestopp forderte auch die Linken-Innenexpertin Ulla Jelpke. "Die aktuelle Abschiebepraxis der Bundesregierung steht in totalem Widerspruch zur katastrophalen Lage in Afghanistan", erklärte Jelpke in Berlin. Es gebe innerhalb des Landes - anders als von der Regierung behauptet - "keine ernsthaften Fluchtalternativen". Daher sei es "allerhöchste Zeit, dieser menschenverachtenden Praxis ein Ende zu setzen", forderte Jelpke mit Blick auf die Abschiebungen.
In Afghanistan weitet sich der Krieg mit den radikalislamischen Taliban und der Terrormiliz Islamischer Staat aus. Erst in der Nacht zu Montag wurden in vier Provinzen im Norden des Landes bei Kämpfen fast 60 Sicherheitskräfte der Regierung getötet. Bei einem Anschlag auf Demonstranten in der östlichen Provinz Nangarhar kam es am Dienstag amtlichen Angaben zufolge zu 68 Toten. 165 weitere Menschen seien verletzt worden, als ein Selbstmordattentäter inmitten einer Demonstration mit Hunderten Teilnehmern seinen Sprengstoff zündete.
Quelle: n-tv.de
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