Wenn am Montag die Uno-Weltklimakonferenz beginnt, reist Bundesumweltministerin Svenja Schulze mit leeren Händen ins polnische Kattowice. Nicht nur, dass Deutschland seine selbstgesetzten Ziele bei der Einsparung von Treibhausgasen verfehlt. Auch kann die Ministerin nicht, wie ursprünglich geplant, das Ergebnis der Kommission präsentieren, die den Ausstieg aus der Kohle vorbereiten soll. Denn die hat sich wegen eines offenen Streits auf nächstes Jahr vertagt. So wird der Bundesregierung vermutlich nichts anderes übrig bleiben, als den Klimaschutz in ferner Zukunft zu versprechen.
Damit dieses für den einstigen Klimavorreiter peinliche Spiel nicht ewig weitergeht, haben sich nun der Chef der Wirtschaftsweisen, Christoph Schmidt, und der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Ottmar Edenhofer, zusammengeschlossen. Sie sprechen sich im SPIEGEL für die Einführung einer CO2-Steuer aus.
In einem gemeinsamen Papier fordern sie die Bundesregierung auf, eine Initiative für einen schrittweise steigenden CO2-Mindestpreis im europäischen Stromhandel zu starten und zugleich die Steuern auf fossile Energieträger wie Benzin, Diesel oder Heizöl anzuheben. Im Gegenzug soll die Stromsteuer "auf ein Minimum" gesenkt werden.
Mit dem Plan sollen die Ziele des Pariser Abkommens zum Kampf gegen die Erderwärmung "mit dem kosteneffektivsten Instrument zum Klimaschutz" erreicht werden, heißt es in ihrem dreiseitigen Papier mit dem Titel "Eckpunkte einer CO2-Preisreform", das dem SPIEGEL vorliegt.
Im Einzelnen sieht der Plan der beiden Professoren vor, den CO2-Preis im Jahr 2020 bei 20 Euro je Tonne festzuschreiben. Danach soll er stufenweise auf 35 Euro im Jahr 2030 steigen. Die Steuer auf Benzin soll im Jahr 2020 um 4,7 Cent je Liter und die Steuer auf Diesel um 5,3 Cent je Liter steigen. Zugleich würde durch die Senkung der Stromsteuer ein Drei-Personen-Haushalt um mehr als 90 Euro pro Jahr entlastet, zeigen Berechnungen des RWI-Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung, das Schmidt leitet.
"Wir setzen auf die Erfindungsgabe des Einzelnen statt auf planwirtschaftliche Vorgaben", sagt Schmidt im SPIEGEL. "Es muss künftig deutlich teurer werden, Treibhausgase auszustoßen." Gleichzeitig müssten die Bürger aber an anderer Stelle entlastet werden.
Edenhofer forderte die Bundesregierung auf, den geplanten Ausstieg aus der Braunkohle durch einen CO2-Mindestpreis zu ergänzen. "Sonst würde es sich rechnen, bislang nicht ausgelastete Steinkohlekraftwerke hochzufahren", sagte Edenhofer. Mittelfristig werde der Kohleausstieg nur mit einem Mindestpreis funktionieren.
Beide Professoren sehen gute Chancen, ein solches Konzept in einem Verbund europäischer Staaten durchzusetzen. "Es gibt derzeit viele Länder, die für einen CO2-Mindestpreis eintreten", sagte Edenhofer. Sein Kollege Schmidt verwies in diesem Zusammenhang auf eine entsprechende Initiative des französischen Präsidenten Emmanuel Macron: "Klimaschutz ist das richtige Thema für die deutsch-französische Zusammenarbeit."
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