Wer stoppt Griechenlands Banken-Crash?

  19 Oktober 2018    Gelesen: 841
Wer stoppt Griechenlands Banken-Crash?

Erst im August schlüpfte Athen voller Optimismus unter dem Euro-Rettungsschirm hervor. Nur zwei Monate später zeigt sich: Die Banken stehen wieder vor dem Kollaps - und mit ihnen möglicherweise das ganze Land.

Alle schauen derzeit auf Italien und den Schuldenstreit mit Brüssel. Die Griechenland-Krise scheint weit weg. Aber wer gedacht hatte, Hellas sei über den Berg, hat sich gewaltig getäuscht. Fast unbemerkt ist in den vergangenen Wochen eine neue Vertrauenskrise durch die Hintertür gekommen. Am Aktien- und Anleihemarkt hat sie bereits deutliche Spuren hinterlassen.

Investoren warfen massenweise griechische Banken-Titel aus ihren Depots. Seit Mitte September verloren die Aktien des Sektors 18 Prozent. Die Papiere des Platzhirschen Piräus Bank erwischte es am schlimmsten. Sie rauschten 40 Prozent in die Tiefe. Aus Sicht der vergangenen fünf Jahren sind griechische Bankaktien nahezu ein Totalausfall. 

Die Märkte warten dringend auf ein Zeichen, dass Athen die Lage im Griff hat. Die Renditen griechischer Staatsanleihen schossen bereits kurzzeitig über die Fünf-Prozent-Marke. Aber die Regierung tut sich schwer mit Lösungen. Die heimischen Geldinstitute drückt eine Last von gut 88 Milliarden Euro fauler Kredite. Aus Sorge, sie könnten sie nicht alleine stemmen und möglicherweise neues Kapital benötigen, suchen Investoren in Scharen das Weite. Ähnlich wie es auch in den Krisenländern Italien und der Türkei passiert.

Ein griechischer Rettungsschirm für Banken

Athen übt sich derweil hauptsächlich in Schadensbegrenzung und versucht, den Spekulanten und der Krise in Italien die Schuld in die Schuhe zu schieben. "Reden Sie nicht von Banken, die zusammenbrechen. Das ist nicht richtig", ärgerte sich Finanzminister Euklid Tsakalotos im Parlament in Athen. Doch der Haushaltsstreit mit Italien oder die steigenden Renditen auf italienische Bonds können nicht übertünchen, dass die Hellas-Institute selbst in der Klemme stecken. 

Nach Athens Beteuerungen, auf eigenen Füßen stehen zu können, hat Ministerpräsident Alexis Tsipras nur zwei Monate, nachdem Europas größtes Sorgenkind den europäischen Rettungsschirm verlassen hat, ein Hilfspaket für den heimischen Bankensektor angekündigt. Details lassen allerdings auf sich warten.

Wohl auch, weil Griechenland diesmal mit seinen Problemen alleine dasteht. Dreimal waren die vier größten Banken des Landes in der Euro-Krise rekapitalisiert worden. Erste Berichte, wonach der Euro-Rettungsschirm (ESM) und der griechische Bankenverband gemeinsam an einem Hilfsplan für die griechischen Geldhäuser tüftelten, dementierte der ESM. Man verfolge die jüngsten Entwicklungen im griechischen Finanzsektor aber genau, hieß es in einer Stellungnahme. "Das gehört zu den Pflichten des ESM als Griechenlands größtem Gläubiger."

Modell Bad Bank: Wer soll dafür haften?

Eine mögliche Rettungsvariante wäre, die faulen Darlehen in Milliardenhöhe in eine Zweckgesellschaft, eine sogenannte Bad Bank, auszulagern. Das würde die Bilanzen der Geldhäuser entlasten. Problematisch ist jedoch deren Finanzierung. Diskutiert wird angeblich, die Schrottanleihen an Investoren zu verkaufen. Das müsste aber der Staat garantieren, um Vertrauen zu schaffen.

Und das hätte gleich zwei Haken: Zum einen müssten die Steuerzahler im Zweifelsfall einspringen. Dabei hatten Europas Regierungen ihnen nach der Finanzkrise versprochen, nie wieder marode Banken retten zu müssen. Zum anderen müssten die EU-Wettbewerbshüter prüfen, ob es sich bei den Garantien um unzulässige Staatshilfen handelt.

Eine andere Variante wäre der Griff in die Kasse des Athener Finanzministers. Er bunkert eine Reserve von 24 Milliarden Euro, Restgeld aus dem dritten Hilfspaket, das die Euroländer den Griechen als Finanzpuffer auf dem Weg in ihre wiedererlangte finanzielle Selbstständigkeit mitgegeben haben und das Athen bisher nicht ausgegeben hat.

Doch auch hier gibt es einen Haken: Das Geld ließe sich nur in Absprache mit dem ESM anzapfen. Selbst wenn er grünes Licht geben würde, wäre das keine Lösung. Athen braucht die Rücklagen als Sicherheit für die Rückkehr an den Kapitalmarkt. Denn die Bonität liegt tief im Ramschbereich.

Ein Teufelskreis

Athen steckt in einer Sackgasse. Griechenland hat zwar die Kurve in der Eurokrise knapp gekriegt - doch die Schieflage der Banken ist offenbar unterschätzt worden. Weil sie krank sind, geben sie keine Kredite. Der fragilen Wirtschaft, die nur mit zwei Prozent wächst, droht die Geldquelle zu versiegen. Als Griechenland das dritte Hilfsprogramm verließ, bezeichneten europäische Politiker das Land als "normal". Spätestens jetzt ist klar, das war und ist nicht der Fall.

Inzwischen bedroht die Bankenkrise das wichtigste Ziel Athens nach dem Verlassen des Rettungsschirms: Den Gang an den Kapitalmarkt. Marktbeobachter hatten mit einem Marktgang im September gerechnet. Der rückt nun in immer weitere Ferne. Experten schätzen, dass für ein Zehnjahrespapier über vier Prozent fällig sein würden. Das ist teuer und zu diesem Zeitpunkt auch nicht unbedingt nötig, weil es noch das Euro-Polster aus dem Rettungspaket gibt.

Die Regierung muss sich entscheiden. Entweder Athen rettet die Banken und verschiebt die erhoffte Emission einer zehnjährigen Anleihe. Oder sie rettet die Banken nicht. In dem Fall wird sie keine Schulden mehr aufnehmen können. Die Reserven werden in absehbarer Zeit aufgebraucht sein. Spätestens dann könnten möglicherweise die internationalen Geldgeber wieder auf den Plan treten. Griechenlands Bankenkrise zeigt, wie schnell die Eurokrise wieder aufflammen kann.

Quelle: n-tv.de


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