Merkel zu Gast bei schwierigen Freunden

  03 Oktober 2018    Gelesen: 990
Merkel zu Gast bei schwierigen Freunden

Wenn Israels Ministerpräsident Netanjahu heute Abend Kanzlerin Merkel zum Essen empfängt, dürfte es vor allem mit Blick auf den Iran Meinungsverschiedenheiten geben. Es ist nicht das einzige Thema, das zwischen beiden Regierungen strittig ist.

Bundeskanzlerin Angela Merkel wird heute Abend in Israel zu den mittlerweile schon traditionellen Konsultationen der beiden Regierungen eintreffen. Begleitet wird sie dabei von Vertretern aller Ressorts ihres Kabinetts. Seit 2008 ist es das siebte Treffen dieser Art zwischen Berlin und Jerusalem.

Anlässlich des Besuchs aus Deutschland demonstrierten beduinische Kinder im Dorf Khan al-Ahmar im Westjordanland mit Fotos der Bundeskanzlerin. Sie forderten Merkel auf, den Abriss ihres Dorfes zu verhindern. Das Ultimatum, das die israelische Zivilverwaltung den Einwohnern gegeben hatte, um den Ort zu evakuieren, war Anfang der Woche ausgelaufen. Israel will die mehr als 180 Bewohner von Khan al-Ahmar auf ein wenige Kilometer entferntes Grundstück umsiedeln. Das Beduinendorf wurde nach Ansicht Israels illegal gebaut.

Aus diplomatischen Gründen wird das Dorf wohl nicht geräumt, solange sich die deutsche Delegation in Israel befindet. Dennoch wird erwartet, dass Merkel das Thema während ihres Treffens mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zur Sprache bringt. Wie alle EU-Staaten verurteilt auch Deutschland dieses aus europäischer Sicht völkerrechtswidrige Vorgehen. Besorgt ist die Bundesregierung auch über die militärische Eskalation und die sich verschlechternde humanitäre Lage in Gaza.

Bereits am Dienstag trafen sich israelische und deutsche Oppositionspolitiker, angeführt von Mossi Raz von der linksliberalen Meretz-Partei und dem Grünen-Bundestagsabgeordneten Omid Nouripour. In einer gemeinsamen Erklärung forderten sie das Ende der israelischen Besatzung der Palästinensergebiete und einen Stopp der Räumung des Beduinendorfes. Außerdem warten die beiden Parteien vor rechtsextremen Strömungen sowohl in Deutschland als auch in Israel.

"Die Evakuierung von Khan al-Ahmar ist ein Kriegsverbrechen, das gegen internationales Recht verstößt. Ich hoffe, dass die internationale Gemeinschaft den Abriss der Gemeinschaft stoppt und die israelische Regierung unter Druck setzen kann", erklärte Raz. "Die Palästinenser benötigen eine Menge Hilfe. Es gibt ein Gefühl der Verzweiflung dort", sagte Nouripour. Mit Blick auf den Ausstieg der USA aus der Finanzierung der UNRWA, des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Flüchtlinge aus Palästina, fügte der Grünen-Politiker hinzu, Deutschland sei entschlossen, die weitere Arbeit der UN-Organisation sicherzustellen.

Fahrt nach Ramallah ist nicht geplant


Bei den Regierungskonsultationen dürften andere Themen im Vordergrund stehen. Diskutiert werden hauptsächlich die engen Beziehungen auf technologischem und militärischem Gebiet sowie die Zusammenarbeit der jeweiligen Geheimdienste. An der Reise teilnehmen wird auch der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein. Sein Amt gibt es erst seit wenigen Monaten. Am Dienstagmorgen wird Merkel die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem besuchen und in der "Halle der Erinnerung" einen Kranz niederlegen.

Bereits heute Abend wird Merkel gleich nach ihrer Ankunft in Tel Aviv vom Flughafen zum Abendessen mit Netanjahu nach Jerusalem fahren. Ihr Kabinett wird zeitgleich vom israelischen Energieminister Yuval Steinitz bewirtet.

Im Rahmen einer besonderen Zeremonie erhält die Bundeskanzlerin am Donnerstag die Ehrendoktorwürde der Universität Haifa im Israel-Museum von Jerusalem, wo sie auch mit Studenten diskutieren wird. Das Museum veranstaltet eine Innovationsausstellung, die sich Merkel und Netanjahu zusammen mit Unternehmern aus Israel und Deutschland anschauen wollen. Nach einem Mittagessen beim israelischen Präsidenten Reuven Rivlin treffen sich die beiden Regierungschefs zu einem Vier-Augen-Gespräch. Es wird erwartet, dass spätestens dann die iranische Bedrohung Israels sowie die Eskalation in Gaza angesprochen werden. Beide Themen sind zwischen Merkel und Netanjahu durchaus kontrovers. Anders als die israelische Regierung hält die Bundeskanzlerin das Iran-Abkommen für einen guten Weg, eine atomare Bewaffnung des Iran zu verhindern. Dagegen verweist Netanjahu wie US-Präsident Donald Trump auf die zunehmend aggressive Rolle, die der Iran in der Region, etwa in Syrien, spielt. Eine gemeinsame Pressekonferenz findet nach dem Vier-Augen-Gespräch statt. Bevor Merkel und ihre Delegation am Donnerstagabend zurückfliegen, gibt es eine gemeinsame Kabinettsitzung der deutschen und israelischen Regierung.

Nach Ramallah, zum Sitz der palästinensischen Autonomiebehörde, wird Merkel während dieses Besuchs nicht fahren. Auch Treffen mit Vertreter der Palästinenser sind nicht geplant. Der Schwerpunkt ihres Besuchs liege auf den Beziehungen zu Israel, heißt es aus der deutschen Botschaft in Tel Aviv.

Eigentlich hätten die deutsch-israelischen Regierungskonsultationen bereits im vergangenen Jahr stattfinden müssen. Wegen der Bundestagswahl wurde das Treffen jedoch abgesagt. Ein weiterer Grund dürfte die deutsche Unzufriedenheit mit einem israelischen Gesetz gewesen sein, das damals von der Knesset verabschiedet wurde und das die Enteignung von privatem palästinensischem Land erlaubt.

Quelle: n-tv.de


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