Lewis Hamilton war nach der noch einmal vertagten Titelparty in Gönnerlaune. Entspannt gratulierte der Mercedes-Pilot dem Formel-1-Veteranen Kimi Räikkönen, der in Austin mit seinem ersten Grand-Prix-Sieg seit 2044 Tagen die WM-Entscheidung verschoben und seinem Ferrari-Kollegen Sebastian Vettel eine Mini-Hoffnung bewahrt hatte. "So ist es jetzt eben. Kimi hat einen großartigen Job gemacht", sagte Hamilton, der beim Taktik-Krimi in Texas nur Dritter hinter Red-Bull-Pilot Max Verstappen geworden war. Auch Platz zwei hätte dem Briten aber nicht zum fünften WM-Triumph genügt, weil Vettel nach einem Crash in Runde eins noch Vierter wurde. "Das war unnötig aufregend. Es ist ein bisschen bitter, wir hätten auf jeden Fall das Rennen gewinnen können", klagte Vettel über sein erneutes Malheur.
Vor dem Grand Prix in Mexiko in der kommenden Woche liegt der Hesse nun 70 Punkte hinter Hamilton. Holt Vettel dann nicht mindestens 21 Zähler mehr als der WM-Führende, ist das Titelrennen endgültig gelaufen und Hamilton auf einer Stufe mit dem fünfmaligen Champion Juan Manuel Fangio aus Argentinien. Nur Michael Schumacher hat mit sieben Triumphen noch zwei mehr.
"Wir müssen weiter pushen. Ich bin aber happy, wir sind in den Top Drei", sagte der entspannte Hamilton im Ziel. Auf dem Podium neben ihm lauschte später Räikkönen gelassen mit Sonnenbrille der finnischen Hymne. Im Raum dahinter hatte er zuvor noch Hamilton gefragt: "Hast du jetzt die WM gewonnen?" Der Brite antwortete nur: "Nein."
Vettel patzt in Runde eins
Für Räikkönen war es der erste Erfolg seit seiner Rückkehr zur Scuderia vor vier Jahren. Zuletzt hatte der 39-Jährige am 17. März 2013 in Australien im Lotus gewonnen. "Endlich, verdammt", rief der Routinier, der in der kommenden Saison zu Sauber abgeschoben wird, danach in den Boxenfunk.
Mit seiner klugen Fahrt in Austin leistete der Weltmeister von 2007 endlich einmal auch wichtige Schützenhilfe für Vettel. Doch diese dürfte zu spät kommen. Hamiltons Titel ist kaum noch zu verhindern. Auf der texanischen Rennstrecke hatte Hamilton vom ersten Training an das Tempo vorgegeben. In der Qualifikation sicherte er sich die 81. Pole Position seiner Karriere, war einmal mehr schneller als Vettel. Weil der Deutsche bei den Übungsrunden am Freitag bei Roter Flagge nicht langsam genug gefahren war, musste er drei Plätze weiter hinten als Fünfter starten. Immerhin platzierte sich Teamkollege Räikkönen dafür als Zweiter neben Hamilton und konnte diesen von Beginn an ärgern.
Schon nach wenigen Metern setzte sich der Finne auf den weicheren und damit schnelleren Reifen neben den Silberpfeil-Piloten und quetschte sich in der ersten Kurve auf Platz eins. Hamilton gab nach. Er wusste ja, dass ihm noch genug Zeit blieb, das Rennen wieder zu wenden. Vettel hingegen überstand Runde eins zum wiederholten Mal nicht unbeschadet. Beim Zweikampf mit Daniel Ricciardo touchierte er den Red Bull des Australiers, drehte sich und fand sich plötzlich auf Platz 15 wieder. Die WM schien endgültig verloren. Vorn behauptete Räikkönen zwar die Führung, doch Hamilton hätte zu diesem Zeitpunkt auch Platz zwei zum Titelgewinn gereicht. Dann begann der Strategiepoker.
Strategiepoker in Austin
Als Ricciardo seinen Red Bull mit einem Defekt in der Auslaufzone abstellen musste, nutzte Mercedes das Tempolimit durch das Virtuelle Safety-Car für einen Reifenwechsel bei Hamilton. So verlor der Champion deutlich weniger Zeit gegenüber Räikkönen an der Box. Ferrari hatte auf einen Stopp verzichtet. Hamilton kehrte als Dritter zurück auf die Strecke, kurz darauf machte ihm Teamkollege Valtteri Bottas auf Hinweis vom Kommandostand brav Platz. Mit Riesenschritten reduzierte er den Rückstand auf Räikkönen. In Runde 21 musste der Ferrari-Pilot an die Box, nun lag Hamilton wieder vorn.
Weil kurz darauf auch Verstappen, der von Rang 18 grandios vorgefahren war, und Bottas an die Box kamen, lag Vettel in Runde 23 kurz auf Rang zwei. Doch die Reifen des Deutschen waren hinüber. Bevor er in Runde 27 zur Garage abbog, waren Räikkönen und Verstappen schon wieder an ihm vorbei.
Doch der Tag war noch nicht gelaufen. Hamiltons Reifen bauten rapide ab. Die Erwartung von Ferrari, dass der Brite noch einmal frische Gummiwalzen benötigen würde, bestätigte sich in Runde 38. Plötzlich war Hamilton nur noch Vierter. 17 Runden blieben ihm für seine Aufholjagd. Mit schnellen Runden ging er zunächst an Bottas vorbei und schloss dann zu Räikkönen und Verstappen auf. Doch es reichte nicht mehr. Hamilton probierte zwar alles, doch sein Überholversuch gegen Verstappen scheiterte. Dann überholte Vettel auch noch Bottas. Hamiltons Titelparty wird damit wohl wie schon im Vorjahr wieder in Mexiko steigen.
Quelle: n-tv.de
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