Peugeot 508 SW - schicker Individualist

  06 Dezember 2018    Gelesen: 1014
Peugeot 508 SW - schicker Individualist

Auf dem Autosalon in Genf sorgte der Peugeot 508 als schicke Coupé-Limousine für Aufsehen. Etwas bescheidener ließ es der Kombi, der nicht weniger dynamisch daherkommt, in Paris angehen. Aber fährt sich der 508 SW auch so, wie er aussieht?

Im Oktober präsentierte Peugeot seinen knallhart auf Coupé gebürsteten Kombi des 508 auf dem Pariser Autosalon. Mit der niedrigsten Silhouette im Segment und einer ohne Zweifel gelungenen Außenhaut stand der schicke Franzose allerdings etwas abseits und wurde von der Studie "e-Legend Concept" gnadenlos überstrahlt. Auf einem Podest ins Rampenlicht gestellt, gebührte der Hommage an den legendären 504 alle Aufmerksamkeit. Dabei ist das ein wenig unfair. Der SW hat noch nie so schick ausgesehen und im Gegensatz zu einem Show Car ist er das, was die Verantwortlichen zur Fahrpräsentation immer wiederholen, ein "Blockbuster"! Allein 40 Prozent des Vorgängermodells wurden in Deutschland verkauft.


Die Form folgt der Funktion?

Aber der Franzose ist nicht nur schick, er ist auch eigenwillig. Ja, das ist Peugeot schon immer gewesen, aber beim neuen 508 und 508 SW haben sie es noch mal auf die Spitze getrieben. Wer das Auto besteigt, ist von der Vielfalt der Formen und deren Schlüssigkeit überwältigt, weiß aber gleich, dass die Bauhaus-Leitidee "Die Form folgt der Funktion" eine zutiefst französische Interpretation bekommen hat. Da ist eine mächtige Mittelkonsole mit einer nicht wirklich komfortabel zu erreichenden Ablagefläche, über der sich Menütasten reihen, auf denen man Schubert-Lieder spielen möchte, und ein weit in den Innenraum reichendes Dashboard ohne jede Funktion.

In das Gesamtbild passen sich dann auch das mit dem 308 vor fünf Jahren eingeführte kleine Lenkrad ein und der 10 Zoll große Touchscreen, der den Namen so eigentlich nicht verdient hat, weil sein kapazitives Verhalten doch recht zögerlich ist. Ich bitte das nicht falsch zu verstehen, das alles sieht großartig aus, ist anders, aber entbehrt dieser jedenfalls in Deutschland häufig gesuchten Funktionalität. Dafür ist der Innenraum ein Traum für Individualisten. Wer in dieser Klasse ein wirklich anderes Auto fahren will, der ist beim Peugeot 508 SW genau richtig.

Assistenten wie die Großen


Und am Ende des Tages wird er nichts vermissen, denn auch die Löwenmarke geht mit der Zeit und hat Feature wie Nachtsichtsystem, Adaptive Geschwindigkeitsregelung mit Stop-and-Go-Funktion oder Automatischen Spurhalteassistenten in die Optionsliste gepackt. Und die neuen Assistenten funktionieren bei der ersten Ausfahrt ganz famos. Über das Nachtsichtsystem lässt sich nichts sagen, was schade ist, denn es soll in der Dunkelheit 200 Meter vorausschauen können, aber die anderen beiden Assistenten konnten getestet werden.

Der Spurhalteassistent hat sogar eine Funktion, die sich Fahrern in Deutschland nicht auf den ersten Blick erschließen wird. Wer aber schon mal in Paris Auto gefahren ist, der weiß, warum der Fahrer die Spurausrichtung zum Rand- oder Mittelstreifen selber justieren kann: wegen der Motorradfahrer. Die bekommen nämlich in Frankreich zwischen linker und mittlerer Spur eine Gasse. Zudem hilft der aktive Bremsassistent in einem Bereich zwischen 5 und 140 km/h, was deutlich mehr ist als bei anderen Herstellern. Zudem gibt es einen Müdigkeitswarner, eine sehr genaue und schnelle Verkehrszeichenerkennung und einen Totwinkelwarner mit Lenkkorrektur, der bereits ab einer Geschwindigkeit von 12 km/h aktiv ist und das Auto vor einer Kollision wieder in die Spur zieht.

Zwei Treibsätze, die was können

Und das alles muss der 508 SW auch haben, stellt er sich mit seinen 4,79 Metern Länge doch in eine Reihe mit dem BMW 3er Touring, Mercedes C-Klasse T-Modell oder Audi A4 Avant. Das sind natürlich harte Gegner, die der Franzose in all den Jahren nicht übertrumpfen konnte. Umso wichtiger ist es, zu schauen, wie sich der Peugeot fährt. Im Angebot sind wie bei der Limousine sechs Motoren, die alle Euro 6d-Temp zertifiziert sind. Zum ersten Test wurden aus dem Antriebsprogramm der 1.6 l PureTech mit Achtgang-Automatik und der 2.0 l BlueHDi 160, der seine Kraft ebenfalls automatisch über acht Stufen verteilt, ausgesucht.

Der Diesel mit 163 PS und einem maximalen Drehmoment ist der meistverkaufte Motor im 508. Und tatsächlich überrascht der Selbstzünder im ersten Ausritt mit einer angenehmen Laufkultur und einem kraftvollen Antritt. Der ist natürlich auch den 400 Newtonmetern maximalem Drehmoment geschuldet, das bereits ab 2000 Kurbelwellenumdrehungen an die Vorderräder gereicht wird. Wer dem Diesel im Sportmodus die Sporen gibt, der wird nach 8,5 Sekunden die 100-km/h-Marke überfliegen und kann den knapp 1,7 Tonnen schweren Franzosen bis auf Tempo 226 beschleunigen. Das geht dann nicht mehr ganz so geräuschlos vonstatten, ist aber geschwindigkeitstechnisch durchaus mit der oben genannten deutschen Premium-Konkurrenz vergleichbar. Genau wie die neue Achtgang-Wandlerautomatik, die für eine sehr geschmeidige und unaufgeregte Kraftverteilung sorgt. Das gilt für den Diesel ebenso wie für den Benziner.

Letztgenannter bewegt sich mit 180 PS aber noch etwas zackiger von der Ampel als der Selbstzünder. Hier braucht es 0,5 Sekunden weniger, bis Landstraßentempo erreicht ist. Dabei fühlt sich der Benziner gar nicht so druckvoll wie der Diesel an. Klar, hier liegen ja auch nur 250 Newtonmeter bei 1650 Umdrehungen der Kurbelwelle an. Überraschend auch, dass der Benziner seine Arbeit tonal wesentlich deutlicher dokumentiert als der Selbstzünder. Allerdings wirkt die Geräuschkulisse - und das ist ein ganz subjektives Empfinden des Autors - wesentlich sportlicher. Beim Verbrauch trennt sich dann aber die Spreu vom Weizen. Während der Diesel sich über die Teststrecke mit 6,7 Litern begnügt, schießen durch die Schläuche des Benziners 8,6 Liter. Preislich trennen die beiden lediglich 500 Euro. Der Benziner steigt bei 35.850 Euro ein, den Diesel gibts ab 34.650 Euro.

Mal was Kleines in der Hand

Doch egal, mit welchen der beiden Motorisierungen man unterwegs ist, das kleine Lenkrad ist gewöhnungsbedürftig. Es gibt dem Piloten aber gerade bei sportlicher Fahrweise, noch eher als das in Fahrzeugen mit normalgroßem Volant der Fall ist, das berühmte Go-Kart-Feeling. Die Lenkung spricht nicht ganz so direkt an, aber das ist bei einem Radstand von 2,79 Metern auch nicht zu erwarten. In Summe haben die Franzosen den 508 SW aber sehr fein abgestimmt. Er ist nicht zu hart, nicht zu weich, schiebt in temporeich gefahrenen Kurven nur wenig über die Vorderachse und bügelt Unebenheiten recht ausgewogen weg. Nichts von unschöner Schaukelei, die die Kurvenhatz behindert. Erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang auch die wirklich guten Bremsen.

Allerdings kommt man, wenn man so durch die Fahrprogramme tastet, nicht umhin, sich noch einmal mit der Ergonomie auseinanderzusetzen. Der Schalter ist nämlich direkt vor dem stark geschwungenen Ganghebel platziert. Ein Umstand, der die Wechsel nicht gerade komfortabel macht. Auch die Auflage für die Mittelarmlehne könnte etwas weiter vorne sein und die Mittelkonsole etwas schmaler, denn wirklich luftig ist das Gefühl in der ersten Reihe nicht. Vielmehr bindet der 508 seine Insassen schon sehr in seine Gesamtkomposition ein. Der Autor hätte das gar nicht angesprochen, wenn Peugeot nicht mit Nachdruck darauf hingewiesen hätte, dass Lenkrad, Sitze, Blickführung auf das i-Cockpit - also das digitale Multifunktionsdisplay mit etlichen recht netten Animationen - nach "anthropososphischen Gesichtspunkten" erdacht wurde. Ziel war, dass jeder Mensch, egal ob lange Arme und kurze Beine - wie der Autor - oder umgekehrt, immer die richtige Sitzposition zu allen Schaltern und Instrumenten findet.

Tolle Sitze und viel Platz für Flaschen

Eins ist allerdings nicht von der Hand zu weisen: Die Ergonomie der Sitze ist ausgesprochen gelungen. Die Oberschenkelauflage ist lang, die Seitenwangen sind schön ausgeformt und Sitz- und Rückenpolster angenehm straff. Das passt sehr gut zum insgesamt dynamischen Auftritt des Franzosen. Selbst in der zweiten Reihe lässt es sich ganz passabel sitzen. Die Sitze bieten mit einer Neigung von 27 Grad vier Zentimeter mehr Kopffreiheit als in der Limousine. Ob der Neigungswinkel auch auf langen Strecken als angenehm empfunden wird, kann an dieser Stelle nicht gesagt werden.

Sicher ist aber, dass der Kofferraum mit 530 Litern Stauraum nicht der größte in der Klasse ist. Wer die Rücklehne der zweiten Reihe flach macht, kann auf 1780 Liter zugreifen. Wirkliche Stauraumprobleme sollte es im 508 SW also nicht geben. Im belüfteten Handschuhfach können beispielsweise zwei 1,5-Liter-Flaschen versenkt werden. In den Türablagen verschwindet jeweils eine 1-Liter-Flasche und die Ablage unterhalb der Mittelarmlehne reicht immer noch für zwei 0,5-Liter-Flaschen. Wer am Ende aus dem 508 SW steigt, hat das Gefühl, in einem sehr eigenen, sehr individuellen Auto unterwegs gewesen zu sein, das eben alles hat, aber immer ein bisschen anders als die anderen.

Quelle: n-tv.de


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