Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan setzt seinen Staatsbesuch in Deutschland fort. Am letzten Tag der Reise steht zunächst ein Frühstück mit Kanzlerin Angela Merkel auf dem Programm. Danach reist Erdogan weiter nach Köln, wo er an der Eröffnung der Ditib-Zentralmoschee teilnehmen will. Die geplante Veranstaltung vor der Moschee, zu der Tausende Anhänger Erdogans erwartet wurden, wurde am Freitagabend kurzfristig aus Sicherheitsgründen untersagt. Die Eröffnungszeremonie könne stattfinden, aber nur mit geladenen Gästen, erklärte die Stadt Köln.
Zum Auftakt des Staatsbesuches hatte es am Freitag kaum Anzeichen für eine Wiederannäherung im deutsch-türkischen Verhältnis gegeben. Kanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mahnten die Einhaltung der Pressefreiheit und der Menschenrechte an. Merkel sprach von weiterhin "tiefgreifenden Differenzen". Steinmeier sagte am Abend bei einem Staatsbankett im Schloss Bellevue: "Ich sorge mich als Präsident dieses Landes um deutsche Staatsangehörige, die aus politischen Gründen in der Türkei inhaftiert sind."
Erdogan wies die Vorwürfe anschließend nochmals in aller Deutlichkeit zurück. Der türkische Präsident wich im Schloss Bellevue von seinem Redemanuskript ab und forderte nachdrücklich Respekt für die türkische Justiz und damit für das Auslieferungsersuchen für den in der Türkei verurteilten Journalisten Can Dündar. "Hunderte, Tausende" von Terroristen liefen in Deutschland frei herum, sagte Erdogan. "Sollen wir darüber etwa nicht sprechen? Sollen wir dazu nichts sagen?"
"Ich war gezwungen, darüber zu sprechen"
Dündar, ehemals Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung "Cumhuriyet", war wegen eines Artikels zu Waffenlieferungen des türkischen Geheimdiensts nach Syrien verurteilt worden und lebt in Deutschland im Exil. Erdogan besteht auf der Auslieferung Dündars.
"Eigentlich hätte ich an diesem Abend nicht über so etwas reden wollen", sagte er in seiner Rede. "Aber da der Herr Präsident das angesprochen hat, war ich gezwungen, darüber zu sprechen."
Trotzdem schien die türkische Seite zunächst nicht unzufrieden mit dem Besuch. "Man war ehrlich zueinander. Ich denke, es ist ein Fundament geschaffen worden, auf dem man vieles aufbauen kann", hieß es am späten Abend aus dem Umfeld des Präsidenten. Auch türkische Medien - die meisten auf Regierungslinie - berichteten wohlwollend. "Merkel betont gemeinsame strategische Interessen mit der Türkei", titelte zum Beispiel die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu.
Nach einem Frühstück mit Merkel fliegt Erdogan an diesem Samstag nach Köln. Vor der Eröffnung der Ditib-Moschee ist ein Gespräch mit dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet geplant. Für das Treffen, das ursprünglich auf Schloss Wahn stattfinden sollte, musste eilig ein neuer Ort gefunden werden, weil die Schlossbesitzer einen Empfang Erdogans aus politischer Überzeugung abgelehnt hatten. Nun soll das Treffen auf dem militärischen Teil des Flughafens Köln/Bonn stattfinden. Laschet hat bereits deutlich gemacht, dass er auch kritische Themen wie die Pressefreiheit in der Türkei und die Lage der dort inhaftierten Deutschen ansprechen will. An der Moschee-Eröffnung will der Ministerpräsident nicht teilnehmen. Weder Bund noch Land oder die Stadt Köln werden vertreten sein.
Ditib ohne Sicherheitskonzept
Rund um die Moschee ist ein großer Sicherheitsbereich festgelegt worden. Die geplante Außenveranstaltung könne allerdings nicht stattfinden, die Ditib habe kein ausreichendes Sicherheitskonzept vorgelegt, sagte die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker am Freitagabend. "Das ist sehr bedauerlich, aber eine unüberschaubare Menschenansammlung dürfen wir einfach nicht akzeptieren." Die Ditib hatte auf Facebook zu der Veranstaltung eingeladen und mit bis zu 25.000 Besuchern gerechnet.
Neben der Moschee-Eröffnung sind in Köln mehrere Kundgebungen angemeldet. Viele Tausend Anhänger und Gegner Erdogans aus allen Teilen Deutschlands werden erwartet. Mehrere Tausend Polizisten sind deshalb in Köln in Einsatz. In der Großstadt herrscht die höchste Sicherheitsstufe.
Die Kölner Zentralmoschee der Türkisch Islamischen Union Ditib - sie ist der Religionsbehörde Diyanet in Ankara direkt unterstellt - wird zwar schon seit einiger Zeit genutzt. Die offizielle Eröffnung hatte sich nach Streit der Ditib mit Architekten und einem Bauunternehmen aber immer wieder verzögert. Der größte Dachverband in Deutschland steht unter anderem wegen seiner großen Nähe zu Erdogan, Spitzelaffären einiger Ditib-Imame und zunehmender Abschottung in der Kritik.
Quelle: n-tv.de , chr/dpa
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