Ein rechtsgerichtetes Internetportal mit antisemitischen Inhalten, auf dem der mutmaßliche Attentäter Robert Bowers von Pittsburgh aktiv gewesen sein soll, muss offenbar offline gehen. Die Seite Gab.com, beliebt bei weißen Nationalisten und Mitgliedern der rassistischen Alt-Right-Bewegung, erklärte am Samstag, ihr Provider werde ab Montag seine Dienste aussetzen. Berichten zufolge hat auch der Online-Bezahldienst Paypal die Seite gesperrt.
In der Stadt Pittsburgh im US-Bundesstaat Pennsylvania hatte am Samstagmorgen (Ortszeit) ein schwer bewaffneter Angreifer in einer Synagoge um sich geschossen und elf Menschen getötet. Sechs weitere Menschen wurden verletzt. Die Polizei überwältigte den Täter und nahm ihn fest. Nach Angaben von US-Justizminister Jeff Sessions könnte ihm die Todesstrafe drohen. Die Bundesstaatsanwaltschaft erhob noch in der Nacht Anklage in insgesamt 29 Punkten gegen den Mann.
"Gab wird wahrscheinlich über Wochen nicht erreichbar sein", schrieb die Internetseite auf Twitter. "Wir werden weiter für freie Meinungsäußerung und individuelle Freiheit im Internet für alle kämpfen", hieß es weiter. Gab habe "null Toleranz" für Gewalt und Terrorismus und sei "traurig und angeekelt" über die Nachrichten aus Pittsburgh, hieß es in einer Stellungnahme.
Letzte Botschaft: "Ich gehe rein"
Gab teilte mit, dass es nach Bekanntwerden des Anschlags den Namen des mutmaßlichen Schützen mit einem seiner Nutzerkontos in Verbindung gebracht habe. Daraufhin habe es das Konto von Robert Bowers gesperrt und sofort die Bundespolizei FBI kontaktiert.
Bowers soll der Verfasser einer Serie von antisemitischen Botschaften sein. In einem Eintrag, der von Bowers stammen soll und nur wenige Stunden vor dem Attentat gepostet wurde, wird die jüdische Flüchtlingshilfeorganisation Hias angegriffen: "Hias holt gerne Eindringlinge, die unsere Leute töten. Ich kann nicht sitzen bleiben und zusehen, wie meine Leute abgeschlachtet werden. Scheiß auf Eure Sichtweise, ich gehe rein."
Der 46-jährige Angreifer hatte während einer Zeremonie zur Namensgebung für ein Baby am Sabbat-Tag das Feuer eröffnet. Dabei soll er Medienberichten zufolge "Alle Juden müssen sterben!" gebrüllt haben. Nach Behördenangaben war er mit einem Sturmgewehr und mindestens drei Handgranaten bewaffnet. Nach einem Schusswechsel mit der Polizei wurde er festgenommen und in ein Krankenhaus eingeliefert. Der FBI-Agent Bob Jones sagte: "Es ist der schlimmste Tatort, den ich in 22 Jahren Berufserfahrung gesehen habe." Die Tat wird von den Behörden als Hassverbrechen eingestuft. Der Angreifer hatte mehrere Schusswaffen bei sich. Nach ersten Erkenntnissen besaß er sie legal.
Trump will sich mäßigen
Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron, UN-Generalsekretär António Guterres und Israels Premierminister Benjamin Netanjahu verurteilten die Tat mit scharfen Worten. "Wir alle müssen uns dem Antisemitismus entschlossen entgegenstellen - überall", schrieb Regierungssprecher Steffen Seibert im Auftrag der Kanzlerin auf Twitter. Netanjahu sagte in einer Videobotschaft: "Mein Herz ist gebrochen und ich bin angewidert von der mörderischen Attacke auf eine Synagoge in Pittsburgh." Das gesamte israelische Volk trauere mit den Familien der Toten, betonte der israelische Regierungschef. In Pittsburgh und auch vor dem Weißen Haus in Washington kamen am Abend spontan Menschen zusammen und trauerten gemeinsam um die Opfer.
Es handelt sich bereits um den zweiten offenbar politisch motivierten Gewaltakt, der die USA in der Schlussphase des Wahlkampfs für die Kongresswahlen am übernächsten Dienstag erschüttert. In den Vortagen waren 13 Briefbomben abgefangen worden, die an prominente Trump-Kritiker gerichtet waren, unter ihnen Ex-Päsident Barack Obama und die ehemalige Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton. Der mutmaßliche Versender der Sprengsätze, ein 56-jähriger Mann aus dem Bundesstaat Florida, war am Freitag festgenommen worden.
Seit dem Auftauchen der Bomben sieht sich Trump mit verschärften Vorwürfen konfrontiert, er trage mit seiner oft aggressiven und polemischen Rhetorik zur Aufheizung des politischen Klimas im Land bei. Nach der Attacke auf die Synagoge kündigte er an, er wolle einen anderen Ton anschlagen.
Quelle: n-tv.de
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